Tanz Karlsruhe 2023
Bühne & Klassik // Artikel vom 08.11.2023
Das diesjährige Festival „Tanz Karlsruhe“ fällt zusammen mit einem runden Geburtstag.
Die Compagnie der gebürtigen Karlsruherin und Tanzikone Sasha Waltz feiert 30. Bühnenjubiläum. Mit ihrem Stück wird das vielfältige Programm eröffnet, das Martin Holder, Daria Schirmer, Natalie Reimann und Hans Traut vom Tempel auf die Beine gestellt haben. Ein weiterer international bedeutender Choreograf ist dieses Jahr dabei: William Forsythe präsentiert seine Welturaufführung, die mit Tänzerfreunden kreiert wurde. Neben diesen Größen werden dieses Jahr lokale und junge Tanzschaffende in den Fokus gerückt. Zum Abschluss gibt es ein besonderes Duo: „M(other)“ tanzt Raimonda Gudavičiūtė gemeinsam mit ihrem elfjährigen Sohn. Für alle, die ihren Körper nicht nur durch die Aktivität ihrer Spiegelneuronen beim Zuschauen in Bewegung versetzen wollen, gibt’s einige Workshops und die Kinemathek begibt sich ebenso ins Tanzfieber. -sb
Sasha Waltz & Guests
„Kreatur“ führt in eine Welt der Geschöpfe, die sich einen Lebensraum teilen, mal Geborgenheit im anderen suchend, dann Freiheit und Abgrenzung. Durch gemeinsame Erfahrungen von Ekstase und Krise verschmelzen die Wesen, vereinzeln sich wieder, erleben und leben Ohnmacht, Lust, Krankheit, Isolation, Dominanz. Waltz hat es sich zu eigen gemacht, disziplinübergreifend mit verschiedensten Menschen zusammenzuarbeiten, um dem Wesentlichen des Menschseins auf den Grund zu gehen. In „Kreatur“ wird das Zusammenspiel einzelner künstlerischer Stimmen – die skulpturalen Kostüme von Iris van Herpen, das Lichtkonzept von Urs Schönebaum und die Klangkomposition des Soundwalk Collectives – besonders deutlich.
Mi+Do, 8+9.11., 20 Uhr, Tollhaus, Karlsruhe
Lange Nacht der kurzen Stücke
An zwei Tagen hintereinander zeigt die regionale Tanzszene alles, was sie zu bieten hat! 13 Stücke werden in Gruppe oder solo auf die Bühne gebracht, fast im Zehn-Minuten-Takt. Allein die Titel sind verheißungsvoll: „Eintritt – Nur für Verrückte“ oder „Wachstumsschub“ oder „Nun ja, wissen Sie, wir halten das gesamte Universum…“. Ein buntes Potpourri aus Tanz, Schauspiel und Musik voller Experimente!
Fr+Sa, 10.+11.11., 19 Uhr, Tempel, Karlsruhe
Ben Rentz
Das neue Stück des jungen prämierten Choreografen Ben Rentz nimmt sich der Beziehung zur Natur an. Aus Sicht der Generation, für die die Unversehrtheit von Wald, Wasser und Luft fast unbekannt ist. Die Krise macht keine Pause. „Transitions – Circuit I“ hat sich in der realen Umgebung entwickelt und mit neun TänzerInnen im Studio zur Form gefunden. Stille, Sehnsucht, Schmerz und Scheitern – all dem begegnen die Zuschauer nicht in einer frontalen Bühnensituation, sondern im offenen Raum.
Mi+Do, 15.+16.11., 20 Uhr, Fleischmarkthalle, Karlsruhe
Friends Of Forsythe
Hip-Hop ist Volkstanz ist Ballett. Oder fast. Für dieses Festival und das ZKM lud William Forsythe befreundete Tänzer ein, gemeinsam die Wurzeln von Tanz zu ergründen. Was sind die Ursprünge, wie unterscheidet sich die Kommunikation, der Ausdruck auf der Bühne? In lebendigem Dialog werden die einzelnen Geschichten der Stile weitergesponnen und verflochten, in eine einzigartige Feier von Schönheit und der transformativen-verbindenden Kraft von Tanz. Choreografiert haben mit Forsythe Rauf „Rubberlegz“ Yasit, Lex Ishimoto, Riley Watts, Brigel Gjoka, Aidan Carberry und Jordan Johnson (Ja Collective).
Fr+Sa, 17.+18.11., 20 Uhr, ZKM-Lichthof, Karlsruhe
Das Mädchen & der Nussknacker
Das Badische Staatsballett feiert mit der Neufassung des Klassikers „Das Mädchen & der Nussknacker“ Premiere. Ballettdirektorin Bridget Breiner bringt Tschaikowskis Weihnachtszauber auf den Boden der Realität: Das Fest der Liebe ist ziemlich anstrengend. Vor allem, wenn dabei Haus und Hof versteigert werden, weil Herr Papa sich verzockt hat. Der Nussknacker ist für die junge Clara Marie die einzige Erinnerung an ein fernes Glück, bis er zum Leben erwacht.
