Ian Anderson im INKA-Interview
Popkultur // Artikel vom 12.08.2009
Ohne Ian Anderson kein Jethro Tull.
Wie kaum ein anderer prägte der Schotte den Sound einer ganzen Generation und drückte der Band mit seinem Flötenspiel und Gesang einen unnachahmlichen Stempel auf.. Nach über 40 Jahren on tour geben Jethro Tull auch 2009 wieder live Gas – im Vorfeld der Show auf der Galopprennbahn in Iffezheim (Sa, 15.8., 20 Uhr) stand Ian Anderson INKA-Redakteurin Elisa Reznicek Rede und Antwort.
INKA: Seit über 40 Jahren stehen Jethro Tull nahezu ununterbrochen auf der Bühne. Macht das Touren noch Spaß oder ist das eher Pflicht als Kür?
Ian Anderson: Auf der Bühne zu stehen hat sogar immer schon am meisten Spaß gemacht. Man kommt viel rum. Das ist viel interessanter als im Studio zu arbeiten. Die sehen alle gleich aus.
INKA: Wie schaffen Sie es, die Live-Performance so energiegeladen und leidenschaftlich hinzubekommen?
Anderson: Indem ich es in der restlichen Zeit locker angehe. Man muss die Energie für die Momente aufheben, in denen es darauf ankommt
INKA: Bekommen Sie immer noch einen Adrenalinschub, wenn Sie die härteren Songs der Band spielen, zum Beispiel „Locomotive Breath“?
Anderson: Bei diesem Song eher einen intellektuellen. Er handelt von modernen Zeiten und dreht sich darum, wie sich die Welt kopfüber in Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum stürzt. Es geht um Globalisierung und darum, dass die meisten Menschen komplett unfähig sind zu erkennen, dass wir einen Gang runterschalten müssen. Unsere Essens-, Wasser- und Energieressourcen reichen eigentlich nur für rund drei Milliarden Menschen und wir sind drauf und dran, 2050 die Neun-Milliarden-Marke zu knacken.
INKA: Jethro Tull geben diesen Sommer etliche Konzerte in Deutschland. Wie ist die Songauswahl?
Anderson: Wir werden vor allem viel Gewicht auf das Album „Stand Up“ legen, was vor ziemlich genau 40 Jahren aufgenommen wurde (Anm.: veröffentlicht am 1. August 1969).
INKA: Können Sie sich noch immer mit den Songs, die Sie vor langer Zeit geschrieben haben, identifizieren?
Anderson: Mit den meisten. Ich versuche mich auf die zu konzentrieren, die heute noch relevant sind, darunter „Aqualung“ (Obdachlosigkeit), „Locomotive Breath“ (Bevölkerungswachstum), „Roots To Tensions“ (religiöse Spannungen), „Farm On The Freeway“, „Heavy Horses“ (Umweltbelange), „Skating Away“ (Klimawandel).
INKA: Wer hat Sie dazu inspiriert, Flöte zu lernen?
Anderson: Eric Clapton und Jimi Hendrix. Ich wusste einfach, dass ich nie so gut wie sie Gitarre spielen könnte.
INKA: Was wird die Zukunft Ihrer Meinung nach für Jethro Tull bringen?
Anderson: Es gibt wohl 2010 ein neues Studioalbum – und wir werden noch ein paar Jahre weitermachen, bevor wir in friedliche Vergessenheit geraten. Dann werde ich wahrscheinlich gärtnern. Golf spielen definitiv nicht.
INKA: Auf der Website der Band gibt es eine Liste mit Fragen, die Sie nie wieder gestellt bekommen möchten. Was war denn die schrägste Frage, die Sie jemals beantworten mussten?
Anderson: Ich wurde 1972 von der australischen Presse gefragt, ob wir alle schwul seien. Ich sagte, dass wir nicht sicher seien, da wir noch keine ernstzunehmenden Angebote gehabt hätten... Es ist jetzt wahrscheinlich zu spät dafür, da ich zu viele Falten und einen schlaffen Po habe und daher wahrscheinlich keinen anständigen Typen im meinem Alter mehr abbekommen würde. Aber ich bin etwas sauer, dass kein Mann Interesse an mir gezeigt hat, als ich jung und fit und gutaussehend war (lacht). Vielleicht habe ich ja auch einfach einen männlichen Geruch an mir, der mich auf Frauen aller Alterklassen unwiderstehlich wirken lässt.
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