30 Jahre „Das Fest“

Popkultur // Artikel vom 11.07.2014

Bevor Hügel-Impresario Martin Wacker als Geschäftsführer der seit 1.5. unter Karlsruhe Event GmbH firmierenden Fest GmbH die Verantwortung übernommen hat, stand es in den Sternen, ob das größte Open-Air-Festival im Südwesten seine 30. Jubiläumsauflage erleben würde.

Dass die Sonne im Festivallogo vier Jahre später heller denn je strahlt, liegt zuvorderst an den 2010 aus Sicherheitsgründen eingeführten Tagestickets für den seither kostenpflichtigen Hügelbereich, der vergangenes Jahr zum ersten Mal komplett ausverkauft war. Diesmal sieht es so aus, als könnte man sich das Kassenhäuschen sparen: Die Fünf-Euro-Tickets für den Samstag sind bereits kurz nach Bekanntgabe des Programms vergriffen; und von den einen Monat vor „Fest“-Beginn noch erhältlichen 1.000 Freitags- und 4.000 Sonntagskarten aus dem 135.000 Stück starken Gesamtkontingent wird am 25.7. voraussichtlich nichts mehr übrig sein. Ausgesperrt muss sich deshalb trotzdem niemand fühlen, denn „Das Fest“ hat mit den vier frei zugänglichen Angeboten auf der Café-, Feld-, Kultur- und DJ-Bühne sowie dem Sportbereich noch weit mehr zu bieten als Boss und Hoss – 75 Prozent des Programms sind kostenlos!

Los geht’s mit den Locals beim „Vor-Fest“ (Sa-Do, 19.-24.7.) auf der Cafébühne, wo mit einer Ausnahme täglich bis zu drei regionale Formationen auftreten: Am So, 20.7. startet man bereits um 11 Uhr mit dem Jazz-Frühstück der Up To Date Big Band. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk hat das Badische Staatstheater nachgereicht und präsentiert ab 16 Uhr Auszüge der musikalischen Biografie „Rio Reiser – König von Deutschland“.

Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen konnte der Feldbühnen-Sonntags-Headliner erst Ende Juni veröffentlicht werden: das Multi-Kulti-Trio Mighty Oaks (21.30 Uhr). Die aus Amerika, England und Italien stammenden Ian Hooper, Craig Saunders und Claudio Conzelli haben in Berlin zusammengefunden und mit ihrem zu Jahresanfang releasten Debüt „Howl“ und dem durch dreistimmigen Gesang, (E-)Gitarren und Mandolinen verbundenen Mix aus Folk, Pop und Singer/Songwriter-Balladen die Vergangenheit als Vorband der Kings Of Lion hinter sich gelassen. Zu den Highlights der Feldbühne zählen zwei weitere Acts, die das „Fest“ als Mitglied des „European Talent Exchange Programs“ (ETEP) gebookt hat: Die 19-jährige Coely (Fr, 25.7., 21 Uhr) aus Antwerpen wechselt als Co-Headlinerin von Rapper Silla (22.30 Uhr) zwischen großspurigen Rhymes und voluminösem Gesang; auf die Indie-Bands der frühen 2000er bezieht sich die vor den „Creole Südwest“-Gewinnern Volxtanz (Sa, 26.7., 22.15 Uhr) auftretende ETEP-Band Soul Sister Dance Revolution (20.15 Uhr).

Wer sein Hügelbereich-Ticket bereits sicher hat, kann sich auf den ebenfalls noch ausstehenden Hauptbühnen-Samstags-Abschluss freuen: Der australische Beatboxer und Live-Looping-Künstler Benjamin Stanford alias Dub FX (23 Uhr) soll beim „Night Club“ nach dem Aufsitzen von Alec Völkel, Sascha Vollmer und ihren Großstadt-Cowboys dafür sorgen, dass sich Mount Klotz ganz gemächlich leert.

