Diese Lust zum Durchdrehen – Kohlhaas im Sandkorn

Bühne & Klassik // Artikel vom 25.04.2012

Kleists Brocken „Kohlhaas“ als Solostück ohne Pause.

„Das kann ja heiter werden“, meint man den Zuschauern der ausverkauften Premiere anzusehen. Dass die nächsten 80 Minuten so schnell vergehen werden wie das Konzert einer Lieblingsband, weiß zu Beginn schließlich niemand.

Darsteller Christian Theil stimmt seine pechschwarze Gitarre auf einer Bühne, die ausstaffiert ist wie vor dem Auftritt eines Songwriters. Verstärker, Mikros, ein Sessel, ein Teppich, nicht viel mehr. Den Hitler hat er schon gespielt und auch Balu den Bären, Theils Vielseitigkeit ist bekannt. Welche Glaubwürdigkeit er den über 17 Rollen dieses Stückes verleiht, ist freilich dennoch überraschend.

Er gibt den Erzähler, der im Tonfall des netten Nachbarn berichtet und spielt dazu live die mal dräuende, mal säuselnde Gitarre. Dem ob der Willkür der Obrigkeit zerrissenen Pferdehändler impft er hochemotional Verzweiflung und eine sich steigernde Lust zum Durchdrehen ein, und selbst als der Wahnsinn seinen Lauf nimmt, geht man mit diesem Kohlhaas gerne durch die Hölle.

Der Clou von Regisseurin Mimi Schwaiberger, Balianis geraffte Version in einem intimen Konzert-Style mit nur einem Schauspieler aufzuziehen, geht somit voll auf. Packendes Erzähltheater, clever inszeniert mit einem durchweg überzeugendem Theil in allen Rollen. Nur Zugaben gibt es keine. Da kann man klatschen, soviel man will. -swi

Mi, 25.4., Do, 3.5., Di, 15.5., je 19 Uhr, Sandkorn-Theater, Karlsruhe

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