Primus inter pares

Bühne & Klassik // Artikel vom 22.10.2008

Das INKA-Interview mit Justin Brown, neuer Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater.

Frenetischer Beifall und herausragende Kritiken waren die Reaktionen auf das Debüt von Justin Brown als Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater. Brown, Jahrgang 1962, vertritt die junge Generation der britischen Musikszene und hat weltweit Erfahrungen mit international gefeierten Orchestern gesammelt.

Bis 2011 wird er die Badische Staatskapelle leiten. Und: Er versteht sich als „primus inter pares“ im Orchester, nicht als „fuchtelnder policeman“, wie er selbst das einmal ausdrückte. Harald Schwiers hat mit ihm nach dem äußerst gelungenen Einstand gesprochen.

INKA: Was ist nach der Eröffnung der Saison mit Verdi Ihr nächster Schwerpunkt?
Brown: Wagners „Ring des Nibelungen” – und: Das Ensemble und alle anderen Kollegen näher kennen lernen.

INKA: Wie wichtig ist Richard Wagner für Sie?
Brown: Natürlich ist Wagner sehr wichtig für mich und nicht weniger endlos faszinierend. Wie lange auch immer man seine Werke studiert und aufgeführt hat – es gibt immer noch Neues zu entdecken und tiefer zu verstehen.

INKA: Welche anderen Komponisten liegen Ihnen besonders am Herzen?
Brown: Vor allem Beethoven, der Humanist mit dem größten Gefühlsausdruck. Und Janacek, dessen tiefes Verständnis und Einfühlungsvermögen in die menschlichen Befindlichkeiten sehr, sehr inspirierend sind. Aber es gibt noch so viele andere – zu viele, um sie alle aufzuführen.

INKA: Wo liegen Ihre Schwerpunkte in der Oper?
Brown: Mir ist es wichtig, Klarheit und Sinn in die Musik zu bringen, so dass auch jemand, der die Sprache nicht versteht, den emotionalen und dramatischen Gehalt erspürt.

INKA: Wie wichtig ist die Pflege zeitgenössischer Musik?
Brown: Sehr wichtig, denn wenn wir die aktuelle Musik vernachlässigen, was wollen wir dann in der Zukunft spielen? Mir macht es immer großen Spaß, neue Musik zu erarbeiten und einen Weg zu finden, die Vorstellungen des Komponisten lebendig werden zu lassen.

INKA: Es gibt nur wenig Musik aus Ihrem Heimatland im Konzertplan – wird es künftig etwas mehr werden?
Brown: Warum nicht? Es gibt wirklich tolle englische lebende und verstorbene Komponisten.

INKA: In Ihrer Heimat hat man ein lockeres Verhältnis zu klassischer Musik, siehe etwa die BBC-Proms – warum gehen die Deutschen mit ernsten Mienen in Konzerte?
Brown: Die Proms sind die Ausnahme! Auch wir Engländer können ziemlich seriös sein. Wichtig ist, dass es Raum für verschiedene Arten gibt, sich Musik anzunähern. Bei Verdis Requiem oder einer Bruckner-Sinfonie etwa scheint mir eine fast religiöse Atmosphäre angemessen, aber es gibt auch Werke, bei denen Entspannung angesagt ist.

INKA: Proben sie mit der „ältesten Band Badens“, der Staatskapelle, in Englisch oder Deutsch?
Brown: In Deutsch, natürlich. Schlechtes Deutsch, noch – aber immerhin.

INKA: Wie sehen Sie Ihre Rolle als Generalmusikdirektor?
Brown: Meine Hauptaufgabe ist, Sorge für alle Aspekte der musikalischen Arbeit am Haus zu tragen. Das beinhaltet Sängerensemble, Staatskapelle, den Chor und alle Kollegen, die mit Musik zu tun haben, einschließlich der Kapellmeister und Korrepetitoren. In meiner Verantwortung liegt natürlich auch der gute musikalische Ruf des Hauses. Und es ist auch meine Aufgabe, die Bedingungen so zu gestalten, dass jeder sein Bestes geben kann.

INKA: Sie sind auch ein renommierter Pianist – wird man Sie in Karlsruhe auch in dieser Funktion erleben können?
Brown: Sicher. Zum ersten Mal nächsten Juli mit Beethovens Tripelkonzert.

INKA: Ihre ersten Eindrücke von Karlsruhe als neuem Lebensmittelpunkt?
Brown: Meine Kollegen gaben mir gleich das Gefühl, herzlich willkommen zu sein. Meine Frau und ich freuen uns darauf, noch mehr Menschen zu treffen und die Stadt besser kennenzulernen.

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