Kai Wintergreen – Schnappschüsse von kleinen Leuten
Stadtleben // Artikel vom 13.02.2013
Seine Fotomodelle sind in ständiger Einsatzbereitschaft.
Und während des Shootings ziemlich geduldig: „Sie müssen so lange stillstehen, bis ich ihre Schokoladenseite gefunden habe“, sagt Kai Wintergreen. Tun sie; und zwar ohne Murren, denn der Karlsruher arbeitet für sein Fotografieprojekt „Schnappschüsse von kleinen Leuten“ mit nicht einmal zwei Zentimeter großen Modellbahnfiguren im Maßstab 1:87. Um die 20 Persönchen warten in seiner Tasche darauf, ironisch-tiefsinnig in Pose gesetzt zu werden.
Was auf den ersten Blick wie eine Fotomontage anmutet, ist tatsächlich von Hand inszeniert: sei es der Farbtubenbemaler, der das aktuelle INKA-Cover schmückt, die „Assessment-Center“-Kreissäge, der auf einem Stück Schokolade herumhämmernde „Nussknacker“, die strandsaugende „Beach Cleaning Woman“, das Spülmittel-„Wellenbad“ oder die zur Eislaufbahn umfunktionierte Kinderrutsche. „Alle meine Bilder entstehen an realen Orten, nichts wird nachträglich hinzugefügt“, versichert Kai Wintergreen, der ausschließlich mit einer hochwertigen Kompaktkamera arbeitet. „Erfunden habe ich diese Kunstform nicht. Wir sprechen hier von einem eigenen Genre“, erklärt er und verweist auf die ihn besonders inspirierenden „Little People“ des englischen Streetart-Künstlers Slinkachu.
„Als ich 2009 begonnen habe, Miniaturfiguren kreativ in Szene zu setzen, war ich sofort fasziniert davon, was es an unscheinbaren Orten zu entdecken gibt und wie sich Realität und Fiktion vermischen lassen, wenn man bewusst mit Größenverhältnissen und Perspektiven spielt“, schwärmt der hauptberuflich in der Internet-Branche tätige Konzeptkünstler. Indem er ganz nah an seine Modelle herangeht und durch Makro-Aufnahmen Details verstärkt, wird der Kontext ausgeblendet. Exemplarisch: das Motiv „Wellness“. Die verschlungene Dünenlandschaft erweist sich beim Anblick des vollständigen Vergleichsfotos als Aufsteller einer Eisdiele.
„Zufrieden bin ich erst, wenn Bild, Kontextfoto und Titel eine Einheit bilden“, verdeutlicht Kai Wintergreen seinen Anspruch. So nimmt die sonnende Bikinischönheit ein Malkasten-„Farbbad“ und der Bettler hadert mit seinem „Standortnachteil“ im rostigen Abfallkorb. „Das ist eines meiner langsamen Bilder, für die ich erst eine passende Figur und den richtigen Ort finden musste“, erläutert der 51-Jährige. „Und dann gibt es die schnellen Bilder, bei denen ich eine Situation spontan aufgreife.“
Bis er die eine Pose gefunden hat, in der Licht, Schatten und Reflexionen den gewünschten Effekt erzielen und sich die Figur von ihrer besten Seite zeigt, heißt es ausprobieren. Dann ist sie für Kai Wintergreen verschlissen: „Ich setzte meine Akteure nur äußerst selten ein zweites Mal ein.“ Und auch, wenn die Karriere der Miniaturmodels damit ziemlich kurzlebig erscheinen mag, so kommen sie doch zumindest einmal garantiert ganz groß raus! -pat
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