Flop Five städtischer Planung & Investitionen
Stadtleben // Artikel vom 06.10.2021
Trotz gewaltiger Herausforderungen beim Klimawandel und nötiger Anpassungen beim Umbau der Innenstadt und den Folgen der Corona-Pandemie hat sich die Stadtverwaltung bei der bevorstehenden Haushaltsplanung größte Zurückhaltung und eine eiserne Sparpolitik auferlegt.
Das Minus im Haushalt ist auch auf Großprojekte der Vergangenheit mit der Kombilösung an der Spitze zurückzuführen. Die INKA-Redaktion rankt die jüngsten Flop Five städtischer Planung und ausbleibender Investitionen.
(1) Dauerbrenner: Verschobene Sanierung des Prinz-Max-Palais
Seit Jahren verschwindet das Prinz-Max-Palais immer wieder von der Investitionsliste der städtischen Haushaltsplanung. Trotz einer weiteren Machbarkeitsstudie und der übergreifenden Einigkeit über die Dringlichkeit der Sanierung innerhalb der Verwaltung werden die notwendigen Gelder nicht freigegeben. Die Innenstadt steht vor gewaltigen Umbrüchen und der über Jahrzehnte dominante Einzelhandel beginnt wegzubrechen. Ein breites kulturelles Angebot im Prinz-Max-Palais könnte helfen, das Leben in der Innenstadt zu halten. Die Ideen und Konzepte liegen auf dem Tisch. Doch wenn aufgrund der baulichen Substanz beispielsweise Menschen mit Rollstuhl die Treppen hochgetragen werden müssen und geeignete Veranstaltungsräume fehlen, vertut die Stadt eine Chance, die Verödung der Innenstadt aufzuhalten.
(2) Unzumutbarer Busbahnhof
„Wir brauchen einen modernen Busbahnhof. Denn was sich am derzeitigen Standort abspielt, ist für alle Beteiligten eine Zumutung“, sagte der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup im Jahr 2014. Doch passiert ist seither zumindest für die Passagiere am Busbahnhof wenig. Eine barrierefreie Automatiktoilette sei aufgestellt worden, beschreibt die Stadtverwaltung die Veränderungen seither. Während rundherum Bürotürme und Hotelkomplexe wachsen, drängen sich im Zentrum des Areals weiter Fernbusse um schwer bepackte, dicht an dicht stehende Fahrgäste auf dem Provisorium hinter dem Hauptbahnhof herum. Ein neues Grundstück für ein Fernbusterminal gibt es schon lange, doch die Priorität städtischer Entwicklung liegt auf der Ansiedlung weiterer Hotels und Büros. Menschen, die auf preisgünstige Mobilität angewiesen sind, gehören wohl nicht zu Kernzielgruppen innerhalb der wahlberechtigten Bevölkerung der tonangebenden Parteien.
(3) Betonwüste Marktplatz
Die U-Strab sollte für die Zukunft der Innenstadt stehen. Doch am Marktplatz sorgten ihre unterirdischen Leitungen und Bauten dafür, dass der zentrale Platz wie ein Relikt aus längst vergangenen Jahrzehnten umgestaltet wurde. Statt in der zentralen Zukunftsfrage mit Bäumen, Schatten und entsiegelten Flächen Vorbild für eine klimagerechte und -angepasste Stadt steht der Marktplatz sinnbildlich für städtebauliche Konzepte von gestern. Wenn falsche Ideen der Vergangenheit umgesetzt werden, helfen alle städtischen Investitionen nichts, die im Fall des Marktplatzes zumindest kreativ teilweise aus dem Topf bestritten wurden, die zur Sanierung der immer noch darbenden Innenstadt-Ost vorgesehen waren.
(4) Bürgerbeteiligung als Show-Veranstaltung
Kaum eine städtebauliche Veränderung kommt noch ohne eine Beteiligung der Bevölkerung aus. An sich ist das sehr begrüßenswert, doch allzu oft gerät die Bürgerbeteiligung zu einer für alle Seiten ungeliebten Farce. PlanerInnen verteidigen ihre längst im stillen Kämmerlein beschlossenen Konzepte, die Veränderungen aus finanziellen, baulichen oder anderen Gründen gar nicht mehr zulassen würden. Alternativlos eben. Trotzdem versuchen selbst städtische Gesellschaften alles, um Mitsprache und Beteiligung bei Bauprojekten zu verhindern. Allzu viel befürchten hätten sie indes nicht. Die Wünsche des Bürgerbeteiligungsprozesses hinter dem Hauptbahnhof nach mehr kulturellen Räumen wurden längst von anderen, weil kurzfristig lukrativeren Bürokomplexen unmöglich gemacht und fristen ihr Dasein in geduldigen Aktenordnern. Kreative und beteiligungsorientierte Ideen zur Entwicklung der Innenstadt-Ost um den Kronenplatz fanden mangels städtischer Zuständigkeiten und finanzieller Mittel nie den Weg aus dem Bürgerbeteiligungsprozess hinaus. Bürgerbeteiligung als reine Fassade schadet der Demokratie und ihrer Glaubwürdigkeit mehr als sie nutzt.
(5) Fahrradstadt ohne Wege
Für die Mobilität in der Stadt gilt das Fahrrad als wichtigstes Verkehrsmittel der Zukunft. Doch es fehlt an schnellen und sicheren Wegen, in einer noch immer von Autostraßen dominierten Stadt. Selbst auf Fahrradstraßen wie der Sophienstraße wartet von rechts stets die Gefahr eines heranrauschenden Autos. Für den Vorrang und die Sicherheit des Radverkehrs wird seit Jahren eine durchgehende Vorfahrt für die Fahrradstraße gefordert. Passiert ist nichts und das so vergleichsweise einfache Projekt wurde jüngst wieder auf Jahre hinaus verschoben. Auch die sinnvolle Planung eines Radschnellwegs zwischen Karlsruhe und Ettlingen verzögert sich erneut. Die nötige Mobilitätswende wird ohne ein planerisches Gesamtkonzept leider ausgebremst.
Was ärgert Sie und Euch derzeit in der Stadt? Welche Veränderung ist überfällig, welches Projekt ist ein dauerndes Ärgernis oder was wird in der Planung vergessen? Gerne greifen wir das Thema in der INKA-Redaktion auf und haken nach. Wir freuen uns über Nachrichten an themen@inka-magazin.de. -fk
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