Das Fest: Die Feldbühnen-Booker Jochen Werner & Chris Marmann im Interview

Popkultur // Artikel vom 01.07.2025

Jochen Werner & Chris Marmann

Der kostenfreie Hotspot für Szene-Entdecker und Tanzwütige ist die Feldbühne, wo das Jubez-Booking-Team des STJA sein genreübergreifendes Alternativprogramm abfeiert.

INKA (Patrick Wurster): Was macht für euch als Feldbühnen-Booker den Charakter der alternativen „Fest“-Stage aus – auch im Vergleich zur Hauptbühne?
Jochen Werner: Die Feldbühne hat ihr eigenes künstlerisches Profil. Es gab durchaus Acts, die später auch auf der Hauptbühne gestanden haben – Casper, Greeen als Part von Die Zwei, Äl Jawala, Denyo, JxP, Attic Stories… Aber uns geht es einfach um gute Musik, nicht um die Frage, wer mal irgendwann auf größeren Bühnen spielen könnte. Stilistisch wären viele Feldbühnen-Acts für die Hauptbühne sicherlich auch schwer zu realisieren – wobei die Feldbühne in enger Kooperation mit den „Fest“-Hauptverantwortlichen von der KME organisiert und ausgerichtet wird.
Chris Marmann: Wir auf der Feldbühne sind eher wie eine Alternastage, ein Wohnzimmer für alle, denen es vorne zu viel oder zu stressig ist. Wir kreieren einen Wohlfühlort mit komplett ausgewogenem und unterschiedlichem Programm für Leute, die etwas entdecken wollen, auch für Szenekundige – als perfekte Ergänzung zur Hauptbühne!

INKA: Ihr seid als Jubez-Bookingteam ein alltagseingespieltes Duo und teilt euch fürs Programm am Kronenplatz die Acts untereinander auf – inwiefern finden sich diese Zuständigkeiten auf der Feldbühne wieder?
Werner: Die Clubshows helfen natürlich dabei, Acts und Bands schon gesehen zu haben und einschätzen zu können. Manchmal gehen wir für das Format Feldbühne aber auch andere Wege.
Marmann: Ich dachte schon, du spielst auf Waldorf & Statler an... Manchmal ist es auch so, meist jedoch anders. Clubshows sind nicht erst seit Corona ein hartes tägliches Brot, da kann man einiges mitnehmen und einbauen. Viele Einflüsse finden sich dann auf der Feldbühne wieder.

INKA: Hellhörig werden sollte man bei Bands mit dem ETEP-Siegel: Das „Eurosonic Noorderslag“ in Groningen eröffnet übers „European Talent Exchange Programme“ jungen Musikern die Chance, auf den wichtigsten europäischen Festivals zu spielen. Warum habt ihr euch dieses Jahr für den schwedischen Afro-Grunger Boko Yout, das Sludgeduo Doodseskader und die polnische Songwriterin Joulie Fox entschieden?
Werner: Das „Eurosonic Festival“ ist ein wichtiger Motor für den internationalen Bandaustausch; „Das Fest“ kann als Mitglied im internationalen Festivalverbund Yourope am ETEP teilnehmen. Es spielen in Groningen jedes Jahr etwa 200 Acts aus ganz Europa; ich bin dann mit einem Mietfahrrad unterwegs und versuche, möglichst viele Eindrücke zu bekommen. Nicht immer klappt im Anschluss jedes Booking, aber ich bin sehr zufrieden! Boko Yout war beeindruckend und die humorvoll und fein live gespielte Popmusik von Joulie Fox auf Polnisch und Englisch kann ich nur empfehlen! Das „Noorderslag“ ist hier nicht so relevant, da es quasi allein die Niederlande adressiert.
Marmann: Doodseskader haben zufällig in Groningen gespielt und Tim De Gieter kenne ich als Amenra-Bassist. Das war also sehr passend und darf dann auch gern sperrig sein, Industrial-like.