Sa, 18.11., 19 Uhr, Staatstheater, Karlsruhe
PreisträgerInnen des Solo-Tanz-Theater Festivals
Reduziert auf das Wesentlichste, die Essenz von Körper und Kunst: das Solo. Die sechs PreisträgerInnen aus Italien, Litauen, Taiwan, Kanada und Frankreich des 27. „Internationalen Solo-Tanz-Theater Festivals Stuttgart“ zeigen, was die Szene von morgen aus dieser Herausforderung gemacht hat.
Mo, 20.11., 20 Uhr, Tempel, Karlsruhe
Double Bill
Starke Stücke aus Ba-Wü: Im Gaming ist ein Non Player Character eine Figur, auf die man keinen Einfluss hat. Was passiert, wenn reale Menschen in diese Rollen schlüpfen, mit dem bloßen Willen zu entertainen? Die Karlsruher Kompanie Kiesecker Hoess feiert mit „NPC“ Premiere und hat sich für diesen Doppelabend die „Lil’luke Dance Company“ dazugeholt. Mit ihrem Stück „Judgement Day“ geht es weiter ins Virtuelle, inhaltlich zumindest. Wie viele Filter kann ich zwischen mich und die Welt legen? Gibt es da noch reale Schönheit? Oder kann ich die sowieso nicht zeigen, weil es nicht Außen ist?
Mi, 22.11., 20 Uhr, Tempel, Karlsruhe
The 100 Hands
Die niederländische Kompanie The 100 Hands kreiert zeitgenössischen Tanz für Kinder, bei denen die Erwachsenen genauso gebannt sind. Im Stück „Out Of The Box 2.0“ werden Grenzen gesetzt und befragt: Was macht sie, diese Kiste, aus der alle hinauswollen, ist sie nicht auch gemütlich? Gefängnis oder Komfortzone? Viel Akrobatik rund um eine lebensgroße Box zwischen freikämpfen und dazugehören wollen. In 360-Grad-Bühnenperspekive verschwimmen die Grenzen, wer denn jetzt auf der „Bühne“ ist. Darf ich vielleicht auch reinschauen in diese komische Kiste? Ab sechs Jahren.
Sa, 25.11., 11+14 Uhr, P8, Karlsruhe
M(other): Raimonda Gudavičiūtė & Elias Haun
Das Alltägliche bewältigen, aus dem Inneren schöpfen, dranbleiben. Kunst braucht Raum und Energie, diesen zu füllen, mit Zeit. Die Herausforderung des Berufslebens einer Künstlerin mit Kind besteht darin, dass meist alles davon knapp ist. In „M(other)“ beleuchtet die Tänzerin Raimonda Gudavičiūtė diese persönlich-politische Thematik auf besondere Weise: Sie tanzt gemeinsam mit ihrem elfjährigen Sohn Elias. Die komplexe Mutter-Kind-Beziehung in ihren verschiedenen Rollen, voll Nähe und der Suche nach Autonomie, zeigt sich auf zarte und berührende Weise.
So, 26.11., 18 Uhr, Tempel, Karlsruhe
Workshops
Zwei Tage vor Festivalstart führt Nicola Mascia, Tänzer von Sasha Waltz & Guests, in die Arbeitsweise der Choreografin ein, samt Entwicklung und Vokabular von „Kreatur“ (Mo, 6.11., 19-22 Uhr, Staatstheater). Für Kinder von acht bis zehn öffnet Pia Tigges den Raum, alle Bewegungen, die man sich noch nicht mal ausmalen kann, zu entdecken (Di, 14.11., 16-18 Uhr, Tanzareal). Rauf „Rubberlegz“ Yasit, Ensemblemitglied von Friends Of Forsythe, stellt seine Bewegungssprache vor und ermutigt, sich alleine und zu zweit selbstbewusst auszudrücken, ob auf Boden, auf Füßen oder Händen. Kniepolster und Langarmshirts empfohlen (Sa, 18.11., 11-18 Uhr, ZKM). Ebenso intensiv agiert die ehemalige Prima Ballerina des Staatstheaters, Bruna Andrade (So, 19.11., 11-14 Uhr, Tanzareal). Die Musikalität des Körpers erforscht Karolin Stächele spielerisch, mit angeleiteten Impros zu Koordination und Komposition (Sa, 2.12., 11-14 Uhr, Tanzareal). Alles ist Open Level.
Kino
An vier Abenden zeigt die Kinemathek Tanz auf der Leinwand: In „Dancing Pina“ von Florian Heinzen-Ziob werden in Dresden und Senegal frühe Arbeiten der Choreografin Pina Bausch einstudiert. Kamera und Montage schaffen eine rhythmisch-grafische Begleitung, die nah dran ist an der Bewegung selbst (Di+Fr, 14.+24.11., 19 Uhr). In der Doku „Das Glück zu leben – The Euphoria Of Being“ von Réka Szabó wird die Geschichte der Auschwitz-Überlebenden Éva Fahidi erzählt, von der mittlerweile 90-jährigen Tänzerin selbst. Im Dialog mit Emese Cuhorka schafft sie eine Performance zwischen Erinnerung, Schmerz und der „Euphorie da zu sein“ (Di, 21.11., 19 Uhr; Sa, 25.11., 17.30 Uhr).
8.-26.11., Tempel/Staatstheater/ZKM/Tollhaus/Fleischmarkthalle/P8/Kinemathek, Karlsruhe
www.kulturzentrum-tempel.de
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