Karlsruhe zur „art“ 2018
Stadtleben // Artikel vom 22.02.2018
Karlsruhe ist eine Kunststadt.
Das ZKM genießt zurecht Weltruf und auch die Kunstakademie hat national wie international eine ungebrochen hohe Anziehungskraft, ebenso der Badische Kunstverein, der im Frühjahr 2018 sein 200-Jähriges Bestehen feiert. Daran können auch die Kulturkürzungen, der Wegfall der Künstlerateliers am Hauptbahnhof und die leidige, überregional geführte Diskussion um die geplanten Lüpertz-Werke in den neuen unterirdischen Straßenbahnhaltestellen nichts ändern. Im Vergleich zu seiner Größe steht Karlsruhe bundesweit einzigartig da, was sein Kulturangebot betrifft.
Dreh- und Angelpunkt der Kunst ist der ZKM-Hallenbau mit dem ZKM, wo stets mehrere Ausstellungen parallel zu erleben sind, der Städtischen Galerie und der HfG. Das Badische Landesmuseum im Schloss, wo derzeit die auch in der SZ hochgelobte „Etrusker“-Ausstellung läuft, oder die Staatliche Kunsthalle, wo eben mit Rekordzahlen von über 100.000 Besuchern die große „Cezanne“-Schau zu Ende ging, sowie dem Naturkundemuseum hat Karlsruhe weitere Publikumsmagneten zu bieten. Wer während der „art“ noch Zeit hat, sich hier in Sachen Kunst umzusehen, sollte das ZKM natürlich nicht verpassen. Dort läuft z.B. bei freiem Eintritt die große „Open Codes“-Schau, die bereits internationale Kooperationen nach sich zieht, auch die Ausstellung „Feministische Avantgarde“ lohnt eine Visite, nebenan in der Städtischen Galerie ist eine große Informel-Schau (Sammlung Grässlin) zu sehen.
Im Schloss gibt es neben Führungen durch die „Etrusker“-Ausstellung (Do, 22.2., 16.30 Uhr; Sa, 24.2., 15 Uhr; So, 25.2., 11 Uhr) während der „art“ einen exklusiven Eventabend über den „Mythos Etrusker“ (Fr, 23.2., 18.30-22 Uhr) mit Schauspielszenen und anschließendem Drei-Gang-Menü im Schlosscafé. Seltsamerweise schlägt sich in Karlsruhe die institutionell große Dichte an Ausstellungsplattformen nicht in einer hohen Dichte an klassischen Galerien nieder – wobei sich das gerade wieder zu drehen scheint, wie das neue Artlet Studio oder die mit neuem Raumkonzept wiedereröffnete Galerie Meyer Riegger – beide in der Südweststadt fußläufig zum ZKM – zeigen.
Dafür entstehen und entstanden viele Produzentengalerien, Offspaces oder neue Modelle wie Contemp-rent, wo man Kunstwerke mieten kann. Ein Beispiel für aktive Offspaces ist der Verein Die Anstoß, eine unabhängige Initiative zur Förderung der freien Kulturszene in Karlsruhe, die mit gleich zwei Ausstellungen während der „art“ aktiv ist. Der Verein will Subkulturen durch die Vernetzung verschiedener Interessengruppen aus Kunst, Design, Architektur und Urbanismus fördern und bietet dafür seit 2014 eine Plattform in ihrem Projektraum ßpace (Fritz-Erler-Str. 7) mit Ausstellungen, Performances, Musik zwischen E und U und Diskussionsrunden. Am Fr, 23.2. werden ab 19 Uhr Werke von Ulrich Okujeni präsentiert. Der Maler wurde 1985 in Nigeria geboren und besticht durch eine klare und trotzdem undefinierbare Formensprache auf großformatigen Leinwänden. Zuletzt wurde er 2016 in einer Einzelausstellung im Projektraum V8 gezeigt.
