Auf die Zukunft, fertig, los!

Stadtleben // Artikel vom 11.04.2013

Es ist vollendet.

„Ich werde ein Existenzgründer gewesen sein“ heißt es für die Mieter der ausrangierten Seefrachtcontainer, die mit der Eröffnung am 12.4. das Kreativgründerzentrum auf dem Alten Schlachthof beleben. INKA-Redakteur Patrick Wurster sprach mit Rauminterventionist Alexander Naumer (Maximalbutterauftrag), HipHop-Blog- und Musikproduzent Felix Ambrosch (Spit-TV.de) und App-Entwickler Manfred Manik Nerurkar (MADE) über ihr neues Arbeitsumfeld.

INKA: Was sagt Maximalbutterauftrag aus Architektensicht zum Raum-in-Raum-Containerkonzept von Perfekt Futur?
Alexander Naumer: Der Begriff des Containers ist eigentlich eher negativ belegt. Man denke etwa an den Müllcontainer. Den Zusatz Containerstadt assoziiert man dagegen unmittelbar mit einem Hilfsprojekt – günstig, zweckdienlich und im Fall von Perfekt Futur außerdem noch ziemlich ästhetisch.

INKA: Ihr seid von „Meet The Maker“ und „FKK Frischfleisch“ über die „Lametta“ bis zu Golden Gate und Goldscheinbar hauptsächlich auf dem Schlachthof-Gelände in Erscheinung getreten. Da kommt die Butter quasi zum Brot.
Naumer: Bis dato war Maximalbutterauftrag mit einer mobilen Werkstatt aus einem Sammelsurium von Bohrmaschinen und Stichsägen unterwegs. Jetzt haben wir eine Zentrale, in der Ideen generiert und umgesetzt werden können. Wir wollen uns hier wie in den vergangenen zwei Jahren mit Rauminterventionen einen Namen machen, verleihen Veranstaltungen Geschmack und entwickeln dazu Objekte. Das können Möbel sein, Lampen oder Kreationen wie unsere Kartonwand, die schon an verschiedenen Orten zu bewundern war. Und diese Produkte werden im Anschluss vertrieben. Von den Einkaufswagenstühlen der zweiten „FKK“-Ausstellung präsentieren wir beispielsweise lederüberzogene Varianten vom 7. bis 9.6. auf der Kunst- und Designmesse „Eunique“. Auch die Riesensitzsäcke aus der Goldscheinbar sind sehr gefragt.

INKA: Eine Szenenmarke mit bundesweitem Bekanntheitsgrad ist Spit-TV.de. Wie kam das erste deutsche HipHop-Blog-Magazin nach Karlsruhe?
Felix Ambrosch: Von 2007 an habe ich mein Weblog Spit-TV auf Hiphop.de betrieben – und konnte mir innerhalb von fünf Jahren einen Stellenwert erarbeiten, der es ermöglicht hat, auf eigenen Beinen zu stehen und die Exklusivinhalte wie Video-Interviews und Video-News auszubauen. 5.000 Unique User am Tag sprechen für eine große Leserakzeptanz. Aber auch von Künstler- und Management-Seite erfährt Spit-TV.de viel Anerkennung und ist so zu einer der relevantesten HipHop/Urban-Plattformen in Deutschland geworden.

INKA: Neben der redaktionellen Tätigkeit wirst du auch als Musikproduzent und Medienberater tätig sein.
Ambrosch: Ich war früher unter dem Künstlernamen Riff selbst als Artist aktiv, habe seit zehn Jahren mein eigenes Studio in Karlsruhe. Dort sind Produktionen für die Chimperator-Künstler Plan B und Maeckes, Fard oder Prinz Pi entstanden, aber auch für das Debüt von Casper. Im Perfekt Futur kann ich meine Erfahrung als Redakteur und Musikschaffender, den Blick von außen und innen zusammenführen. Ich berate Künstler, wie sie sich und ihr Produkt am besten vermarkten, biete außerdem Musik- und Videoproduktion an. Zum Dritten arbeite ich als Diplom-Technikredakteur für Privatpersonen, Vereine und Unternehmen.

INKA: Drahtwerk kennen Spielernaturen von Games wie „Airbag Frank“. Mit der Umfirmierung zur MADE GmbH (Mobile Applications And Digitial Entertainment) beginnt nun ein neuer Abschnitt in der Unternehmensgeschichte, die eigentlich ganz anders angefangen hat.
Manfred Manik Nerurkar: Als Unternehmensberatung für Mobile- und Web-Entwicklungen mit Kunden aus dem Banken- und Finanzsektor von Frankfurt bis London. Die Finanzkrise hat mir gezeigt, dass ich konsumentenorientierter arbeiten muss, eigene Produkte entwerfen – sprich: Games für iPhone, iPad, Mac und Android, Spieluniversen, deren Geschichten sich weiterspinnen lassen. Das kann nach dem mustergültigen Beispiel „Angry Birds“ bis hin zur Plüschtierproduktion gehen. Wir programmieren aber auch Applikationen wie Twitflicks.com, unseren autarken Movie-Ranking-Generator, der Twitter abgrast und mit seinem lexikografischen Parser – also einem Algorithmus, der Sprachfragmente deuten kann – aus den einzelnen Tweets die Meinungsäußerung herausliest. Das erzeugt webweit betrachtet repräsentative Ergebnisse, die von Einzelwahrnehmungen oftmals stark abweichen. Das System kann natürlich ebenso gut von Konzernen benutzt werden, um zu erfahren, wie ein neues Produkt auf dem Markt ankommt.

INKA: Welche Synergien versprichst du dir als App-Entwickler von der kreativen Gemeinschaft?
Nerurkar: Wenn 80 Prozent der Projektarbeit erledigt sind, geht es ans Feinjustieren. Mit diesem Polishing ist die Zeit des Pareto-Prinzips gekommen. Nach drei Monaten Coding-Marathon fällt es schon mal schwer, Begeisterung und Moral aufrechtzuerhalten. Und hier können mir die neuen Kollegen mit ihrem Feedback wertvolle Hilfestellung auf dem langwierigen Weg zum Release leisten.
Ambrosch: Rückmeldung ist wichtig – egal, ob du eine App machst oder Musik. Sobald künstlerisches Werken ins Spiel kommt, lässt sich ein Projekt nicht mehr von A nach Z durcharbeiten, weil Kreativität immer auch mit Motivation und Inspiration zu tun hat. Und deshalb ist es ein großer Unterschied, im Umfeld von Künstlern und Kreativen zu arbeiten oder im eher informatiklastigen Technologiepark.

INKA: Ist das der Grund, weshalb ihr euch für Perfekt Futur entschieden habt und nicht für den losen Zusammenschluss im Altbaubüro?
Naumer: Wir finden hier eine funktionierende technische Infrastruktur vor, dazu kommt natürlich noch der unschlagbare Vorzug der Vernetzung. Aus diesem heterogenen Netzwerk heraus kann man im Schneeballsystem mit den anderen Nutzern ziemlich viel erreichen.
Nerurkar: In der IT-Branche wird ja gerne nach Silicon-Valley-Vorbild genetworkt. Ich bin da mittlerweile desillusioniert – außer Visionen nichts gewesen. Aber die Mieter von Perfekt Futur sind allesamt echte Macher!
Ambrosch: In einem solchen Kreativzentrum fällt es sehr viel leichter, Synergien zu nutzen. Und aus diesem Pool an Gleichgesinnten und Möglichkeiten entsteht ein Spirit, den ich als äußerst stimulierend empfinde.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 7 und 5.

WEITERE STADTLEBEN-ARTIKEL