„Ein Herz und eine Seele“ im Sandkorn
Bühne & Klassik // Artikel vom 15.04.2010
Das INKA-Interview mit Regisseur Erik Rastetter.
Vor einigen Tagen premierte im Sandkorn-Theater das Stück „Ein Herz und eine Seele“, eine Bühnenfassung von zwei Folgen der gleichnamigen Kultserie aus den 70ern. Warum Ekel Alfred nun auch auf der Bühne sein kleinkariertes Unwesen treibt, hat Martha Giemza für INKA bei Regisseur Erik Rastetter erfragt.
INKA: Woher kam die Idee, „Ein Herz und eine Seele“ wieder aufleben zu lassen?
Erik Rastetter: Mit dieser Idee geht das Sandkorn-Theater schon seit einigen Jahren schwanger. Eine gewisse Ähnlichkeit des Gastschauspielers Friedemann A. Nawroth mit dem Ekel-Alfred-Darsteller Heinz Schubert der TV-Serie lässt sich ja nicht übersehen. Zunächst gab es die Überlegung, ein ähnliches, aber neu geschriebenes Stück mit ihm zu machen. Vergangenes Jahr stieß ich dann im Stückekatalog des Verlages Felix Bloch Erben auf die Originaldrehbücher von Wolfgang Menge. Das gab den Kick, „Ein Herz und eine Seele“ nun endlich in Angriff zu nehmen.
INKA: Die Familie Tetzlaff wird in der Bühnenversion in die aktuelle Zeit geholt – was für Unterschiede gibt es zur ursprünglichen TV-Fassung?
Rastetter: „Ein Herz und eine Seele“ beschäftigte bei der Erstausstrahlung die Fernsehnation. Unter anderem lag das daran, dass Alfred an den damals amtierenden Politikern kaum ein gutes Haar ließ. Da Willy Brandt und Helmut Schmidt schon lange nicht mehr Kanzler sind, liegt gerade hier eine wesentliche Herausforderung – und das Vergnügen! –, Entsprechungen zur Gegenwart einzuflechten. Unser Bühnen-Alfred wurde also an den passenden Stellen umgemerkelt und verwesterwellet. Auch andere aktuelle Themen fließen ein, obwohl sich die Originaltexte von Menge über weite Strecken immer noch als erstaunlich zeitgemäß herausstellen. Zum Beispiel beim Thema Abbau der Krankenkassenleistungen. Darüber wetterte Alfred schon 1973!
INKA: Wieso haben Sie sich gerade die zwei Folgen „Eine schwere Erkrankung“ und „Der Sittenstrolch“ zur Inszenierung ausgesucht?
Rastetter: Dass die Wahl auf diese beiden Folgen fiel, hat zunächst formale Gründe. Ich musste darauf achten, dass die Besetzung nicht zu groß ist und der Rahmen der Sandkorn-Studiobühne nicht gesprengt wird. Immerhin haben wir nun ein – für ein Kleintheater recht großes – Ensemble mit sechs Mitwirkenden beisammen. Außerdem behandeln sie Themen, die uns heute noch beschäftigen. Wie schon erwähnt, geht es beispielsweise um das Gesundheitssystem. Oder im „Sittenstrolch“ um Fragen, die Sex und Moral berühren.
INKA: Wieso hat die Serie Ihrer Meinung nach bis heute einen so großen Kultstatus?
Rastetter: Das hat sicherlich viel mit den Dialogen von Wolfgang Menge und der hervorragenden Umsetzung durch die damaligen Schauspieler zu tun. In den Texten finden sich viele Passagen, die ich hinsichtlich des komödiantischen Aspektes schlicht für brillant halte. Manches musste etwas von mir bearbeitet werden, aber im Großen und Ganzen ist es auch heute eine Wonne, den ungefilterten Ausbrüchen von Alfred Tetzlaff zuzuhören.
INKA: Wird der Bühnen-Ekel-Alfred genauso kleinkariert und politisch inkorrekt wie der ursprüngliche Alfred?
Rastetter: Aber ja! Sonst wäre er doch nicht Ekel Alfred! Er ist eben so herrlich verquer und gar nicht liberal. Daran ergötzen sich auch
oder gerade heute die Zuschauer. Und mal ehrlich, wer träumt nicht insgeheim ab und zu davon, die unmöglichsten Dinge laut in die Welt hinauszuposaunen?!
www.sandkorn-theater.de
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