Zudem lädt das neue Anstoß-Projekt „ßpatz“ zu besonders persönlicher Atmosphäre in die Wohnzimmer Karlsruhes ein: Mit Künstlern aus Berlin, Mexiko und Japan werden einmal im Monat in der Augartenstr. 47 im zweiten Stock WG-Zimmer als Ausstellungsort und Raum für den Austausch genutzt. Die neue Ausstellungsplattform wird mit Werken des Künstlerduos Sangre eröffnet. Die beiden Künstler bedienen sich der traditionellen Bildsprache ihrer Heimat Mexiko und kombinieren sie in Objekten mit neuen artifiziellen Materialien unseres Alltags. Die Ausstellung wird ebenfalls am Fr, 23.2. bereits 18 Uhr eröffnet. -rw/hju
Konzerte in der Weststadt & Mühlburg
Das Kulturzentrum Tempel in Mühlburg ist mit seinen vielen exquisiten Bookings aus Jazz, avanciertem Pop, Funk oder Weltmusik sowie der Tanztribüne, mit der jedes Jahr ein großes Tanzfestival in Karlsruhe veranstaltet wird, aus dem Kulturleben der Stadt nicht wegzudenken. In der charmigen Scenario Halle spielen am „art“-Donnerstag ab 20 Uhr die hochgehandelten Holler My Dear Indie-Folk-Jazz-Pop, am 24.2. gastiert ab 20 Uhr Singer-Songwriterin Christina Lux. Mehr zu beiden Konzerten in der Pop-Rubrik. Die angrenzende Weststadt hat mit dem Gutenbergplatz und dem tollen Markt am Donnerstag und Samstag den schönsten Platz der Stadt im Angebot. Zahlreiche Cafés und Kneipen säumen den Platz und die angrenzenden Straßen; Unikat-Shops und Concept-Stores wie Romy Ries, Unser Onkel oder Energie & Farbe haben auch zahlreiche Arbeiten von Karlsruher Kunsthandwerkern und Künstlern im Angebot. Neben Energie & Farbe findet sich in der Uhlandstraße mit der Hemingway Lounge eine Jazz- und Klassik-Lounge mit stets formidablem Programm. Während der „art“ verleihen Thomas Jehle (p) und Stefan Burkhardt (b) Stevie Wonders „Isn’t She Lovely“ einen jazzigen Überbau, grooven zwischen Swing und Latin, und haben auch jede Menge Standards im Gepäck (Do, 22.2., 19.30 Uhr). Das letzte Känguru lotet mit „lyrischen Kammertönen, eleganter Rhythmik und markanten Beats“ die Grenzen des klassischen Saxofontrios aus. Dafür wurde Gründer, Kontrabassist und Komponist Sebastian Schuster 2017 mit dem „Landesjazzpreis BW“ ausgezeichnet (Fr, 23.2., 20 Uhr). Wer noch mehr will, kommt am nächsten Tag zurück: Erst stellt die Jazz-Pop-Chanteuse Marion Fiedler ihre neue CD „Rolling On“ vor (Sa, 24.2., 11.30 Uhr), abends geben Stephan Hardt & Friends eine Hommage an Billy Joel und Elton John (20 Uhr). -er
Events auf dem Alten Schlachthof
Das Tollhaus, das Substage und die Alte Hackerei mit einem intensiven Indie-Booking und hin und wieder mit guten DJ-Gastspielen die Fettschmelze sind einige der Kulturanbieter im Kreativpark Alter Schlachthof, dem neuen Mekka der Kunst- und Kreativszene, auch It-Firmen haben hier ihren Sitz. Mehr zu den Substage- und Hackerei-Konzerten in unserer Rubrik „Popkultur“ und den Tagestipps. Max Goldt liest, Rick Kavanian ist „Offroad“ unterwegs und Lizzy Aumeier fasst zusammen: „Ja, ich will!“ – soweit in Kürze das Tollhaus-Programm am „art“-Wochenende. -bes
Tollhaus: Fr, 23.2., je 20 Uhr (Max Goldt/Kavanian); Sa, 24.2., 20 Uhr, Lizzy Aumeier, 22.30 Uhr Tanzab (Disco), Tollhaus, Karlsruhe
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