Die „art“-Doppelspitze Olga Blaß & Kristian Jarmuschek im INKA-Interview
Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 20.02.2025

Roger Waltz sprach mit der neuen Doppelspitze aus Projektleiterin Olga Blaß und dem Beiratsvorsitzenden Kristian Jarmuschek über die Fortentwicklung ihrer konzeptionellen Neuausrichtung, die 2024 großen Anklang fand, an bewährte Stärken anknüpft und mit neuen Ansätzen kombiniert.
INKA: Das farbenfrohe neue Logo der „art“ signalisiert nun auch, dass sie sich neu aufgestellt hat. Wie kam es zum Wechsel des eher wappenartigen alten Logos zur trendigen pastellartigen Farbkomposition, die fast wie eine „Sonderfarbe“ wirkt?
Olga Blaß: Die konzeptionelle Neuausrichtung der „art Karlsruhe“ 2024 wurde gut angenommen, die Weiterentwicklung positiv bewertet. In diesem Sinne wollten wir auch mit unserem neuen Erscheinungsbild der „art Karlsruhe“ eine visuelle Identität geben, die unsere inhaltliche Weiterentwicklung unterstreicht und widerspiegelt. Nach 20 Jahren unter markant rot-gelber Flagge – den badischen Farben – setzen ebenjene Farben nun die Klammer um einen Farbverlauf, der einerseits einen Zeitstrahl „von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwartskunst“ symbolisiert, andererseits aber auch für die Transformation der „art Karlsruhe“ steht und sich mit ihr weiterentwickeln kann. Ergänzt wird dies durch unser neues Logo, das in Format und Farbe auf alle Anforderungen der heutigen, meist digitalen Welt, reagieren kann.
INKA: Um gleich bei den Neuerungen zu bleiben: Was ändert sich im Vergleich zur sehr gut besuchten „art“ 2024? Gibt es weitere konzeptionelle Veränderungen?
Blaß: Die „art Karlsruhe“ hat im Laufe der 20 Jahre seit ihrem Beginn bedeutende Stärken entwickelt, Impulse gesetzt und etabliert. Diesen bewährten Ursprüngen bleiben wir auch in diesem Jahr treu. Wir setzen erfolgreiche Formate fort und kombinieren sie mit neuen Ansätzen. Ein neues Format ist „Re-Frame“, das die Aufmerksamkeit der Kunstwelt auf Künstlernachlässe lenken soll. Nachlassverwalter und Erben stehen oftmals vor der Herausforderung, nicht zu wissen, wie mit dem Vor- oder Nachlass von Künstlern am sinnvollsten umzugehen ist. Bei „Re-Frame“ präsentieren Galerien von ihnen betreute Nachlässe und lassen ihnen die gebührende Aufmerksamkeit zuteilwerden. So zeigt die Galerie Eric Mouchet aus Paris den Nachlass des Künstlerpaars Ella Bergmann-Michel und ihres Ehemanns Robert Michel, die Sight Galerie aus Offenbach vertritt den Nachlass des Künstlers Johannes Geccelli und der Nachlass des finnischen Künstlers Pertti Kekarainen wird von der Hannoveraner Galerie Drees betreut.
Kristian Jarmuschek: Ein weiteres Kernthema, dem 2025 mehr Raum gegeben wird, ist der Start ins Kunstsammeln. In unserer Halle 3 begegnen wir diesem Thema – sowohl auf Seiten aufstrebender Galerien als auch für potenzielle junge Sammler. Der Einstieg in die Kunstsammlung muss nämlich nicht teuer sein oder Fachkenntnisse auf Kunsthistorikerniveau voraussetzen. So wird der „Paper-Square“ ein Spielfeld für Arbeiten auf, mit und durch Papier und bietet so einen möglichen Einstieg für die eigene Sammlungstätigkeit. Ergänzt wird er durch einen „Start-Block“, in dem die ausstellenden Galerien Werke vorstellen, die sie für besonders geeignet halten, um den ersten Kunstkauf zu wagen. Hier gibt es bereits eine eindrucksvolle Auswahl von Werken im dreistelligen Bereich zu kaufen.
INKA: Gibt es bereits Informationen zum „Hans Platschek Preis“ sowie zum „Loth Skulpturenpreis“?
Jarmuschek: Der diesjährige „Hans Platschek Preis für Kunst und Schrift“ geht an die deutsch-schweizerische Künstlerin Ingeborg Lüscher und wird wieder im Rahmen der „art Karlsruhe“ verliehen. Der Preisträger des „Loth Skulpturenpreises“ steht noch nicht fest und wird erst auf der Messe selbst entschieden. Hier sind wir selbst auch sehr gespannt, welcher Bildhauer mit dem mit 20.000 Euro hoch dotierten Preis ausgezeichnet wird.
INKA: Manchen Galerien haben die Veränderungen 2024 so gut gefallen, dass sie sich für die diesjährige Ausgabe erstmals beworben haben. Darunter finden sich einige aus dem Rheinland.
Blaß: Es freut uns sehr, dass wir neuen, hochkarätigen Zuspruch aus dem Rheinland erfahren. Dieser Zuwachs bestätigt und bestärkt die Entwicklung der „art Karlsruhe“.
INKA: Ein Schwerpunkt der „art“ liegt ja weiter auf der Klassischen Moderne mit teils sehr großen Namen wie Max Ernst, August Macke oder Henri Matisse. Ein weiterer auf der Nachkriegsmoderne. Welche Galerien sind hier besonders tätig und wo liegen bei der Nachkriegsmoderne die Schwerpunkte der Messe und der Galerien?
