ZKM-Rezension: Black Flags
Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 01.08.2024
Stille, weite Räume.
Wind. Wie hört er sich an, am Nord- und am Südpol? Wie weht es dort? Santiago Sierra dokumentierte in „Black Flag“ (2015) das Hissen der schwarzen Flagge an den national umkämpften Polen als ikonisches Symbol der anarchistischen Bewegung – und nahm dafür den Sound der Orte mit auf. Vier große Stellwände wirken wie ein Kompass, großformatige Fotografien, Objekte und Bilder der Camps lassen die Expedition nahbar werden. Durch die subtilen Geräusche werden sie lebendig, ich kann erahnen, wie fordernd und rau diese extremen Orte der Welt sind.
Die drei Werke in der Ausstellung „Black Flags“ nutzen das Symbol der schwarzen Flagge in je eigenem Kontext, das Verbindende offenbart sich als: der Wind. Denn den braucht eine Flagge, um zu kommunizieren und gesehen zu werden. Egal, ob in den Boden gerammt oder geschwenkt – eine Flagge ist immer ein Akt der Kommunikation. William Forsythe erzeugt in seiner Installation „Black Flags“ (2014) selbst die Luftströme, denn es geht ihm um Bewegung. Zwei Industrieroboter bewegen das schwarze Textil in einer halbstündigen Choreo mit digitaler Präzision in die Unendlichkeit hinein, Strom ersetzt Körper. Da die Fahnen erstmals einen so großen Raum zur Verfügung haben, wurden sie extra umprogrammiert, sodass sie sich in ihrer vollen Größe strecken können. Die Geräusche sind zart, wenn der Stoff über den Boden streift. Von nebenan reißt mich plötzlich ein Hubschrauber aus der mediativen Stimmung der Lichthöfe heraus. War es der vom Nord- oder Südpol?
Wolken ziehen vorbei, Haare flattern. Edith Dekyndt zeigt im Video „Ombre indigène, Part 2, Martinique“ (2014, Foto: Stella Braasch) eine Fahne aus schwarzen Haaren. Unweit der Grabstätte von Édouard Glissant entstanden, verweist es auf die Ideen des karibischen Philosophen und Schriftstellers, der mit seinem Konzept der „Kreolisierung“ ein Vordenker der postkolonialen Kulturtheorie ist. Acht Jahre nach ihrer Entstehung ging das Video als Symbol der Proteste iranischer Frauen viral, die sich 2022 am Tod der jungen kurdischen Aktivistin Mahsa Amini entzündeten.
Schriftstellerin und Aktivistin Khanda Hameed und Kulturkritiker Nabaz Samad sprechen bei „Under The Black Flag“ über die Protestbewegung; beide stammen aus Sulaimani im irakischen Kurdistan und sind aktuell Stipendiaten am ZKM (Fr, 27.9., 16.30 Uhr). In einem weiteren Gespräch spricht Kai Arras, Prof. für Autonome Systeme, über „Künstliche Intelligenz und Robotik“. Wie wird gerade an kontextbewussten Robotern geforscht? (Fr, 13.9., 16.30 Uhr). -sb
bis 6.10., ZKM-Lichthof 8+9, Karlsruhe
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