Osterfestspiele Baden-Baden 2023

Bühne & Klassik // Artikel vom 01.04.2023

Kirill Petrenko (Foto: Monika Rittershaus)

Zehn Jahre gibt es die „Osterfestspiele“ in Baden-Baden nun.

Die Jubiläumsedition gestalten die Berliner Philharmoniker und ihr Dirigent Kirill Petrenko. Sie feiert das Fin de Siècle mit all seinen Exzessen, seiner Monumentalität und seinem Glamour, schaut vorbei im Wien um 1900 bei Mahler, Strauss und Schönberg, und blickt zugleich zurück bis ins Barock mit seinen Allegorien. Aber von vorn: „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss ist Festivalauftakt und zugleich die Baden-Badener Oster-Neuinszenierung im Jahr 2023. Die amerikanische Regisseurin Lydia Steier nimmt sich der „Zauberflöte des 20. Jh.“ an, wie Petrenko die Oper nennt. Zwei Paare finden sich in einer Märchenwelt voller Chiffren und Symbole wieder, müssen mehrere Prüfungen durchlaufen und schimmern dabei im Klang der Musik von Strauss. Der wiederum hat bereits 1884 ein Konzert der Berliner Philharmoniker gehört, womit eine lange gemeinsame Geschichte ihren Anfang fand. Regisseurin Lydia Steier verbindet philosophischen Tiefgang mit flottem Broadway-Timing. Das Bühnenbild von Paul Zoller und die Kostüme von Katharina Schlipf lassen die sphärische Fabelwelt zu einem sinnlichen Fest werden (1./5./9.4., 18 Uhr).

In den großen „Osterkonzerten“ der Berliner Philharmoniker treffen wir einen Zeitgenossen von Strauss um 1900 in Wien: Gustav Mahler. So unterschiedlich die Musik der beiden auch war, so sehr schätzten sie sich dennoch. Daniel Harding dirigiert Mahlers 5. Sinfonie und stellt ihnen Arnold Schönbergs Orchesterstücke op. 16 zur Seite, die ebenfalls zur selben Zeit in Wien entstanden und nochmals ganz andere, zukunftsprophezeihende Töne anschlagen (So+Mo, 2.+3.4.). Das Oratorium „Il trionfo del Tempo e del Disiganno“ von Georg Friedrich Händel entstand 1737, während die Oper als Kunstform in Rom verboten war. Die französische Barock-Spezialistin Emmanuelle Haïm setzt hiermit ihre Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern fort (Sa, 8.4., 18 Uhr).

Neben den Sinfoniekonzerten sind auch die Kammerkonzerte fester Bestandteil der „Osterfestspiele“. Sie finden an verschiedenen Orten in Baden-Baden statt und werden von festen und extra für das Festival formierten Ensembles gestaltet. Ihr Programm bezieht sich ästhetisch auf die Strauss-Oper aus dem Festivalkern und präsentiert daher Musik aus Wien – einer der Musikhauptstädte Europas – und anderen europäischen Metropolen zwischen 1900 und 1930. Neben Strauss finden sich u.a. Paul Hindemith, Béla Bartók, Hanns Eisler, Bedrich Smetana, Erich Korngold und Anton Bruckner in den nicht weniger als 13 Konzerten. Aber auch Ausflüge in die Nachkriegsavantgarde zu György Ligeti oder nach Südamerika zu Astor Piazzolla werden unternommen. Fast jeden Festivaltag gibt es irgendwo zwischen Kurhaus, Stiftskirche, Dorint Maison Messmer und Casino ein Kammerkonzert zu genießen.

Und damit nicht genug: Ein besonderes Highlight ist der Nachmittag mit Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller, die über ihr Buch „Der Beamte sagte“ spricht. Dabei streift sie auch das Thema der Chiffren aus der „Frau ohne Schatten“ und denkt über die Ästhetik künstlerischer Geheimsprachen nach (2.4., 15 Uhr, Kurhaus). Verschiedene Workshops, Vorträge und Gespräche in der Festivallounge bieten die Gelegenheit, den KünstlerInnen und der Musik des Festivals näherzukommen. Eine Foto-Ausstellung reflektiert die ersten zehn Jahre „Osterfestspiele“ in Baden-Baden. Und mit dem von Petrenko dirigierten Bundesjugendorchester sind auch die musikalischen Stars von morgen für eine erste Visite in Baden-Baden – am letzten Festivaltag spielen sie um 11 Uhr Musik von Schumann, Mozart und Strauss. Zu Ende gehen die Festspiele dann um 16 Uhr mit Strauss’ selbstironischer Tondichtung „Ein Heldenleben“ und mit seinen „Vier letzten Liedern“, interpretiert von der Sopranistin Diana Damrau. -fd

bis 10.4., Festspielhaus & andere Orte in Baden-Baden
www.osterfestspiele.de

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