Die Regisseurin und ihre Physiker
Bühne & Klassik // Artikel vom 28.03.2011
Eigentlich, fand Mimi Schwaiberger, passe das Stück „Die Physiker“ überhaupt nicht zu ihr.
Und sie war nicht eben begeistert, als es im Sandkorn-Theater zur Aufführung ausgewählt wurde. „Als ich mich damit beschäftigte, stellte ich jedoch fest, dass es eben doch genau zu mir passt“, sagt die 32-Jährige, „es ist witzig, grotesk, direkt und sehr radikal – also alles, was ich gern hab.“ Witzig, grotesk, direkt und radikal, so hat die Regisseurin Dürrenmatts Geschichte um den genialen Physiker Möbius, der gemeinsam mit zwei – die Irren nur vorgebenden – Geheimagenten in einer streng von der Ärztin Mathilde von Zahnd geführten Irrenanstalt verweilt, auch umgesetzt.
Witzige Kostüme, eine Bühne, auf der die Schauspieler auf kleinstem Raum wie auf einem wahnsinnigen Parcours herumhüpfen, exzentrische Charaktere und eine ordentliche Prise rauen Humors machen diese Inszenierung aus. Mimi Schwaiberger setzte das Stück zudem in die moderne Zeit: „Ich habe eine eigene Fassung gemacht, da sich das Stück ja um die Angst vor atomaren Angriffen drehte. Da es die heute in dieser Form kaum mehr gibt, handelt es nun von der generellen Angst vor der Wissenschaft“, erzählt die Regisseurin.
Zu ihrem Beruf kam die in Stuttgart ausgebildete und dort sowie in Ludwigsburg noch immer auftretende Schauspielerin durch einen Zufall: „In der freien Theatergruppe, in der ich vor Jahren mitspielte, fehlte für eine Produktion der Regisseur und ich erklärte mich bereit, das zu versuchen“, erinnert sie sich, „und inzwischen macht es mir Riesenspaß, die Sache von der anderen Seite zu sehen und mich so immer neu zu fordern.“ Das tut sie, indem sie bei ihren Inszenierungen die vorhandenen Rollen gerne mal an untypische Schauspieler vergibt. Bei den Physikern wird die bucklige alte Jungfer Mathilde von Zahnd von der jungen, sehr hübschen Katharina Roczyn gespielt. Den (männlichen) Kriminalkommissar spielt Michelle Brubach.
„Sowas ist natürlich ein Risiko, jedoch ein sehr spannendes, und ich versuche trotzdem, immer im Sinne des Stückes zu handeln“, sagt Mimi Schwaiberger. Dass ihr Experiment gelungen ist, erkennt man unschwer an den begeisterten Reaktionen all jener, die das Stück bereits gesehen haben und die Lektion daraus mitnehmen, deren Vermittlung sich die Regisseurin zum Ziel gesetzt hat: „Das Stück richtet sich gegen Duckmäusertum und das egoistische Selbstverwirklichungsleben“, sagt sie, „und es soll zeigen, dass jeder radikale Entscheidungen zum Wohle aller treffen kann, nicht nur die Physiker.“ -mag
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