10. Tempel-Tanzfestival

Bühne & Klassik // Artikel vom 08.11.2010

Das Tanzfestival im Kulturzentrum Tempel zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Tanzplattformen im Südwesten.

Zum Jubiläum erweitert sich das Festival zusätzliich durch interessante Kooperationen mit dem ZKM und der Kinemathek.

Auftakt in der Scenario-Halle

„Flashback“, Gewinner des Kölner Tanzpreises 2006 und 2009, erzählt von Beziehungen, Verlust und Andersartigkeit. Literatur, Tanz, Videokunst und Beleuchtung gehen dabei eine wertvolle Symbiose ein. Es sei die bisher reifste Produktion von movingtheatre, so die Kritik, mit „verblüffend klaren Bildern“ und „zahlreichen emotionalen Zwischentönen“ (Mi, 10.11., 20.30 Uhr).

Ohne die „Lange Nacht der kurzen Stücke“, bei der sich die regionale Tanzszene vorstellt, wäre das Festival kaum denkbar. Außer dem festgesteckten zeitlichen Rahmen (10-15 Minuten) gibt es kaum Limitierungen. Modern Dance, klassisches Ballett, Crossover-Projekte, Flamenco, Stepptanz… hier ist für jeden etwas dabei, weshalb die Nachfrage nach Karten groß ist (Fr, 12.11. + Sa, 13.11., 20 Uhr). Ebenfalls ein Fixpunkt im Programm ist die Gala mit den Preisträgern des 14. Internationalen Solo-Tanztheater-Festivals Stuttgart unter der Leitung von Marcelo Santos (Mo, 15.11., 20.30 Uhr).

Kinder- und Jugendstücke

„Zauberei“ von Mouvoir bietet einerseits den „Oh, wie herzig“-Faktor, andererseits ein komplexes Thema (Klimawandel), das kindgerecht für Zuschauer ab fünf Jahren aufbereitet ist. Inhalt: Der Planet hustet und hat hohes Fieber, Hilfe muss her. Doch das Huhn, aus dessen Zauberei er einst geschlüpft war, gähnt nur müde. Es gilt, das Interesse zu wecken, damit das Federvieh endlich in die Pötte kommt und sich alles zum Besseren wendet.

Das für den Kölner Kinder- und Jugendtheaterpreis 2010 nominierte Stück von Stephanie Thiersch, das mit fantasievollen Kostümen, Animationen von Timothée Ingen-Housz und einem buchstäblich bunten Treiben auf der Bühne besticht, ist laut Presse „ebenso spielerisch wie ästhetisch anspruchsvoll“ (So, 14.11., 17 Uhr). Von Jugendlichen für Jugendliche gemacht ist „Merry-go-round“, das im Rahmen eines Stadtteilsanierungs­projekts an Mühlburger Schulen ausgearbeitet wurde und sich mit individueller Choreografie jeglichem Schubladendenken entziehen will (So, 28.11., 17 Uhr).

Kooperation mit ZKM und Kinemathek

Terminlich in der goldenen Mitte angesiedelt geht’s außer Haus. Erstmals ist das Tanzfestival im ZKM Medientheater zu Gast, das durch die räumlichen wie technischen Kapazitäten den optimalen Inszenierungsraum für vier der Stücke bietet. So gibt sich Johannes Wieland gleich zweimal die Ehre, dessen Produktion „Newyou“ definitiv das Highlight des Tanzfestivals 2009 war.

Nun ist der ehemalige Solist der Berliner Staatsoper und jetzige Tanzdirektor am Staatstheater Kassel mit „Roadkill“ (Fr, 19.11., 20.30 Uhr) und „Progressive Coma“ (Sa, 20.11., 20.30 Uhr), die erneut mit Mitteln unterschiedlichster Künste die menschliche Psyche ausloten. Die Verbindung der Ausdrucksformen sucht auch der Niederländer David Middendorp, dessen Collage aus Tanz, Computeranimation und Live-Musik ein modernes Märchen für Erwachsene ist.

Sein Stück „Maanschaduw“ erfordert nicht nur Einsicht, sondern auch Draufsicht – eine reizvolle Erweiterung der Dimensionen (Mi, 17.11., 20.30 Uhr).
Im generationsübergreifenden Tanzprojekt „ZeitspannenD“ von Nadja Raszewski haben Damen und Herren bis 81 (!) Jahre mit Jugendlichen und Profitänzern eine Choreografie rund ums Lebensgefühl älterer Menschen ausgearbeitet. Auf die erfolgreiche Premiere beim „Tanz! Heilbronn“-Festival 2010 folgt nun das Gastspiel im ZKM (So, 21.11., 19.30 Uhr).

Thematisch passend sind die Filme, die in der Kinemathek – die zweite neue Kooperation – gezeigt werden: „Tanzträume. Jugendliche tanzen Kontakthof von Pina Bausch“, das sich mit der letzten Inszenierung des Stücks durch die unvergessliche Tänzerin/Choreografin sowie das Hineinwachsen junger Menschen in die Ausdrucksform befasst (So, 14.11. + Di, 16.11., 19 Uhr; Mi, 17.11., 21.15 Uhr), und „Damen und Herren ab 65“, der über das Suchen und Finden eben jener für eine Neuinterpretation von „Kontakthof“ sowie die ungewöhnlichen wie nachhaltigen Proben berichtet (Do, 25.11. + Sa, 27.11., 19 Uhr; Di, 30.11., 21.15 Uhr).

Zwei der besten zum Finale

Der Abschluss bringt mit Concha Jaréno eine mehrfach ausgezeichnete Flamenco-Tänzerin in die Scenario-Halle. Ihre erste eigene Produktion, „Algo“, konnte schon auf dem Festival de Jerez 2009 mit einem Mix aus Anmut, Leidenschaft, technischer Finesse und moderner Umsetzung punkten. Tipp: vorab das ausdrucksstarke Promo-Video auf YouTube anschauen (Di, 23.11., 20.30 Uhr). Iris Tenge gehört zu den interessantesten Choreografinnen Baden-Württembergs, arbeitete u.a. mit John Neumeier und William Forsythe zusammen.

„My Road Movies“, mit bestechenden Originalkompositionen und Filmen von Ferdinand Försch verwoben, zeigt die enge Verwandtschaft von Reisen und Tanz auf. Immer in Bewegung sieht man die Welt mit neuen Augen, zieht aus Begegnungen Inspiration und Kraft. Es entstehen laut Teng „neue Facetten von Menschsein“ (Fr, 26.11., 20.30 Uhr). -er

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