Kunst oder Verpackung?

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 26.06.2008

Bei einer Ausstellung in den 70ern wollten Arbeiter das Bild schon auspacken, erinnert sich ZKM-Vorstand Peter Weibel.

Doch der mit schlichter Wellpappe umhüllte Holzrahmen stellte bereits das Kunstwerk dar. Derzeit ist Fabio Mauris Materialbild im Rahmen der Ausstellung "Rom – Offene Malerei. Das Materialbild im Italien der 1950er und 1960er Jahre" im ZKM zu sehen.

Die umfangreiche Schau belegt eindrücklich, wie früh italienische Künstler bereits mit Materialien wie Filz, Glas, Metall oder auch Industrieabfällen experimentierten. "Man erkennt hier die Entwicklung hin zum bewegten, kinetischen Bild", erklärt Kurator Peter Weibel.

Aus dem schwarz bemalten Holz splittern rote Stücke hervor, aufgebrochen ragt das verletzte Bild in den Raum. Weniger brachial wölbt sich die von Lucio Fontana zart aufgeschlitzte Leinwand. Zu den Vorläufern der italienischen Avantgardekünstler gehörten neben Russen wie Wladimir Tatlin auch deutsche Dadaisten von Kurt Schwitters bis Hans Arp.

Nach dem zweiten Weltkrieg entpuppte sich Rom als Metropole experimentierfreudiger, expressiver Kunst. Robert Rauschenberg und Jasper Johns lebten damals als Stipendiaten in der Stadt am Tiber. Sie transportierten die hier entdeckten dynamischen Impulse nach Amerika. Für die italienischen Vorreiter war das Leben nicht immer einfach. Ihre Werke wurden überwiegend von privaten Sammlern gekauft, Museen investierten (noch) nicht in Materialkunst.

Francesco Lo Savio wartete jeden Tag vergeblich in der Galerie darauf, dass sich ein Besucher in seine Ausstellung verirrte. Der Künstler nahm sich kurz darauf im Alter von 28 Jahren das Leben. "Er war einfach zu früh", kommentierte Peter Weibel dessen gewölbte Metallplatte. Einige Werke fordern bereits die Interaktivität der Betrachter.

Grazia Varisco klebte feine Holzstäbe auf Magnete, die sich verschieben lassen. Vieles, das heute an Beuys, Kiefer oder Uecker erinnert, nahm hier seinen Anfang. Dass ein Bild mehr sein kann als Farbe, das macht diese spannende Entdeckungsreise deutlich. -ub

Rom – Offene Malerei. Das Materialbild im Italien der 1950er und 1960er Jahre, ZKM/Museum für Neue Kunst, bis 24.8.
www.mnk.zkm.de

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