Designers In Residence 2023

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 30.06.2023

Designers In Residence (Foto: Winfried Reinhardt)

Das am 1.4. gestartete Stipendienprogramm „Designers In Residence“ bietet in Kooperation mit dem Design Center Ba-Wü und der Hochschule Pforzheim seit 2016 internationalen NachwuchsdesignerInnen die Möglichkeit, sich drei Monate intensiv mit einem selbstgewählten Thema auseinanderzusetzen.

Dieses Jahr arbeiten Schmuckdesigner Xin Liu (China), Materialdesignerin Andrea De la Peña (Mexiko) und Textildesignerin Leen Stoffels (Belgien) im Emma-Kreativzentrum an ihren Projekten.

Liu studierte Schmuck an der HS Pforzheim, erhielt 2020 das Stipendium „PF Revisited“ im Technischen Museum Berlin und gewann 2019 den Gestaltungswettbewerb „Goldstadtpokal“. Zurück in Pforzheim setzt er sich mit dem Thema Männlichkeit auseinander. Als Ausgangspunkt dient ihm die Schamkapsel, ein Teil der mittelalterlichen Kleidung, der sich vom Genitalschutz zum Symbol männlicher Potenz entwickelt hat. Lius Kollektion „Codpiece Everywhere“ zeigt die Art und Weise, wie der Mann von heute seine maskuline Persönlichkeit konstruiert; die Kollektion besteht aus Materialien wie Fußbällen, Militäruniformen, Perlen oder Stickereien, die noch immer eng mit einem Geschlecht verknüpft werden. „Meine Interpretation der Schamkapsel ist eine humorvolle Annäherung an die Fluidität der Geschlechter und deren Grenzen“, so Li, der dazu auch virale Trends auf Twitter oder Tiktok beobachtet.

Stoffels entwickelte bereits für ihre Masterarbeit eine modulare Strick- und Knüpftechnik, die es ermöglicht, die Form von Textilien der Funktion anzupassen. Sie möchte mit ihrer Technik der Wegwerf- und Fast-Fashion-Kultur entgegenwirken: „Trotz wachsenden Bewusstseins für Slow-Fashion und -Design sehnen sich die Menschen nach Abwechslung und Innovation. Daher weite ich meine Forschung auf Accessoires, Gebrauchs- sowie Einrichtungsgegenstände aus und schaffe nachhaltige, zeitlose Stücke, die von verschiedenen Nutzern für verschiedene Zwecke verwendet werden können.“ Stoffels tragbare Stücke sind dank ihrer Stricktechniken mithilfe einer einfachen Anleitung in Fläche, Form, Dicke und Dichte veränderbar; auf diese Weise können sie in einen Pullover, eine Decke, eine Tasche oder einen anderen Gebrauchsgegenstand umgewandelt werden. Dafür nutzt sie ausschließlich sehr langlebige, widerstandsfähige, biologisch abbaubare und einfach zu recycelnde Merinowolle.

De la Peña betreibt bereits seit Längerem Materialforschung mit Abfällen. Während ihres Stipendiums möchte sie sich mit Elektroschrott beschäftigen und dessen Auswirkungen sichtbar machen. „Mexiko ist der drittgrößte Verursacher von Elektroschrott weltweit – gleichzeitig ist er für viele ärmere Menschen aber auch eine Einnahmequelle, indem sie etwa Kupferkabel extrahieren und verkaufen. Ich habe mir also die Frage gestellt, wann etwas als Müll angesehen wird und wann als Rohstoff, da laut Prognosen die Ressourcen für elektronische Geräte bis 2050 aufgebraucht sein werden.“ De la Peña ermöglicht durch die Verwendung von Materialien als Kommunikationsmittel eine kritische Auseinandersetzung mit der Produktion von elektronischen Geräten und zeigt mit neuen Materialien Perspektiven für die Verwertung von Elektroschrott auf.

Die drei Stipendiaten wohnen von April bis Juni in Pforzheim, arbeiten im ehemaligen Jugendstilbad an der Enz und können auch die Infrastruktur der Fakultät für Gestaltung der HS Pforzheim nutzen. Ihre Ergebnisse werden vom 1. bis 16.7. in einer Ausstellung im Emma präsentiert. -pat

Vernissage: Fr, 30.6., 19 Uhr, bis 16.7., Emma-Kreativzentrum, Pforzheim

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