INKA Stadtmagazin #160

Inka Ausgaben // Artikel vom 02.03.2022

INKA Stadtmagazin #160

Das Topthema lokalpolitisch war der „Abbau der eingezäunten Hundeauslauf-Testfläche in der Ludwig-Marum-Straße“.

Die OB-Kandidatin der Piraten organisierte sogar eine Mahnwache, zu der 50 HundehalterInnen mobil machten, was prompt in eine Bedarfssituation umgedeutet wurde Schon der ausgewählte Teststreifen war, weil mitten im Wohngebiet, hanebüchen: Jetzt ist die ganze Testfläche runtergetrampelt, kein Gras mehr zu sehen. Blanke Erde. Die Hundehalter erden sich da jetzt immer noch. Auch ohne Zaun. Vielleicht sollten sie einfach Zaunpatenschaften übernehmen, pro laufendem Meter. Denn der Zaun ist eine freiwillige Leistung und diese müssen abgebaut werden: Florian Kaufmann recherchierte den unter Auflagen genehmigten Haushalt der Stadt 2022/23 und sprach mit Bürgermeisterin Luczak-Schwarz. Der Zaun der neuen Turmbergbahn sorgt ebenfalls weiter für Aufruhr. Er soll nun möglichst tief eingegraben werden, damit man ihn weniger sieht. Super Sache. Anderes könnte man so auch mal etwas tieferlegen, damit man es nicht so sieht.

Ein weiteres Topthema wäre in meinen Augen die völlig maßlose und unverschämte bis zu 50-prozentige Gaspreiserhöhung der Karlsruher Stadtwerke, die in der hiesigen Tageszeitung in der Erstmeldung buchstäblich eine Randnotiz war – neben dem großen „Pfennigbasar“-Artikel im Lokalteil platziert. Oder die freiwilligen Leistungen für Kultur und Soziales. Es kommt ein Kahlschlag auf diese Bereiche zu. Beide sind aber schon erheblichst geschreddert von Corona. OK, unlängst schob man ein Interview hinterher, in dem der Stadtwerke-Chef von „schlaflosen Nächten“ berichtete. Nun, mit den erhöhten Strompreisen kommt da schon was zusammen, um das mindestens 30 Mio. große Loch der U-Strab-Betriebskosten zu stopfen. Schlaflos aber sind da vor allem diejenigen, die das zahlen sollen, insbesondere Gering- und Normalverdiener aller Art. Wovon auch die zahlreichen in prekären Verhältnissen lebenden und arbeitenden hiesigen KünstlerInnen betroffen sind. Roger Waltz sprach mit der Vorständin der Poly Produzentengalerie Bettina Yagoubi-Amann.

Ein Schelm, wer die Preiserhöhung nur auf die gestiegenen Gaspreise zurückführt. Die Stadtwerke wären ohne diese bald pleite, stöhnte deren Pressesprecher gequält angesichts von nur 17 Mio. Reingewinn jedes Jahr, die zum Ausgleich der KVV-Verluste an diesen innerstädtisch weiterüberwiesen werden. Bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung sind das annähernd 700 Euro mehr für Gas, plus die Stromerhöhungen, macht dann so rund 1.000 Euro mehr im Jahr. Faktisch ist hier (neben den unstrittig gestiegenen Gasbeschaffungskosten) mit eingepreist, was die Bürger von Karlsruhe für den Betrieb der U-Strab zahlen müssen. Neben den Baukosten.

Der aufgeblähte Investitionshaushalt von je rund 300 Mio. 2022 und ’23 muss auf 200 Mio. pro Jahr heruntergefahren werden. Und freiwillige Leistungen abgebaut. Also auch Mülleimer, weil zu personalintensiv? Oder sind sie vielleicht sogar eine „Freiwillige Leistung“? Baumpatenschaften gibt es ja schon für die unzähligen verdorrten Bäume in den Parkbuchten der Stadt. Nun kommen Sauberkeits-Patenschaften hinzu, die Stadtverwaltung bewirbt dies sogar mit schicken Werbeanzeigen.

