Jetzt erst Recht
Stadtleben // Artikel vom 30.04.2007
In Karlsruhe sind mit dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht die beiden obersten Justizinstanzen ansässig.
Das bewog Kulturbürgermeister Ullrich Eidenmüller dazu, vor zwei Jahren bei der Bewerbung Karlsruhes um den Titel zur europäischen Kulturhauptstadt 2010 alles auf eine Karte zu setzen. Die Fächerstadt rückte das Thema Recht in den Mittelpunkt. „Mit Recht. Karlsruhe" lautete der Slogan, mit dem Karlsruhe gegen die Konkurrenten antrat. Die Jury zeigte sich zwar angetan, votierte jedoch für Essen und Görlitz. Inzwischen ging das Ruhrgebiet als klarer Sieger hervor und darf sich in drei Jahren Kulturhauptstadt Europas nennen.
Wert Urteile
Demokratie gewährleistet Rechte und fordert Pflichten. Obwohl überall in Europa die gleichen Grundprinzipien gelten, ist die Beurteilung gesellschaftlicher Werte, religiöser Fragen und ethischer Probleme sehr unterschiedlich. Italien verbietet beispielsweise Euthanasie, wohingegen die Schweiz aktive Sterbehilfe zulässt. In Frankreich dürfen muslimische Lehrerinnen kein Kopftuch an Schulen tragen, England erlaubt den Turban, zieht aber im Kopftuchstreit immer wieder vor Gericht. Viele Länder, verschiedene Thesen, andere Rechtslagen, das führt zu hitzigen Debatten. Dabei werden gewichtige gesellschaftsrelevante Themen diskutiert. Auch die Frage, ob Klonforschung betrieben werden darf oder nicht, gehört in diesen Themenkomplex. Wie stabil ist die Wertegemeinschaft Europa? Die Justiz ist auch ein Seismograph für das Werteverständnis und die kulturelle Grundorientierung einer Gesellschaft. Der Kongress „Wert Urteile – Judging Values" betont die kulturelle Dimension der Rechtsprechung und will aus diesem Blickwinkel heraus die europäische Wertedebatte konkretisieren. Veranstaltet wird der dreitägige Fachkongress von der Kulturstiftung des Bundes und der Stadt Karlsruhe.
Über 50 internationale Experten kommen vom 9. bis 11. Mai ins Kongresszentrum, darunter Rechtstheoretiker wie der Amerikaner Joseph Weiler (Foto) oder die in Berlin lebende Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, aber auch Philosoph Peter Sloterdijk und Religionswissenschaftler Enzo Pace aus Italien. Gegen eine Teilnahmegebühr (30 Euro, ermäßigt 20 Euro) kann jeder an allen Vorträgen, Podiumsdiskussionen und dem Rahmenprogramm teilnehmen. Der Kongress „Wert Urteile - Judging Values" ist ein kultureller Beitrag zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Die Schirmherrschaft für den Kongress tragen Hans Jürgen Papier (Präsident des Bundesverfassungsgerichts), Brigitte Zypries (Bundesjustizministerin) und Günter Hirsch (Präsident des Bundesgerichtshofs).
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