Preisgekrönte Comedians, Varieté, Tanz, Theater und Zirkus bietet die enorm aufgewertete Kulturbühne im Kinder- und Kulturbereich auf: Hier sind Kleinkünstler aus Karlsruhe und der Region im Wechsel mit namhaften Stand-Ups der deutschen Comedy-Szene zu sehen – allen voran der in seinem Programm „Was ist denn los mit den Menschen?“ herrlich derbe auf die Kacke hauende Ingmar Stadelmann (Fr, 25.7., 19 Uhr), amtierender Gewinner des „RTL Comedy Grand Prix“. Rock’n’Roll-Kabarettist Michael Krebs sagt mit den Pommesgabeln des Teufels (Sa, 26.7., 18 Uhr) „Nein!“ zum Flüsterfuchs; Ariane Müller und Julia Gámez Martin bilden das „Penisneid“-Duo Suchtpotenzial (So, 27.7., 14.30 Uhr), die mit ihrem Programm „Alko-Pop 100 Vol. %“ dieses Jahr den „Kleinkunstpreis Baden-Württemberg“ abgeräumt haben; Timo Wopp (16 Uhr), Träger des „Thüringer Kleinkunstpreises“ 2014, jongliert in seiner „Passion“-Show mit Witz und Bällen; und Spontanitätsexperte Sascha Korf (18 Uhr) hat nicht umsonst den Publikums-Award beim „Stuttgarter Besen“, einem der wichtigsten Kleinkunstpreise Deutschlands, gewonnen. Gleich an zwei Abenden präsentiert sich das „Börlin“-Varieté (Fr+Sa, 25.+26.7., 20.30 Uhr) und außerdem steigt im Vorausblick auf die 2015 in Karlsruhe stattfindende „Europäische Jonglier Convention“ eine zweistündige „Kickoff-Gala der Bewegungskünste“ (So, 27.7., 20 Uhr). Open-Air-Club-Feeling herrscht vor der gewohnt techno- und houselastigen DJ-Bühne am Albufer: Auf dem Grund des abgelassenen Modellbootsees erweitern Maria Baumann (Sa, 26.7., 17 Uhr), Conqueraw Sound (18 Uhr), Ubbo Gronewold (So, 27.7., 17 Uhr) und Phil & Matt Mudd (18 Uhr) das Klangspektrum um Soul, Boogie, Funk, Drum’n’Bass, Afro-Beat sowie Reggae und Dancehall. Einen Nachschlag von Letzterem gibt’s bei der „More Fire!“-After-„Fest“-Party (Sa, 26.7., 23 Uhr, Rock & Rollbar) von Zapata Soundz.

Auch der „Fest Cup“ feiert Jubiläum: Zum zehnten Mal ist der mittlerweile im Sportbereich rund um die Europahalle ausgefahrene Skateboard- und BMX-Contest mit Graffiti- und Longboard-Workshops sowie Le Parkour Teil des Festivals. Auf der neun Meter breiten und 18 Meter langen Minirampe können Amateure wie Profis im Finale (So, 27.7., 12 Uhr) Sach- und Geldpreise sowie „Fest Cup“-Pokale abgreifen (Online-Anmeldungen bis Do, 24.7. und vor Ort bis Fr, 25.7. um 19 Uhr). Für den passenden Sound sorgen die DJs Ketch, Dr. Kackfisch und Yannick F bei den „Best Trick Sessions“ (20 Uhr). Wer die Kunst des Sprayens einschließlich History, Rechtsbelehrung und Materialkunde erlernen möchte, meldet sich online für den Graffiti-Workshop (Fr, 25.7., 15 Uhr) an; beim kostenlosen Skizzen-Workshop (So, 27.7., 13 Uhr) können Streetart-Interessierte auch spontan kreativ werden. Einen eigenen Bereich widmen die „Fest Cup“-Macher von Titus Karlsruhe einmal mehr dem Longboard: Anfänger (Fr, 25.7., 15 Uhr) steigen testweise auf den wieder in Mode gekommenen Skateboard-Vorgänger; die Fortgeschrittenen (17 Uhr) feilen an ihren Skills (kostenlose Anmeldung vor Ort).

Und weil die Suche nach einem freien Parkplatz rund um die Günther-Klotz-Anlage nicht nur angesichts des ausverkauften Hügelbereichs ein schwieriges Unterfangen werden dürfte, bietet die Parkraumgesellschaft Baden-Württemberg in der durchgängig geöffneten PBW-Parkgarage Landesoberkasse (Holzstr. 6 a) direkt hinter dem ZKM knapp 100 Stellplätze. Das Festivalgelände ist von hier aus in zehn Gehminuten erreichbar; der Tageshöchstsatz liegt mit 4,50 Euro nur geringfügig über dem Preis für ein „Fest“-Bier.

Wer sich zu den fünf Prozent aller Festivalbesucher zählt, die das Thema Sicherheit beschäftigt, bekommt mit der checklistartigen Broschüre „Du bist Sicherheit“ eine Voraborientierung von Notfall bis No-Go an die Hand. Das klassische Hosentaschenprogrammheft (samt neuerdings ausklappbarem und abstrahiertem) Geländeplan brauchen „Fest“-Gänger dank der für Android wie Apple iOS verfügbaren Smartphone-App bereits seit 2012 nicht mehr zwingend; jetzt wurde eine überarbeitete Version veröffentlicht: Neben News und einem interaktiven Lageplan können die Besucher präferierte Points Of Interest wie Bühnen, Essensstände oder Ein- und Ausgänge wählen und ihr individuelles „Fest“-Programm zusammenstellen. -pat

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 3 und 3.

WEITERE POPKULTUR-ARTIKEL