¡Adelante! 2020
Bühne & Klassik // Artikel vom 01.02.2020
Vorwärts!
Nach der erfolgreichen Premiere 2017 richtet das Orchester und Theater Heidelberg die Neuauflage des ibero-amerikanischen Theaterfestivals aus und blickt auf eine künstlerische Szene, die in der westlichen Hemisphäre fast unbekannt ist. Angesichts der globalisierten Welt einerseits, den vielen gesellschaftlichen und politischen Missständen in Lateinamerika andererseits, ist dieser kulturelle Austausch zwingender denn je.
Elf Gastländer beteiligen sich mit Produktionen: Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Spanien, Uruguay, Bolivien, Ecuador und Venezuela; die letzteren drei Nationen sind zum ersten Mal dabei und ihre Theaterszene in Europa bislang kaum präsent. Neben der großen ästhetischen Vielfalt zieht sich ein politischer Antrieb durch die Stücke des Festivals.
Kunst dient für viele lateinamerikanische TheatermacherInnen als Empowerment-Strategie, als Kanal fürs Erheben der eigenen Stimme innerhalb fragwürdiger Systeme. So verdeutlicht „¡Adelante!“ in der Sonderreihe „Die Kunst des Widerstandes“ die Wichtigkeit von autobiografischem und autofiktivem Erzählen im iberoamerikanischen Theater. Deutlich wird das zum Beispiel im Stück „El Padre de todos nosotros“ („Unser aller Vater“) aus Venezuela, wenn eine Familie den Verkauf eines Videos ihres verstorbenen, kommunistischen Vaters an Coca-Cola kontrovers diskutiert (So+Mo, 2.+3.2., 18.30 Uhr, Zwinger 1).
Herzstück und Auftakt des Festivals ist die internationale Koproduktion „La flauta mágica“, die auf Motiven von Mozarts „Zauberflöte“ basiert, mit Horacio Salinas’ Neukomposition und dem Text des renommierten chilenischen Dramatikers Guillermo Calderón aber völlig eigenständig zu verstehen ist. Regie führt Antú Romero Nunes, beteiligt sind Schauspieler aus Chile, Mexiko, Uruguay, Italien und Heidelberg (Sa, 1.2., 18.30 Uhr; Di, 4.2., 20.30 Uhr, Marguerre-Saal).
Bemerkenswert ist auch „Casa Calabaza“ („Kürbishaus“), das die Mexikanerin Maria Moreno Márquez im Gefängnis geschrieben hat, wo sie immer noch ihre 28-jährige Haftstrafe wegen Mordes an ihrer Mutter verbüßt und ihr Leben von der Kindheit bis zur fatalen Tat künstlerisch reflektiert (Sa, 1.2., 20.30 Uhr; So, 2.2., 16.30 Uhr, Zwinger 3). In „Quaseilhas“ („Quasi-Inseln“) erforscht der brasilianische Künstler Diego Araúja sein eigenes afrikanisches Familienerbe.
Im kulturellen Schmelztiegel Brasilien sind Afro-Amerikaner eine absolute Minderheit. Araúja hält das Stück in der Sprache seiner Großeltern, der der Yorùbá-Völker (Mi-Sa, 5.-8.2., 18 Uhr, US-Hospital). In diesem Fall wird auf jegliche Übersetzung verzichtet, um dem Nicht-Verstehen der Sprache als explizitem künstlerischem Mittel ästhetischen Raum zu geben. Alle weiteren Gastspiele laufen mit deutschen Übertiteln. Nach den Vorführungen besteht die Möglichkeit zum Austausch mit den Künstlern. Ein Rahmenprogramm aus Diskurs, Musik und Party erweitert das Spektrum des Festivals und schafft weitere Begegnungsräume. -fd
1.-8.2., Theater und Orchester Heidelberg
www.adelante-festival.de
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