Jarmuschek: Wir freuen uns, dass es uns über unser starkes Teilnehmerfeld gelingt, 120 Jahre Kunstgeschichte auf der „art Karlsruhe“ abzubilden. Rund zwei Dutzend der etwa 180 Aussteller planen, Arbeiten der Klassischen Moderne zu zeigen. Dabei gehören Marc Chagall, Salvador Dali, Lyonel Feininger, Joan Miró und Pablo Picasso zu den Klassikern, die am häufigsten vertreten sind. Galerien wie Jeanne (München), Koch (Hannover), Koch-Westenhoff (Lübeck), Ludorff (Düsseldorf), Raphael (Frankfurt am Main), Rudolf (Kampen/Sylt), Schwarzer (Düsseldorf) und Rotermund (Hamburg) überraschen mit sorgsam ausgewählten Bildern von George Braque, Otto Dix, Max Ernst, Ernst Ludwig Kirchner, August Macke (Abb. links oben: Paar im Nachen, 1913, Gouache, Pastell und Tusche auf Papier, Galerie Ludorf) Henri Matisse, Emil Nolde und Anderen. Aus dem internationalen Raum verstärken Cortina (Barcelona), De Zutter (Knokke), Gilden’s Art (London), Kroken (Höganäs), Mollbrinks Gallery (Uppsala), Schanewald (Toulouse) und WOS (Zürich) das Angebot im Bereich der Klassischen Moderne. Allein fünf Galerien nehmen den 30. Todestag des amerikanischen Malers Sam Francis zum Anlass, die teils von Claude Monet beeinflussten farbintensiven Kompositionen des amerikanischen Künstlers zu präsentieren. Ebenso zeigen Galerien wie Luzán (Berlin) und Schlichtenmaier (Grafenau) anlässlich des 70. Todestags von Willi Baumeister Werke des Stuttgarter Künstlers. Arbeiten des bald 85-jährigen Imi Knöbel werden von allein vier Galerien (u.a. Edouard Simoens, Knokke/Belgien und Fetzer, Sontheim) gezeigt. Auch die Zero-Künstler Heinz Mack und Günther Uecker sind stark vertreten und belegen das anhaltende Interesse an der Kunst der ausgehenden 1950er und frühen 60er Jahre. Eher strenge, minimalistische Werke sind bei Galerien wie Bender (München), Geiger (Konstanz), Koch (Hannover), Luzán (Berlin), Roy (Felanitx/Mallorca), Heike Strelow (Frankfurt am Main) und van der Koelen (Mainz/Venedig) zu finden.
INKA: Stichwort Kunstregion Karlsruhe. Die „art“ wird inzwischen auch von vielen Museen und Ausstellungshäusern aus der erweiterten Region als Plattform genutzt. Wie ist das Areal des „Forums Karlsruhe“ bestückt? Gibt es verstärkte Anstrengungen, der Bedeutungseintrübung durch die langjährige Schließung der Kunsthalle – die derzeit im ZKM-Ausstellungsräume hat – und der beginnenden Sanierung und Schließung des BLM aufzufangen?
Blaß: Das „Forum Karlsruhe“ in Halle 3 gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dort entsteht mehr denn je eine partnerschaftliche Symbiose mit den Akteuren der Karlsruhe Kunst- und Kulturszene. Für uns ist es ein echter Mehrwert, städtischen Institutionen eine Präsentationsplattform geben zu können und gerade in Zeiten von Schließungen als ein weiteres Standbein zu fungieren, wo gute Projekte gezeigt werden können. Ob Museen, oder Kunstvereine, Hochschulen oder Kultureinrichtungen – alle, die Karlsruhe zur Kunst- und Kulturstadt machen, sind vertreten: Das ZKM präsentiert dort eine eigene Arbeit, die Kunstakademie Karlsruhe kommt mit einer Einzelpräsentation, ebenso die City Of Media Arts. Ein weiteres Thema, auf das wir Aufmerksamkeit lenken wollen, ist das private Sammeln. In diesem Jahr wird unsere Sonderpräsentation „Privates Sammeln“ von der Direktorin der Städtischen Galerie Karlsruhe, Stefanie Patruno bespielt. Sie kooperiert dafür mit einer Privatsammlung aus der Sammlung des Frankfurter Verlegers Christoph Keller, mit dem die Städtische Galerie seit Längerem im Gespräch ist. (Abb. links unten: eine spektakuläre Kunstaktion der Kunstakademie Karlsruhe 2024, die vom Publikum viel frequentiert wurde).
INKA: Die „art“ 2025 ist die erste Kunstmesse Deutschlands nach der Reduzierung des Steuersatzes auf sieben Prozent. Was erwarten Sie konkret?
Jarmuschek: Die Galerien in Deutschland sind endlich wieder international wettbewerbsfähig, nachdem sie seit der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes im Jahr 2014 auf 19 Prozent gegenüber internationalen Wettbewerbern mit meist niedrigeren Mehrwertsteuersätzen deutlich im Nachteil waren. Besonders an einem Standort wie Karlsruhe, der in unmittelbarer Nähe zu Frankreich und der Schweiz liegt, ist dies von großer Bedeutung. Wir sind zuversichtlich, dass der niedrigere Steuersatz für die deutschen Galerien das Potenzial hat, sowohl auf der Messe als auch darüber hinaus einen höheren Umsatz zu erzielen.
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