Schlagersängerin Heidi Herzig im INKA-Interview

Popkultur // Artikel vom 18.05.2025

Heidi Herzig (Foto: Danica Schlosser)

Über das Spiel mit der Fiktion und Andreas Dorau.

INKA (Patrick Wurster): So ehrlich deine Musik auch ist, so wenig hast du 2019 darauf abgezielt, eine Schlagerkarriere hinzulegen. „Es ist eine Performance – und trotzdem glauben viele, dass ich Schlagerstar werde. Die Fiktion funktioniert gut“, hast du damals fürs „INKA Einzelhelden“-Porträt zu Protokoll gegeben. Und nach der „So wie du“-Ein-Konzert-Tournee mit sechsköpfiger Band auf der MS Karlsruhe deine Kunstfigur für neun Monate ins Kapuzinerkloster St. Franziskus nach Weiherfeld-Dammerstock geschickt – wo wiederum das Performanceprojekt „San Franziska“ der Medienkünstlerin Heidi Herzig entstanden ist. Die Überlappung zwischen Inszenierung und Realität, Ausgedachtem und Erlebtem zieht sich durch deine ganze Arbeit. Wie viel Ernst steckt in deinem Schlagerkunstprojekt?
Heidi Herzig: Grundsätzlich glaube ich nicht an das Konzept Karriere. Mir steckt da zu viel Enttäuschungspotenzial drin. Während du mit dieser Karriere beschäftigt bist, rauscht Wichtiges, Unwiederbringliches an dir vorbei. Meine künstlerische Arbeit ist mit meinem Leben verknüpft, sie ist ein Teil davon. Ohne dieses Leben gäbe es meine Arbeit auch nicht. Die Narration der Schlagersängerin Heidi Herzig muss natürlich weitergehen – und darum tauchte diese Figur zwischendurch einmal nicht auf der Bühne, sondern in einem ausgedachten autark lebenden Klosterorden auf.

INKA: Woher rührt deine Faszination für den Schlager und wie kam die Medienkünstlerin Heidi Herzig auf die Idee, sich ein musikalisches Alter Ego zu verpassen? An der herzigen Alliteration allein wird es ja nicht gelegen haben…
Herzig: Mitgenommen habe ich den Schlager aus langjährigen Tätigkeiten in der Industrie. Da ist ein Funke übergesprungen, vielleicht etwas Magisches. Mein Name wurde mir gegeben, denke ich mittlerweile. Und, dass er etwas transportiert. Das macht ja ein Medium aus, nicht wahr?

INKA: Du hast Germanistik und Angewandte Kulturwissenschaft am KIT sowie Medienkunst und Szenografie an der HfG studiert. Das Collagieren begreifst du als zentral für dein künstlerisches Arbeiten, Versatzstücke und Anleihen aus verschiedensten Kontexten werden zur Assemblage, erhalten in Kombination eine neue Bedeutung – inwieweit gilt das für deine Schlagermusik?
Herzig: Das ist ähnlich, zumindest was den Prozess anbelangt. Das Zeigen von Performances und objekthaften Arbeiten unterscheidet sich dann aber darin, dass die Performance mich braucht, meine objekthaften Arbeiten brauchen mich jedoch nicht – sie sind irgendwann fertiggestellt. Genauer betrachtet ist das Schlagerprojekt kein Projekt, denn es hat kein Ende.

INKA: Am So, 18.5. gestaltest du im Kohi das Vorprogramm von Pop-Exot Andreas Dorau. Als der 1981 seinen (von ihm ja nicht mehr sonderlich geliebten) NDW-Hit „Fred vom Jupiter“ hatte, warst du noch gar nicht geboren, bist aber erklärter Fan – was verbindest du und was verbindet dich mit ihm?
Herzig: Ich muss immer an Viva TV denken, wenn ich Andreas Dorau höre, wahrscheinlich sah ich ihn da zum ersten Mal. Auch wenn das schon ein Weilchen her ist: Die Doraus und die Marinas haben mich dann wieder auf ihn gebracht, die spiele ich sogar ab und an, wenn ich z.B. im Plattenladen bei Wani kommissioniere.

INKA: Wie bewertest du Doraus neues Konzeptalbum „Wien“, das der
österreichischen Hauptstadt gewidmet ist?
Herzig: Im Bewertungenabgeben bin ich ganz schlecht. Aber es erscheint mir irgendwie schlüssig, dass das Album dem Ort Wien gewidmet ist. „Wien ist ja nicht Österreich“, Zitat eines Ansässigen. Der Umgang mit deutschsprachigem Liedtext erscheint mir in Wien intuitiver und losgelassener zu sein als hier. Beim Hören der Stücke stelle ich mir die Begegnungen vor, die Dorau gehabt haben könnte; wie das sich dann zum Liedtext geformt hat und wie er selbst durch Wien lief und diese noch unfertigen Zeilen vor sich hinprobierte. Was mir besonders gefällt, ist der Einsatz der Hintergrundstimmen, darauf liegt momentan mein Fokus.

INKA: Vergangenen Oktober bist du wieder, wenn auch solo, als Schlagerqueen in Wanis Plattenladen Studio Eins aufgetreten – dürfen wir noch auf einen Besuch im „ZDF-Fernsehgarten“ hoffen, wenn das lange angekündigte zweite Album kommt – oder ist das wieder nur eine mediale Inszenierung, ein Spiel mit der Fiktion?
Herzig: Oh ja im „ZDF-Fernsehgarten“ – das wäre toll! Das lange angekündigte zweite Album ist noch im Geschehen, ich sage es mit den Worten von Rudi Carell: „Lass dich überraschen“!

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