Jetzt aber endlich zum Positiven, denn das Kulturleben nimmt vorsichtig wieder Fahrt auf. Traditionell ist die Mandelblüte in der Südpfalz für alle von Heidelberg und Mannheim bis Karlsruhe der erste Anlass, den Frühling zu feiern. Schönerweise durften wir in einer großen Bilddatenbank nach Covermotiven fürs INKA Regiomagazin suchen. Und hatten superschöne Entwürfe. Letztlich haben wir uns dann doch für ein Foto des Ettlinger Jazzers, Pianisten, Tastentigers und passionierten Fotografen Rainer Granzin entschieden, das künstlerisch nochmals eine andere Wertigkeit hat. Das INKA Regiomagazin ist ja quasi die kleine Schwester des INKA Stadtmagazins und enthält eine Essenz des Kulturlebens von Karlsruhe und dem Südwesten. Von Mannheim bis Ravensburg, von Bietigheim-Bissingen bis Bad Bergzabern reicht unser Vertriebsgebiet. Die Karlsruhe zugehörige Kulturregion der Südpfalz fahren wir von Landau über die Dörfer bis nach Bad Bergzabern und Schweigen-Rechtenbach an der elsässischen Grenze mit eigenem Fahrer an; ebenso Rastatt, Baden-Baden sowie Bruchsal und Bretten. Großes Lob an Peter Höfele-Krupka und Patrick Wurster!

Seit 2022 ist das INKA Regiomagazin zusätzlich zu unseren eigenen Kulturstellen, die wir via UPS beliefern, auch an gut 60 Stellen in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen präsent – in Displays von Kultour.gut!, die uns an weiteren 50 Stellen auch im Karlsruher Stadtgebiet auslegen. Leider gehen heutzutage Konkurrenzdenken und Marketinggelder vor, wie sich Städte und Regionen aufstellen. So ist die Metropolregion Rhein-Neckar natürlich finanziell ganz anders aufgestellt als Karlsruhe. Auch ist man sich selbst genug. Schade, denn offenere Kulturlandschaften tun ja allen gut. OK, für Indie-Konzerte muss man heute kaum mehr nach Mannheim oder Heidelberg; denn Karlsruhe hat hier inzwischen sehr viel zu bieten. Vielleicht nicht ganz so viel wie die Metropolregion, im Vergleich muss man sich aber nicht verstecken! Das gilt auch und gerade für die Kunstszene. Nun, Ausstellungen mit Kurztrips in die Region und Schlendern oder Spazierengehen und gut Essen irgendwo ist heute sicherlich mehr en vogue als das Fischen nach jungen Pop-Klängen zwischen Experiment und Wahnsinn.

Wichtig für die ganze Kultur ist aber, dass sich das Publikum auch wieder den performativen Künsten, kleinen Konzerten, opulentem Konzert- und Theaterbetrieb annähert. Ich war ja mal eigentlich Musikredakteur, arbeitete zehn Jahre für den Deutschlandfunk, Redaktion E-Musik, vor allem in Sachen neue Elektronika. Es war eine Zeit, als es noch eine Musikindustrie gab und MusikerInnen von ihrer Musik und den Verkäufen leben konnten. Übrig blieb, die Cents von Spotify mit Livegigs aufzufrischen. Nun ist dies dank Corona auch schwer gestört. Von daher: Geht auf Konzerte, in Ausstellungen und Theatervorstellungen. Es droht sonst ein kreativer Aderlass, dessen Auswirkungen sich heute keiner vorstellen mag. Es verloren ja bereits Millionen an Musikern weltweit ihre Existenzgrundlage durch Plattformen wie Spotify.

Noch ein Tipp in eigener Sache: Ich bin seit über 40 Jahren auf der Suche nach den besten Tracks der Welt. Die künstlerisch interessanteste Groove-Musik des Planeten kommt seit ein paar Jahren aus Afrika, wo eine rhythmische Vielfalt auf kultige Gesänge, Raps und Chöre trifft und die neuesten Technologien der Spielwut der afrikanischen Musik so richtig den finalen Push geben. Es ist Musik, die von 20-Jährigen für 20-Jährige geschrieben wird, auf die – in Afrika – aber auch 80-Jährige tanzen. Mit Nigeria, Ghana und Südafrika als Zentrum hat sich dort eine eigene gar nicht so kleine Musikindustrie entwickelt. Daher nicht verpassen: Die „INKA Afro Tunes“ im Querfunk auf 104,8 MHz am Sa, 5.3., 14-16 Uhr, mit hörenswerten neuen Tracks des jungen Jahres aus Afrika, Moderation: Helen Osayame Ruppert und Julia Heiß, Sounds by Roger Waltz.

Wir wünschen allen einen wunderbaren Frühlingsstart
Roger Waltz & das INKA-Team

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