„Von Prüfungen“ - die neue Staatstheater-Spielzeit
Bühne & Klassik // Artikel vom 27.08.2012
Groß ist der Unterschied ja nicht.
Letzte Saison liefen die im Badischen Staatstheater inszenierten Werke unter dem Motto „Von Helden“; diese Spielzeit handelt „Von Prüfungen“. Zwar macht die Prüfung den Mensch erst zum Helden, doch bleibt trotzdem zu hoffen, dass die Prüfungen, denen sich die Kultur im Allgemeinen und das Staatstheater im Speziellen gegenübersieht, zu bestehen sind. Geprüft und für gut befunden haben Generalintendant Peter Spuhler und sein Team auf jeden Fall das Programm, das in allen Sparten Neues bietet.
Das Schauspiel hat Klassiker ebenso wie Zeitgenossen vorbereitet, Tschechows „Möwe“, Shakespeares „Wie es euch gefällt“ und Goethes „Leiden des jungen Werther“ stehen neben den „Männerphantasien“ nach Theweleit oder Peter Handkes „Versuch über die Müdigkeit“, der ergänzt wird durch die „Müdigkeitsgesellschaft“ des Karlsruher Philosophen Byung-Chul Han. Weitere Ur- oder deutsche Erstaufführungen widmen sich „Agnes“ von Peter Stamm, „My secret garden“ von Falk Richter oder den „Veteranen des Rasens“ im Wildpark.
Und auch Alice fantasiert sich durchs Wunderland – allerdings nicht, wie zu erwarten wäre, im Jungen Staatstheater, sondern in einem Musical mit Musik von Tom Waits, das die Besessenheit Lewis Carrolls für Alice Liddell nacherzählt. Doch natürlich gibt’s auch für Kinder und Jugendliche genügend anzuschauen: „Frierschlotterschwitz“ beispielsweise, ein Tanzstück ab drei, „Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums“, die Grimm’schen „Zertanzten Schuhe“ oder die erste Jugendoper, „Border“ von Ludger Vollmer. Zurück zur Erwachsenenoper: Hier wird die deutsche Erstaufführung der „Passagierin“ ein Höhepunkte sein, ein Werk von Mieczyslaw Weinberg über eine KZ-Aufseherin, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Außerdem: Wagners Tannhäuser, „Die Vestalin“ sowie etliche Wiederaufnahmen von Carmen bis zum Figaro.
Das Ballett gibt sich romantisch mit einer Neueinstudierung von „Giselle“ in der legendären Choreografie von Sir Peter Wright, in musikalischem Sinne klassisch mit Spoerlis „In den Winden im Nichts“ zu Bachs Cellosuiten, und altvertraut mit den Wiederaufnahmen von Momo, dem Nussknacker oder Schwanensee. Im Jahr des großen Orchesterjubiläums zeigt GMD Justin Brown mit der Badischen Staatskapelle auch zeitgenössisch Flagge: Schönbergs sinfonische Herausforderung, die Gurrelieder mit über 300 Mitwirkenden, bilden eines der Highlights der Saison, als deutsche Erstaufführung erklingen die „48 Antworten auf Polymorphia“ des Radiohead-Leadgitarristen Jonny Greenwood, eine Verbeugung vor dessen Komponisten-Freund Krzysztof Penderecki.
Neben Brown und dem 1. Kapellmeister Johannes Willig wird es vier Gastdirigenten geben, darunter Arrivierte wie Christof Prick oder Bruno Weil, aber auch junge Nachwuchsstars wie Francesco Angelico. Das Feld der Solisten wird von der lebenden Legende Gideon Kremer und Pianist Boris Berezovsky angeführt, und es wird eine neue Reihe der Jugend-Kammerkonzerte geben. Für die schon fast ausgebuchten Sinfoniekonzerte wurden 100 neue Abonnements aufgelegt.
Das neue Spielzeitheft ist als ansprechend gestaltete Printversion erschienen und steht auch online zum Download bereit. -bes/rw
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