Gewerbesteuer, Kargida & die „Druckschrift“

Stadtleben // Artikel vom 14.04.2015

Diskurs tut not in dieser diskursfernen Stadt.

Man beachte nur mal die „Diskussion“ um die nun vollzogene Gewerbesteuererhöhung: Nicht mal die klassische Nomenklatura ist zu einem Aufschrei fähig, dabei weiß die ganze Stadt: Den Umbau und die bereits jetzt surrealen Folgekosten von bis zu 30 Millionen Euro finanzieren nun die Gewerbesteuerzahler extraordinär mit, damit die Nichtgewerbesteuerzahler, Ultra-Steuervermeider und Arbeitsplatzvernichter wie Primark, Ikea und andere Ketten hier eine polierte Investitionsfläche finden. In den gesamten U-Strab-Kosten tauchen abgesehen davon die mit Sicherheit drastischen Gewerbesteuerrückgänge in der City gar nicht auf.

Zur Info: Ikea zahlt keine Gewerbesteuer, GmbHs schon, bei GbRs wird sie teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet. Keine Gewerbesteuer zahlen z.B. auch Ärzte oder Rechtsanwälte. Dafür – wieder zum Diskurs zurück – hielt der OB eine offenbar vielbeachtete Rede bei der IHK. Ein Punkt dabei war laut BNN-Cover das Thema, dass die Region Karlsruhe eine ähnlich hohe Wertschöpfung wie die Metropolregion Rhein-Neckar habe, aber Letztere ein x-Faches für ihre Außendarstellung ausgebe. Leider wurde der Artikel nicht wie angegeben im Wirtschaftsteil der Monopolzeitung weitergeführt; dort war einer der üblichen salbungsvollen Honoratioren-Texte abgedruckt. Dabei wäre das ja ein spannendes Thema: Stadtmarketing und City Initiative greifen z.B. mit einem Dumping-Produkt die privat erstellten Einkaufsführer der Stadt an – auch „Einzelhelden“. Mit Preisen unter Einkauf. Ein bizarres Unding... INKA ist auch ein Gewerbesteuerzahler, der z.B. INKA Regio quersubventioniert. Dieses dient der Außendarstellung der Kultur- und Einkaufsstadt und ist das einzige Printprodukt, das die Region von Bad Bergzabern bis Pforzheim, von Baden-Baden bis Heidelberg, von Schömberg bis Germersheim vernetzt. Fazit: Die Stadt bekämpft also mit ihren Töchtern City Initiative, Stadtmarketing und Kasig diejenigen, die aktiv daran arbeiten, dem katastrophalen Besucherrückgang aus der Region (30 Prozent!) etwas entgegenzusetzen.

Dazu passend leistet sich die Stadt auch noch einen dienstäglichen Kargida-Paraden-Terror um den Stephanplatz: Zu den Millionenausgaben für 850 Polizisten, die zuletzt 80 Dumpfbacken und 200 Gegendemonstranten begleiteten, kommen in der Stadt bei Händlern wie Gastronomen existenzgefährdende Einbußen – manche sagen, es fehle ein kompletter Umsatztag pro Woche. Müssen regelmäßige Demos zwingend von Paradeaufmärschen begleitet werden? Nein, jedenfalls urteilt die Justiz in anderen Bundesländern anders. Mit Geschichten wie der Website Demosanitäter.de haben sich die Linken selbst ins Bein geschossen. Das ändert nix daran, dass auch die Allgemeinheit eines gewissen Schutzes bedarf. Nun war der OB erneut vor Ort. Hoffen wir, dass er eine Lösung findet.

Diskurs für wichtig hält auch die „Druckschrift“, eine neue Karlsruher Publikation, die sich nach der ersten Ausgabe nun als richtige Zeitung präsentiert. Herausgeber ist „Recht auf Stadt – Verein für solidarisches Leben“, und die Herausgeber möchten „das Summen und Brummen dieser Stadt in Texte übersetzen“. Themen der Ausgabe Nr. 2 sind u.a. zehn Jahre Hartz IV, die Flüchtlingsproblematik mit Reportagen zur Lage in KA und zu Migranten aus Griechenland und dem Baskenland sowie dem „Refugee Radio“ beim Querfunk; Bettina Lisbach schreibt über die Folgekosten der U-Strab (statt 18 sollen es nun bis zu 30 Millionen jährlich werden) und Florian Kaufmann streift informiert durchs Thema „Freiräume in Karlsruhe“ mit Bezügen von der Halle 14 über den Verein „Die Anstoß“ bis zum Kulturkonzept 2025 der Stadt. Sowohl die Zeitung als auch der Verein sollen eine partizipative Plattform sein – Gelegenheit zum Kennenlernen bietet sich am Mi, 15.4. um 19.30 Uhr im Kohi. -rw

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