ZKM-Rezension: Choose Your Filter!
Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 01.03.2025
Mit der Veröffentlichung der ersten Webseite durch den britischen Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee im Jahr 1991 wurde das Internet für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Doch der Zugang zum WWW war nur durch einen Webbrowser möglich – den gleichnamigen World Wide Web. Daran hat sich für den Otto-Normal-Nutzer wenig geändert: Bis heute sind Webbrowser unsere gängigen Tore zum Internet. Sie interpretieren den Code von Webseiten, stellen Texte, Bilder und Videos dar und machen so die Nutzung des Internets eigentlich erst möglich. Bereits wenige Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Webbrowsers machten sich jedoch auch Künstler das damals entstehende System zu eigen, indem sie selbst eigene Anwendungen schufen. Wichtige Marker wie Effizienz, Geschwindigkeit und Nutzerfreundlichkeit gerieten dabei in den Hintergrund; stattdessen überraschten künstlerische Anwendungen mit neuer Optik und vor allem mit neuen Strukturen.
von Sabine Adler
„Choose Your Filter!“ bildet die Geschichte der Browserkunst ab und macht deutlich, dass das Internet vollkommen unterschiedliche Gesichter haben kann; vor allem außergewöhnlichere Varianten, als wir uns erst mal vorstellen können. Schnell wird den Besuchern zudem auch bewusst gemacht, dass die Wahl eines Browsers – wie der Ausstellungstitel bereits verrät – eine Reihe von unbewussten Filtern mit sich bringt, die nicht nur bestimmen, was wir bei der Nutzung des Internets sehen, sondern vielmehr auch bereits definieren, was uns nicht ausgespielt wird. Die Ausstellung basiert auf zwei Forschungsprojekten zu Internetkunst und künstlerischen Browseranwendungen des KIT und zeigt z.T. aufwendig restaurierte Werke, die nun seit Langen erstmals wieder zu sehen sind. Entlang einer Zeitleiste können die Besucher mithilfe eines Monitors die einzelnen Werke kennenlernen und untereinander verorten – und das über 30 Jahre hinweg ab 1996! Dieser interaktive Charakter zieht sich auch über den Ausstellungsbeginn hinaus durch die restliche Werkschau.
An einer Vielzahl von Stationen kann man selbst tiefer in die Browser Art eintauchen und die Kunstwerke nicht nur betrachten, sondern wirklich erleben: Google-Suchmaschinen drehen sich im Uhrzeigersinn und erschweren so die Eingabe, Nutzer können sich durch einen gewundenen Tunnel bewegen, der durch verschiedene Bilder ausgekleidet wird, Websites verwandeln sich in Bildkompositionen, die an Werke von Piet Mondrian erinnern, Cookies werden in Echtzeit in Klänge übersetzt und Verbindungen zwischen digitaler und urbaner Kultur deutlich gemacht. Eine gelungene Präsentation, in der nicht nur das heutige Internet und dessen Möglichkeiten, sondern vor allem auch das rekonstruierte Internet aus früheren Zeiten ansprechend und abwechslungsreich für alle erlebbar ist!
bis 24.8., ZKM, Karlsruhe
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