Fotograf Bernd Hentschel – Die Kunst im Augenblick

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 09.10.2013

In seinem Sucher muss es menscheln!

Aber die Rolle des stillen Beobachters ist Bernd Hentschel zu wenig. Auch wenn der Karlsruher Fotograf mit seinen Aufnahmen vom Jazzclub, dem „Fest“ oder der „Zappanale“ in Bad Doberan zur Genüge bewiesen hat, dass er es versteht, hinzuschauen statt draufzuhalten, den einen Augenblick zu verewigen anstatt wahllos hunderte Serienbilder zu knipsen. „Bei Konzerten bin ich auf den Jäger reduziert und habe nur beschränkte Gestaltungsmöglichkeiten“, begründet der gebürtige Paderborner mit Schwerpunkt Tanz-, Theater- und Musikfotografie seine Motivambitionen.

Wer sich das Cover der INKA-Ausgabe Nummer 89 vom Juli vor Augen ruft, weiß sofort, was er meint: Dort sitzt Bühnentänzerin Kristina Sosnina scheinbar schwerelos in der Luft. Noch faszinierender wirkt diese Aufnahme, wenn man sich bewusst macht, dass die vermeintliche Photoshop-Montage tatsächlich genau so in der Hildapromenade entstanden ist.

„Ich komponiere meine Bilder vorher im Kopf, der Rest ist nur noch eine Frage der Technik“, erklärt der hauptberuflich als Ingenieur in der Bundesanstalt für Wasserbau tätige Fotoprofi. Ähnliche Motive zeigt seine Ausstellung „Abgehoben in Bruchsal“, die dort noch bis November im Schlachthof hängt. „Sie werden viele Orte wiedererkennen, aber nie mit eigenen Augen so sehen“, beschrieb Hentschel seine Kunstwerke bei der Vernissage.

Das gilt auch für die mittels Belichtungszeit hochgezogene Feuerwand hinter der Halfpipe im Skaterpark, auf der Akrobatin Kristin Spiegler den Spagat vollführt. Die Tänzer haben’s ihm angetan: 2010 durfte Hentschel an der international renommierten Dresdner Palucca-Schule anmutig schwebende Körper am Scheitelpunkt ihres Sprungs festhalten und unterm Titel „Fliegen lernen“ ausstellen; es folgten die Karlsruher „Stadtrundflüge“ mit Lehrern der Tanzschule Dance Vision.

Den Rollenwechsel vom Beobachter zum Choreografen vollzieht Hentschel auch bei Karlsruher Musikern wie Full Spin, Eva Croissant, Diego oder Stereobite, die er zuvor auf der Bühne abgelichtet hat und mit dem Studio-„Gegenbesuch“ (zu sehen bis Jahresende in der Oval Lounge) in einen spannenden Dialog stellt.

Eine dritte aktuelle Hentschel-Schau eröffnet am 3.11. im Rahmen des Tempel-Tanzfestivals: Das Vanguarde präsentiert Fotografien, die während der „Langen Nacht der kurzen Stücke“ 2011 und 2012 entstanden sind. Und vielleicht verrät der Fotograf ja bei einem seiner nächsten Workshops, wie er die Curbside Prophets auf Bordsteingröße geschrumpft hat. -pat

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