INKA: Inwieweit ist der Auftritt im Jubez ein Probelauf für höhere Festivalweihen? Oder wie umgekehrt in jüngerer Vergangenheit des Öfteren vorgekommen der Feldbühnen-Gig ausschlaggebend für eine anschließende Jubez-Headlinershow?
Werner: La Nefera war Anfang 2024 im Jubez und hat mich live einfach überzeugt. Eine unglaubliche Energie, eine mit Sousafon super gespielte nicht alltägliche Show – das verspricht gute Partystimmung! Manu Delago war schon dreimal im Jubez auf Clubtour und jedes Mal ein riesiges musikalisches Statement, auch wegen seines Engagements für umweltfreundliches Touren. Und sicherlich lohnt es sich, bei einigen Themen dranzubleiben. Leider klappen manche Anschlusstouren nicht – Suistamon Sähkö vom vergangen Feldbühnen-Jahr hätte ich unglaublich gerne wieder bei einer Clubshow gehabt, aber hier kam die Tour nicht zustande.
Marmann: Es hängt idealerweise irgendwie immer zusammen, klappt aber manchmal auch nicht. Und es hängt von den Tourbookern ab. Manche arbeiten mit anderen Clubs oder wechseln die Clubs – das ist Teil des Business’. Da sind auch Absprachen der einzelnen Clubs bzw. lokalen Promoter gefragt. Mit dem Agenten beider genannten Bands arbeite ich schon eine Weile zusammen – und die Feldbühne planen wir gern für mindestens einen seiner Acts ein. Wir haben im März zusammen das „SOL Psych Out“-Festival im Jubez auf die Beine gestellt – er kommt aus Ba-Wü und ist entsprechend interessiert.

INKA: Über welches Budget verfügt ihr fürs Feldbühnen-Programm?
Werner: Die Zahlen können wir leider nicht nennen, aber natürlich kann ein Festival, das einen Großteil des Programms kostenfrei anbietet, bei den Budgets nicht mit kommerziellen Playern konkurrieren. Viele Acts und Bands kommen deshalb auch für günstigere Gagen als bei Festivaltouren üblich – da ist es einfach manchmal notwendig, zu beschreiben, was die Bühne und das Festival zu bieten haben. Wir haben ein Gesamtbühnenbudget und müssen oft stark haushalten. Hat aber immer irgendwie geklappt.
Marmann: Es werden gute Gagen gezahlt, aber eben keine typischen Festivalgagen – so ähnlich wie vorne auf der Hauptbühne kommen die Bands sehr gerne zu uns, auch wegen des hohen Nichtszene-Anteils. Viele wollen auch mal vor Normalos spielen, also Leuten, die normalerweise nicht zur entsprechenden Clubshow kommen würden. Das Coole ist: Die Leute vor unserer Bühne sind superoffen für fast alles – und die Bands merken das und schwärmen meist noch Jahre danach von ihrem Feldbühnen-Auftritt!

INKA: Neben dem Jubez habt ihr mit dem Karlsruher Popnetz, pop.bw, dem Landesmedienzentrum und dem Musikmobil Soundtruck als STJA-Facheinrichtung für Musik in der Kinder- und Jugendarbeit weitere Partner an Bord, die Programmpunkte zur Feldbühne beisteuern. Welchen Stellenwert genießt das für euch?
Werner: Beim Popnetz sind wir mit dem Jubez wichtiger Partner in der Förderstruktur für junge Acts und Bands und arbeiten z.B. stark mit dem Substage und weiteren Akteuren zusammen. Gerade für Locals sind die Popnetz-Formate wie das „New Bands Festival“ oder die lokalen Clubshows sehr wichtig und hier lernen wir auch die meisten Acts und Bands kennen. pop.bw ist der Landesdachverband für ganz Ba-Wü mit dem Ziel der Artistnachwuchsförderung. Hier arbeiten wir intensiv mit den anderen Regionalzentren zusammen, in denen gefördert wird, und sind auch auf der Vereinsebene sehr aktiv im Austausch. Dabei wird jährliche eine Nachwuchsempfehlungsliste für Ba-Wü herausgegeben, wovon uns dieses Jahr Levin Goes Lightly überzeugt hat. Mit dem LMZ sind wir seit ein paar Jahren in sehr guter Kooperation und froh, mit der Kampagne „Bitte was?!“ Jugendlichen die Chance für einen Auftritt auf der Feldbühne geben zu können. Die verbundene Message ist uns äußerst wichtig und wir sind auch immer von den jungen KünstlerInnen und Coaches überzeugt. Im vergangenen Jahr hat eine dieser Künstlerinnen für einen großen Medienhype gesorgt, nachdem sie spontan mit Lea auf der Hauptbühne gesungen hatte.

INKA: Für welchen neben den bereits genannten Feldbühnen-Acts würdet ihr eine Sonderempfehlung aussprechen?
Werner: Schlecht. Sensationeller junger Instrumental-Hip-Hop-Act aus
Karlsruhe. Alle unbedingt vorbeikommen!
Marmann: Schlecht. Der DJ der Band ist zwar nicht dabei – aber die sind mega!

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