Karlsruher Platanen bleiben: Bäume statt Beton
Stadtleben // Artikel vom 18.11.2023
Die ehemaligen PlatanenbesetzerInnen fordern „von unten bis oben mehr Grün in Karlsruhe!“
Die Platanen in der Kaiserstraße werden fallen. Das haben die Stadt und das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten deutlich gemacht. Sie hätten aber nicht fallen müssen, wenn die Stadt nicht schon vor Jahren gravierende Planungsfehler gemacht hätte, so die ehemalige Platanenbesetzerin und Lehramtsstudentin Lisa E. (22). „Fehler, die in zukünftigen Projekten vermieden werden müssen.“ Nach den Planungsfehlern seien nun die Kosten für den Platanenerhalt zu hoch. Nach ihrem Gespräch mit OB Frank Mentrup sollten Taten folgen und Geld in effektive Maßnahmen zum Klimaschutz und Baumerhalt investiert werden. Aus diesem Grund richtet sich die Anwohnerinitiative „Karlsruher Platanen bleiben“ inhaltlich neu aus: Die ehemaligen Platanenbesetzer fordern nun ein gesamtheitliches Konzept zur Begrünung der ganzen Stadt Karlsruhe, eine qualifizierte Grünsatzung für das gesamte Stadtgebiet. Den Auftakt machte am Sa, 18.11. eine Doppelaktion in Höhe und am Boden.
Die spektakuläre Aktion bestand dabei aus zwei Teilen: Hoch über den Köpfen der Karlsruher ließen die Anwohner ein Banner mit der Aufschrift „Karlsruhe trauert“ und zwei Platanen neben großen schwarzen Kreuzen vom Dach des Einkaufszentrums Ettlinger Tor. Damit soll aller Bäume gedacht werden, die in Karlsruhe durch politischen Unwillen oder mangelhafte Planung fallen mussten. „Jeder gefällte Baum fehlt dem Karlsruher Mikroklima, macht die Stadt etwas grauer und trister, nimmt ihr ihre beeindruckende Biodiversität“, erklärt Paul L., Student am KIT.
Parallel ergänzte die Anwohnerinitiative ein augenzwinkerndes Element, indem sie zwei Pflanzkörper mit Baumsetzlingen auf dem Gehweg einzementierte. „Solange die Stadt Karlsruhe alles rodet, was nicht niet- und nagelfest ist, müssen wir Baumpflanzexperimente halt festbetonieren“, so L. „Wir versuchen der Stadt hier entgegenzukommen und steuern etwas Beton für das neue Stadtbild bei. Wenn es nach den Plänen der Stadt geht, wird Karlsruhe in Zukunft ja sehr viel Beton verbrauchen.“
An den Baumsetzlingen hängen zwei Schilder mit der Aufschrift „Jeder Baum zählt“ und der bekannten Weissagung der Cree: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, die Luft verpestet, werdet ihr merken, dass man Geld weder essen noch atmen kann!“ L. fordert, dass Umweltschutz und Klimaschutz auf keinen Fall gegeneinander ausgespielt werden. In einer eskalierenden globalen Klimakatastrophe sei es wichtig, Städte für den Temperaturanstieg zu wappnen, bspw. durch neue Baumpflanzexperimente und den Erhalt ausreichender Baumbestände. Das dürfe aber keinesfalls zulasten richtiger Klimaschutzmaßnahmen gehen, die den Temperaturanstieg verlangsamen oder sogar aufhalten sollen. „Sonst wird es ja immer noch heißer und es kommt zu mehr Extremwetterereignissen. So gefährdet der Klimakollaps wieder die Bäume. Deshalb brauchen wir auch für den Erhalt unserer Bäume endlich ausreichende Klimaschutzmaßnahmen!“, erklärt L.
Ein solches Konzept soll unter Beachtung des Bestands bei jeder Umbaumaßnahme dafür sorgen, dass weniger Flächen versiegelt oder sogar einzelne Flächen entsiegelt werden und mehr Grünflächen angelegt und Baumpflanzexperimente angegangen werden. Denn „der Rodungswut der Stadt muss ein Ende gesetzt werden“, so E. In den vergangenen Wochen wurden sowohl sechs der noch stehenden Platanen in der Kaiserstraße als auch der gesamte Baumbestand vor dem Landratsamt in der Nähe des Ettlinger Tors gerodet.
Eine Grünsatzung für das gesamte Stadtgebiet war schon Gegenstand eines offenen Briefs an die Stadtspitze. Das Thema hat aktuell eine besondere Brisanz, da am Di+Mi, 21.+22.11. die Einzelberatungen des Gemeinderats zum Doppelhaushalt 2024/25 stattfinden. E. ist nicht nur besorgt, dass die Stadt unter dem Eindruck der bekannten Haushaltsprobleme am falschen Ende spart und wichtige Zukunftsinvestitionen zu Klimaschutz streicht; sondern auch, dass Gelder, die für Klimaschutz vorgesehen waren und dafür verwendet werden sollen, stattdessen lediglich für Klimakrisenanpassungsprojekte verwendet werden. -ps/pat
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Kommentar von Svenja Stein |
Dank an die mutigen Aktivisten. Ein Umdenken der Stadt ist zwingend nötig und leider nicht in Sicht