Stefanie Heiner, Leiterin Junges Staatstheater

Bühne & Klassik // Artikel vom 22.03.2021

Ein Haufen Bauklötze und zwei (Schau-)Spieler.

Mehr braucht es nicht, um die kindliche Fantasie anzuregen und Tore in neue Welten zu öffnen, wenn es nach Stefanie Heiner geht. Ihr Theaterstück „Abräumen“ für Kinder ab zwei Jahren arbeitet mit genau diesen minimalen Mitteln und wurde 2016 für den „Thüringer Theaterpreis“ nominiert, zu dem es Produktionen für Kinder eigentlich gar nicht schaffen. Doch zeigt sich gerade dadurch, wie gut gemachte Stücke für ein junges Publikum bereits die Essenz von Theater in sich tragen: Bedacht ausgewählte Zutaten können die Realität erweitern, lassen neue Welten in den Köpfen entstehen. Nach Jahren als Leiterin der Theaterpädagogik am Stellwerk Weimar übernahm die gebürtige Nordhessin Stefanie Heiner zur Spielzeit 2018/19 die Leitung der noch jungen Volkstheater-Sparte am Staatstheater Karlsruhe. Ganz unbekannt war sie dem hiesigen Publikum nicht. Schon ein Jahr zuvor inszenierte sie den „Kleinen Prinzen“ am Jungen Staatstheater.

Und eben jene Sparte übernahm Heiner nun im Herbst 2020 interimsweise auch noch. „Ich freue mich sehr, meine Erfahrungen im Kinder- und Jugendtheater jetzt auch als Interims-Leiterin des Jungen Staatstheaters in Karlsruhe einbringen zu können! Die Entscheidung hierzu ist gemeinschaftlich getroffen worden und ich bin gespannt auf die Zusammenarbeit mit meinem neuen Team. Kinder- und Jugendtheater sind ein essenzieller Bestandteil der kulturellen Bildung für junge Menschen“, sagt Heiner, die um die aktuellen Probleme der Kinder und Jugendlichen weiß. Seit März 2020 verpassten diese nicht nur unzählige Stunden Unterricht, sondern sind auch von außerschulischer kultureller Bildung nun schon monatelang weitgehend abgeschnitten. Dem versuchen Heiner und ihr Team so gut es geht entgegenzuwirken: „Vor allem auch jetzt in Corona-Zeiten ist es uns wichtig, trotz ausgesetztem Vorstellungsbetrieb Angebote zu schaffen wie etwa Sprechanlagentheater in Schulen oder Audioreihen, wie unsere aktuellen ‚Gute-Nacht-Geschichten‘“. Zu den Audioangeboten gehören auch Sound-Spaziergänge. Von akustischen Inszenierungen begleitet, lässt es sich z.B. mit Anne Frank oder Robinson Crusoe durch Karlsruher Stadtteile flanieren. Benötigt werden dafür lediglich Smartphone, Kopfhörer und die Audiodateien, die auf der Staatstheater-Website zum Download bereitstehen.

„Ich möchte Theater für alle anbieten“, sagt Stefanie Heiner, „alle sollen daran teilhaben können, auch die Kleinsten ab zwei Jahren“. Für die entwickelte Heiner gleich zu Beginn ihrer Zeit am Staatstheater das Stück „Fliegen lernen“. Gerade als kleines Kind ist es doch magisch und faszinierend, warum ein Ballon nach oben steigt, ein Vogel fliegen kann, während man selbst immer am Boden haften bleibt und auch das Spielzeugauto aus der Hand immer nur nach unten rutscht. Intuitiv und neugierig gingen Stefanie Heiner und ihr künstlerisches Team auf das junge Publikum zu: „Mit unseren Produktionen will ich dazu inspirieren, neue Perspektiven zu entdecken und über Geschichten in andere Welten einzutauchen.“ Nach dem Studium der Erziehungswissenschaften und Philosophie an der Uni Erfurt ließ sich Stefanie Heiner zur Theaterpädagogin an der Theaterwerkstatt Heidelberg ausbilden. In den Weimarer Jahren folgte eine Fortbildung mit dem Schwerpunkt Tanztheater. So bilden partizipatorische Projekte, die mit zeitgenössischen und performativen Ansätzen arbeiten, das Profil der Doppel-Spartenleiterin.

Für die aktuelle Spielzeit entwickelte sie mit Matthias Spaniel die Inszenierung „Europa S“, in der Menschen aus Karlsruhe und der Region auf der Bühne mit überlegen, wie Europa aus der Krise kommen und sich auf seine ursprüngliche Idee besinnen kann. Für die Zeit nach dem Lockdown steht in dieser Saison neben der Wiederaufnahme der im Oktober gestarteten Fassbinder-Inszenierung „Katzelmacher“ u.a. das generationenübergreifende Tanztheater-Projekt „Beziehungsweise“ an, mit dem sich 15 Karlsruher BürgerInnen dem Thema Familie annähern. Im Mini-Universum Familie, so der Ansatz, bilden sich auch stets gesamtgesellschaftliche Konflikte ab – womit wir wieder bei den Bauklötzen wären. -fd

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