Blueslegende John Mayall im Interview

Popkultur // Artikel vom 05.05.2009

Zwar dürfte man John Mayall ernsthaften Musikfans kaum vorstellen müssen – eine kleine textliche Verneigung vor dem „Godfather Of British Blues“ soll an dieser Stelle dennoch erlaubt sein.

Mayall, der in den 60er Jahren die Bluesbreakers gründete, war maßgeblich daran beteiligt, europäischen Hörern den traditionellen amerikanischen Blues zugänglich zu machen. Neben individuellen Coverversionen solch großartiger Künstler wie Sonny Boy Williamson, Willie Dixon, Elmore James und vor allem Freddie King entwickelte Mayall gemeinsam mit den Bluesbreakers über die Jahre zunehmend auch eigenes Material.

Die Fangemeinde des Songwriters und Multiinstrumentalisten umfasst mittlerweile nahezu alle Altersstufen. In seiner legendären, sich ständig wandelnden Band verdienten sich unter anderem Eric Clapton, Mick Taylor (Nachfolger von Brian Jones bei den Rolling Stones) und Peter Green (Fleetwood Mac) ihre Sporen. Doch selbst rund 40 Jahre danach ist Mayall noch immer „on the road“ und auf der Suche nach neuen Impulsen innerhalb der Bluesszene.

Mit den neu formierten Bluesbreakers (Rocky Athas – Gitarre, Greg Rzab – Bass, Jay Davenport – Drums) kommt er nun nach langer Zeit endlich einmal wieder nach Deutschland, wo er im Rahmen seiner Clubtour im Substage spielt (26.5., 21 Uhr). INKA-Mitarbeiterin Elisa Reznicek sprach mit John Mayall im Vorfeld der Tour.

INKA: Die 2007 erschienene CD „In The Palace Of The King“, ein Tribute-Album für Freddie King, war Ihre 56. Veröffentlichung. Machen Sie die 60 voll?
John Mayall: Oh ja, das kann ich mir vorstellen. Das heißt, sofern die Musikindustrie noch existiert. Wie Sie wissen, ist das Veröffentlichen von Alben aufgrund des Internets nicht mehr das, was es einmal war. Also sagen wir mal: hoffentlich. Zumindest machen wir ein Album im Verlauf dieses Jahres. [Anm.: Veröffentlichung voraussichtlich im September oder Oktober]

INKA: Vor einiger Zeit haben Sie angedeutet, dass die Trennung von der alten Band, in der unter anderem Gitarrist Buddy Whittington rund 15 Jahre lang spielte, darauf abzielte, das Leben etwas ruhiger anzugehen. Nun erzählen Sie mir, dass Sie an einem neuen Album arbeiten und touren wieder. Wie kam es zu dieser Sinneswandlung?
Mayall: Die Sache ist die: Bis vor kurzem haben wir über 100 Konzertes jedes Jahr gegeben. Ich wollte das einfach etwas zurückschrauben, es wurde zu viel. Aber schon zum Jahresbeginn begannen Angebote ins Haus zu flattern. Bis Ende des Jahres werden es vielleicht um die 75 oder 80 Shows. Für mich ist das verdammt viel weniger Arbeit [lacht].

INKA: Sie werden der „Godfather Of British Blues” genannt und haben ohne Zweifel viele Menschen inspiriert. Wer oder was inspiriert Sie?
Mayall: Nachdem man ein Leben lang Jazz und Blues gehört hat, kann man das nur schwer präzise eingrenzen. In der Tat illustrieren all meine Alben irgendwie die vielen Einflüsse, die ich über die Jahre gehabt habe. Wissen Sie, der Blues ist wundervoll. Er bedeutet, dass ich mich selbst ausdrücken kann, und er hat mich noch nie im Stich gelassen.

INKA: Wie suchen Sie die Songs aus, die Sie in den Konzerten spielen? Immerhin haben Sie die Auswahl unter Titeln aus über 40 Jahren...
Mayall: Ich versuche, ein Set zusammenzustellen, das eine so große Bandbreite wie möglich abdeckt. Wir werden brandneue Sachen spielen, genauso wie Titel aus verschiedenen musikalischen Abschnitten meines Lebens. Eben Dinge, die noch relevant sind und auf deren Basis man gut improvisieren und Spaß haben kann.

INKA: Haben Sie ein Lieblingsalbum oder einen Lieblingssong von den Bluesbreakers?
Mayall: Nicht wirklich. Jedes Mal, wenn ich ein Album veröffentliche, muss es Musik enthalten, mit der ich rundherum zufrieden bin und die das repräsentiert, was ich zu dieser speziellen Zeit gerade mache. Ich veröffentliche nur Alben, wenn sie mir wirklich etwas bedeuten. Wenn ich also irgendeines meiner Alben anhöre oder anfange, es zu spielen, dann erinnert mich das an die Zeiten, als diese Songs aufgenommen wurden. Es ist wirklich wie ein musikalisches Tagebuch.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 1 plus 6.

WEITERE POPKULTUR-ARTIKEL