Immer mehr Homeoffice, immer mehr Büros?
Stadtleben // Artikel vom 05.07.2021
Es scheint paradox.
von Florian Kaufmann
Während die meisten MitarbeiterInnen im Homeoffice sind, werden an vielen Ecken der Stadt neue Bürogebäude errichtet. An der Ludwig-Erhardt-Allee reiht sich schon Bürohaus an Bürohaus, hinter dem Hauptbahnhof wuchsen und wachsen in Windeseile Bürotürme in die Höhe und allein die Firma GEM kündigte an, ab 2022 in Mühlburg und Durlach etwa 100.000 Quadratmeter Büroflächen schaffen und renovieren zu wollen. „Mit dem zweiten Lockdown ist der Markt gerade bei großen Flächen tot“, sagt Marco Ziegler, der bei der Maklerfirma Kunz-Schulze Büroflächen in Karlsruhe vermarktet. Bereits im Frühjahr 2020 sei der Büromarkt in eine „Schockstarre“ gefallen, die sich erst im Spätsommer 2020 etwas gelöst hätte. „Alle haben so getan, als ob es kein Corona mehr gäbe – auch die Firmen“, sagt Ziegler. „Eine große Verunsicherung auf dem Markt“, bemerkte auch die Leiterin der der Büroflächenvermietung bei Engel und Völkers, Frederik Botzke. „Die Firmen sind unsicher, weil sie nicht wissen, was sie zukünftig brauchen“, sagt Ziegler.
Intensiv diskutiert wird, wie nachhaltig der von Corona beschleunigte Trend zu Homeoffice und mobilem Arbeiten wirkt. „Wir haben Mitte März 2020 deutschlandweit quasi über Nacht mehr als 10.000 Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt“, sagt eine Sprecherin der EnBW. Seitdem arbeite „quasi jeder“ der etwa 15.000 Mitarbeiter, dessen Tätigkeit es erlaube, aus dem Homeoffice. Ähnlich sieht es in anderen Großunternehmen aus. In der BB-Bank sei derzeit 50 Prozent der Belegschaft im Homeoffice, bei United Internet etwa 75 Prozent und bei Fiducia sogar 85 Prozent aller Mitarbeiter, hieß es auf INKA-Anfrage. „Mobiles Arbeiten wird zu einem dauerhaften Trend werden“, legt sich die Stadtforscherin Susanne Heeg fest, „aber die Frage ist, wie groß er wird“. Mit Kindern oder in beengten Wohnverhältnissen steige der Stress im Homeoffice. Insofern sei anzunehmen, dass nicht alle im Homeoffice arbeiten wollten oder es manchen nicht zugestanden werde.
„Wir haben uns bereits vor der Ausbreitung des Corona-Virus dazu entschieden, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren Mitarbeitern ermöglichen, sich orts- und zeitunabhängig einzubringen“, sagt Christian Harms, Geschäftsführer von dm. Schon früh hätte man die notwendige digitale Infrastruktur aufgebaut, um auch im „Normalbetrieb“ mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Auch der Vorstand von Fiducia, Jög Staff, ist überzeugt, dass „wir zukünftig grundsätzlich hybrid arbeiten werden“, also je nach Arbeitssituation mal mobil, mal im Büro. Auch die Mitarbeiter von United Internet haben „grundsätzlich die Möglichkeit, regelmäßig mobil zu arbeiten“. Von einer Rückkehr der Angestellten aus dem Homeoffice gehen wir fest aus, denken aber, dass sicher 20 bis 30 Prozent das Angebot des Homeoffice in Zukunft mehr nutzen werden“, sagt der Makler Botzke. Er meint, dass sich die Nachfrage nach Büros wieder erholen werde. Nach einer Erhebung 2020 gab es in Karlsruhe einen seit Jahren wachsenden Bestand von 2,5 Millionen qm Bürofläche. Laut Stadtverwaltung waren Ende 2019 weitere 131.130 Quadratmeter für Büro- und Verwaltungsflächen genehmigt, aber noch nicht fertiggestellt. Der Büromarkt sei mit einer Leerstandsquote von drei Prozent „gesund und ausdifferenziert“. Die DZ-Bank kommt in ihrer Analyse für 2020 auf eine Leerstandsquote von knapp vier Prozent und geht für dieses Jahr von einer weiteren Erhöhung aus, da der „Flächenneuzugang ein erhöhtes Niveau aufweist“. Zudem werde die „Corona-Krise und Homeoffice die Nachfrage bremsen“. Es sei „bisher am Markt nicht belegbar, dass aufgrund des höheren Anteils an Homeoffice die Flächennachfrage signifikant zurückgeht“, heißt es dagegen von der Stadtverwaltung.
Auch Ziegler ist überzeugt, dass es „klassische Büroflächen weiter geben wird“. Aktuell nehme er aber verstärkt private Anbieter wahr, die Teile ihrer Büroflächen abgeben und ihre Fläche reduzieren wollten. Bei dm habe man sich bewusst dafür entschieden, dass Schreibtische nicht mehr von nur einer Person dauerhaft genutzt würden, sondern ein „Desksharing“ eingeführt, sagt Harms. Einen verstärkten Bedarf an Räumen für Gruppenarbeit oder Netzwerken erwartet auch die EnBW. Langfristig führe die Entwicklung dazu, dass der Flächenbedarf an Büroräumen bei der BB-Bank sinke, so eine Unternehmenssprecherin. Einen sinkenden Flächenbedarf einzelner Unternehmen erwartet auch Heeg. Durch gemeinsam genutzte Flächen mehrerer Unternehmen in „shared offices“ könne der Büroflächenbedarf „aber in der Summe gleich“ bleiben.
Trotz der großen Zahl an Baustellen für neue Bürogebäude in der Stadt nahm Botzke auch auf Seite der Eigentümer eine gestiegene Unsicherheit wahr. „Teilweise wurde sogar ein Investitionsstopp verhängt und Mietverhandlungen sowie Projektierungen vorerst auf Eis gelegt“, sagt die Maklerin. Ein Immobilienentwickler, der in den vergangenen Jahren zahlreiche Gewerbeimmobilien in der Stadt gebaut hat, beklagt entsprechend eine fehlende „Planungssicherheit, was die Zukunft von Büroimmobilien angeht“. „Wir glauben an die Stabilität des Karlsruher Büromarktes“, sagt dagegen Martin Scheibner von Dreßler Bau, die derzeit ein Bürogebäude im Karlsruher Osten errichten. „Bürobauten sind auch Spekulationsobjekte“, sagt Heeg, die eine wachsende Konkurrenz zwischen Büro- und Wohnflächen sieht. „Das absurde ist, dass Wohnflächen derzeit eine höhere Rendite bringen.“ Eine Umnutzung der Bürogebäude in Wohnraum hält die Stadtverwaltung „ungeachtet eines möglichen Anstiegs der Leerstandsquote“ aber derweil für „nicht sinnvoll“.
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