Heimat, KSC, Lüpertz & Identität

Stadtleben // Artikel vom 11.05.2017

Kunst am Bau ist eine schöne Sache – auch unter der Erde.

Und wenn sie Strahlkraft hat erst recht. Warum aber sickert ausgerechnet unmittelbar vor Eröffnung der ZKM-Ausstellung „Markus Lüpertz. Kunst, die im Wege steht“ durch, dass der Malerfürst zusammen mit Ex-Majolika-Chef Anton Goll an den sieben U-Strab-Haltestellen einen Zyklus mit 14 Keramikreliefs plant? Irgendwie typisch: Endlich mal wieder eine große „klassische“ Ausstellung in der Stadt, da macht man gleich aus einer großen Sache deren zwei und vergibt die Möglichkeit, zu einem anderen Zeitpunkt erneut ein neues überregional interessantes mediales Thema präsentieren zu können. Immerhin wird das Projekt aus privater Sponsorenhand finanziert, rund die Hälfte der veranschlagten Million sollen schon zusammen sein. Eine coole Idee von Anton Goll, der seinem nach wie vor schwer angeschlagenen ehemaligen Arbeitgeber Majolika mit der Lüpertz-Undergroundkeramik einen wichtigen Auftrag zuspielt. Finden wir toll.

Aber was will uns eigentlich der Künstler sagen? Dass Lüpertz für sein Projekt „Die sieben Tage des Herrn“ biblische Schöpfungsgeschichte bemüht, erscheint angesichts der gefühlt endlosen Kombi-Lösungs-Genesis nicht ganz frei von Ironie. Aber bei einer derartigen Großzügigkeit haben offenbar selbst die Stadtväter mal Humor. Schönerweise erfordert die Haltestellenkunst im Gegensatz zum ebenso wie die KIT-Erweiterung mit der Klaus Tschira Stifung ohne (Architektur-)Wettbewerb über die Rathaushinterzimmerbühne gegangene 20-Millionen-„Filetstück“-Deal mit Ralph Dommermuths United Internet keiner öffentlichen Ausschreibung. Letzteres ist durchaus ein Riesenprojekt, das nicht nur Büros auf 48.000 Quadratmetern und damit 1.500 IT-Arbeitsplätze, sondern auch Wohnungen umfasst: Im zweiten Bauabschnitt ist ein 50-Meter-Hochhaus auf 8.000 Quadratmetern Fläche geplant – diesmal mit vorgeschaltetem Architekturwettbewerb. Manch einer wäre vielleicht trotzdem gerne gefragt worden. Da hilft es wenig, wenn selbst der OB einräumt, dass man eigene Regeln bricht.

Eine Wende zum Besseren nimmt die mit der Umwandlung in eine GmbH einhergehende Neujustierung der TechnologieRegion. Auf seiner letzten Sitzung haben sich die Mitglieder des „Arbeitskreises der TechnologieRegion Karlsruhe“ Ende März als „Forum KulturRegion Karlsruhe“ unter dem Dach des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein in Baden-Baden neu gegründet. Warum die Kulturarbeit der „Unendlich Region“ dabei völlig ausgeklammert wurde, erschließt sich uns nach wie vor nicht. Denn damit wurden auch ihre langjährigen Kulturgremien – die Kulturkonferenz und der Arbeitskreis Kultur – abgekoppelt, die rund 25 Jahre nachhaltige regionale Kulturarbeit betrieben haben. Unter dem Vorsitz von Dr. Robert Determann (Ettlingen) und Heidrun Haendle (Gaggenau) wirken in diesem Kreis die Kulturreferate der Städte und Landkreise zusammen; in das „Forum Kultur Region Karlsruhe“ sollen anlass- und projektbezogen weitere Akteure des regionalen Kulturlebens einbezogen werden, Geschäftsführer sind Gerd Hager und Volkmar Baumgärtner vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein (RVMO), politische Vorstände Landrat Schnaudigel und die Oberbürgermeisterin von Baden-Baden, Margret Mergen.

Apropos und apropos unten: Während der KSC gegen Lautern endgültig in die dritte Liga stolpert, duckt sich sein Präsident im Vip-Bereich weg. Aber gesagt hat Ingo Wellenreuther in den letzten Wochen eigentlich ohnehin schon viel zu viel. Man denke nur an das üble Nachtreten und die unwürdigen „Er war’s“-Schuldzuweisungen gegen den geschassten Sportdirektor Todt. Das von der Jugend bis zur (seit Saisonbeginn quasi nicht mehr vorhandenen Abwehr) der ersten Mannschaft reichende systematische Ausbluten mit der logischen Konsequenz des verdienten Abstiegs könnte man fast schon als vorsätzlich betrachten – mit Peitz, Mauersberger und Gordon verließen trotz des Abgangs von Gulde gleich drei gute Abwehrspieler ohne Not den Verein.

Um ein paar Euro Monatsgehälter zu sparen wie im Fall Mauersberger? Um die Bürgschaftsverpflichtungen gegenüber Vize Pilarsky zu erfüllen? Der Edelmetallhändler erpresst derweil ganz unverhohlen mit der Drohung, eben nicht mehr zu bürgen (mehr tut er offenbar eh nicht), sollte Spezi Ingo als erster Mann im Club abgelöst werden. Dessen größtes Verdienst würdigt „Spiegel Online“ übrigens damit, den allein durch Peinlichkeiten in Erinnerung gebliebenen Übergangspräsi Paul Metzger im Amt beerbt zu haben. Lassen wir mal so stehen.

Fakt ist: Dass der KSC seit Jahren visionslos vor sich hindümpelt und drauf und dran ist, seine Identität zu verlieren, muss man zuvorderst Ingo Wellenreuther ankreiden. Dass dieser jedwede Verantwortung von sich weist, ist einfach nur komplett Panne! Selbst in den Sky-Übertragungen bekommt er sein Fett weg, und neben „Spon“ widmet der „Kicker“ in seiner Ausgabe vom 2.5. unter der Headline „Die Wunde vom Wildpark“ seinem KSC-Abgesang vier Sonderseiten. Da will die Marketing-Abteilung offensichtlich nicht hintenanstehen und verkauft u.a. auf Facebook ernsthaft stolz wie Harry „Gerade jetzt!“, zwei Tage vor dem mehr als nur wahrscheinlich besiegelten Abstieg gegen den FCK, die Verlängerung der Werbepartnerschaft mit der Trauerhilfe Stier als – Zitat: „Zeichen für die Zukunft!“. „Postillon“-würdig!

Die Frage ist daher: Kann ein Traditionsverein wie der KSC dabei zusehen, wie der eigene Präsident ihn in Richtung Regionalliga „managt“? Kann man Wellenreuther den Stadionneubau anvertrauen? Das Beispiel Aachen ist nur eines. Immerhin kostete das dortige Stadion nicht mal halb so viel wie das im Wildpark geplante. Und so ist folgerichtig vom kollektiven Alterieren und der Bambule nach dem 2012er Abstieg gegen den Jahn nur noch emotionsloses Abwinken geblieben. Die drei geilsten Buchstaben im deutschen – ach geh mer fort! -pat/rw

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