„Den verloren wirkenden Kronenplatz auf die Landkarte der KarlsruherInnen zurückbringen.“
Das versucht der Verein Die Anstoß – mit einem eigenen Projektraum und vielen Aktionen seit Jahren. Auf dem „Herzstück der Innenstadt-Ost“ seien die Auswirkungen der „monokulturell kommerziellen Nutzung der Innenstadt“ besonders spürbar. Mit dem mehrtägigen Festival „Innenstadt l’oßt“ will der Verein den verlorenen Platz für „Partizipation und Teilhabe, Nachbarschaftlichkeit und Kultur, Wissensaustausch und Leidenschaft“ beleben. Eigentlich war die Idee viel langfristiger und größer gedacht, berichtet Christian Hennig von Die Anstoß. Seit 2018 beteilige sich der Verein an den Beteiligungsworkshops zur Entwicklung des Sanierungsgebiets Innenstadt-Ost. „Das ist sehr zäh, aber immerhin war es öffentlich und alle Akteure des Kronenplatzes wurden einbezogen.“ Auch von Seiten der Stadtverwaltung sei dabei der Wunsch geäußert worden, dass junge Initiativen den schlecht frequentierten Platz zumindest temporär bespielen. „Wir hatten ein Konzept, den Platz zwei bis vier Jahre lang zu beleben, bis die Stadtbibliothek kommen sollte und fast 30 Initiativen gewonnen, die das unterstützt und sich beteiligt hätten.“ Im „Projekt Krone“ sollte der Kronenplatz zum Quartiersplatz zum „Aufenthalt, Vernetzen und Experimentieren“ werden, der als Kulturraum Disziplinen zusammenführt und die Vielfalt der Stadt zeigt.
Durch Beteiligung und Teilhabe sollte der Platz zum zentralen „Diskussionsrahmen für die Entwicklung der Karlsruher Stadtentwicklungs- und Kulturpolitik“ werden. Die Stadtverwaltung sah in dem Konzept „großes Potenzial, einen wesentlichen Beitrag für den Erfolg der Sanierung im Gebiet Innenstadt Ost, für die kulturelle Belebung der Innenstadt und ein gutes Überwinden der Corona-Zeit zu leisten“. Allein es fehle an Geld. Die von Die Anstoß veranschlagten Kosten von 200.000 Euro pro Jahr für eine räumliche Umgestaltung des Platzes, 50 Veranstaltungen und die Koordination der Initiativen seien „verhältnismäßig hoch“. Für das Projekt angemessen sei ein Zuschuss von jährlich 50.000 Euro. Doch auch diese Summe sei nicht finanzierbar, so die Stadtverwaltung. „Die Stadt verlässt sich bei der Belebung des Kronenplatzes allein auf ehrenamtliches Engagement“, ärgert sich Hennig. Zwar seien im Beteiligungsprozess zahlreiche Behörden involviert, doch es fehle an Gestaltungsmöglichkeiten für zivilgesellschaftliche Initiativen.
„Es fehlt ein konkreter Ansprechpartner für uns, gerade einer, der auch Budget gehabt und das Potenzial für eine partizipative und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung an dieser Stelle erkannt hätte“. Insgesamt stünden für das Sanierungsverfahren 100 Millionen Euro zur Verfügung, das meiste Geld gehe aber an Hauseigentümer. Auch für die Neugestaltung des Marktplatzes sei das Budget genutzt worden. Für temporäre Maßnahmen gäbe es dagegen kein Budget. Das zuständige Stadtplanungsamt beantwortete Fragen von INKA dazu und zu Perspektiven des Kronenplatzes über zwei Monate nicht. Dabei sind Ideen gegen die langfristige Verödung des Kronenplatzes gerade jetzt umso notwendiger, nachdem die Ansiedlung der Stadtbibliothek wohl keine Option mehr darstellt. „Die Ziele, die im über zwei Jahre andauernden Beteiligungsprozess der Stadt Karlsruhe ausgearbeitet wurden, um den Kronenplatz durch die Beteiligung der Zivilgesellschaft des Stadtteils zu beleben, können nicht alleine durch eine von der KIT Triangel finanzierten Bühne und bunte Sitzmöbel erreicht werden“, ist Hennig überzeugt und hofft zumindest mit dem Festival einen ersten Anstoß geben zu können. -fk
Das Programm
Menschenleere Innenstädte gibt es nicht erst seit der Ausgangssperre. Die vollkommene Opferung der Stadtzentren an den Kommerz kann kein Dauerzustand sein, findet Die Anstoß und möchte Alternativen zu Monokultur und Verödung aufzeigen: Teilhabe, Nachbarschaftlichkeit, Wissensaustausch und Kultur machen eine lebenswerte Innenstadt aus. Wie dies gehen kann, zeigt der Verein, wenn er an einem ausgedehnten Wochenende den Kronenplatz kulturell belebt. Zum Einstieg geht’s am Do, 29.7. in medias res mit einem Talk zum Thema „Stadtgestalten“, bei dem Gäste aus Theorie und Praxis mit den Karlsruher BürgerInnen diskutieren (17 Uhr). Danach spielt die Frankfurter Combo Les Trucs (19 Uhr), die sich via Sound mit urbanen Orten auseinandersetzt. Fr, 30.7. steht im Zeichen der Performance, gestaltet vom Tanzkollektiv Taktlos (17 Uhr) und einer Crew aus dem Badischen Staatstheater mit einem Stück über Fashion. Danach gibt’s Psych-Folk mit Letters Of Vakara und souligen Pop von Tigermilch (19 Uhr). Mit Textil- und Fahrradwerkstatt und einem Flohmarkt startet „Innenstadt l’oßt“ bereits um 13 Uhr in den Sa, 31.7. Künstlerische Interventionen und Lichtinstallationen, die Drinks von der ß-Bar, Live-Musik von Das Günther (Elektro-Punk) und Trak Trak (Cumbia mit Einsprengseln von Dub bis Psych; ab 19 Uhr) sowie DJ-Sets machen den Spaß komplett. Nach dem gemeinsamen Musikfrühstück am So, 1.8., 13 Uhr, sollte auch dem letzten Zweifler bewusst sein, welches gemeinschaftliche Potenzial im Kronenplatz steckt. -fd
Einen Kommentar schreiben