Kioskkultur trifft in der Stadtverwaltung auf Widerstand
Stadtleben // Artikel vom 11.08.2021
„Sie bringen Nachbarn zusammen, haben immer das Notwendige auf Vorrat, laden zum Verweilen und Diskutieren ein und stiften Identität“, sagt der Kölner Architekt Marco Hemmerling, der seit Jahren zu Kiosken als Teil der Stadtentwicklung forscht.
Als „spontane Treffpunkte, unvermittelte Orte des Austauschs und Transitzonen“ seien „soziale Bindemittel der Stadt“. Die Stadtverwaltung Karlsruhe mit dem Oberbürgermeister Frank Mentrup an der Spitze sieht das ganz anders. Nach ihrem Willen sollten Kioske aus der Stadt zurückgedrängt werden. Im März entzündete sich der Streit am Kiosk am Europaplatz, das nach dem Ende der Untertunnelungsarbeiten entgegen der ursprünglichen Planung und städtischer Versprechen nicht mehr auf den Platz zurückkehren sollte. Schnell setzten sich drei Stadtratsfraktionen für den „Erhalt der Karlsruher Kiosklandschaft ein“. In einem gemeinsamen Antrag forderten sie nach dem Abschluss der Kombilösung die Rückkehr aller Kiosk-Provisorien an die angestammten Plätze.
„Die kleinen individuellen Verkaufsstellen“ seien „keine Auslaufmodelle, sondern würden das Innenstadtbild „charmant und attraktiv gestaltet aufwerten“, hieß es aus den Fraktionen von CDU, FDP und Freien Wählern/Für Karlsruhe. „Kioske gehören von je her gut sichtbar überall dorthin, wo sie gebraucht werden: Auf Plätze, an Haltestellen, vor Bahnhöfe und in Wohngebiete. Kioske sind Kult und Kultur gleichermaßen und erfüllen einen wichtigen Zweck, nämlich die Versorgung der Bevölkerung“, setzte sich auch SPD-Stadträtin Irene Moser für den Erhalt der Kiosk-Kultur ein. Während des corona-bedingten Lockdowns seien Kioske der einzige Ort gewesen, „an dem ein Minimum an gesellschaftlichem Austausch stattfand“, betonte ihr Fraktionsvorsitzender Parsa Marvi. „Wir sollten uns insbesondere in der Fußgängerzone und auf unseren Plätzen etwas Kiosk-Kultur gönnen, denn Kioske erfüllen auf wenig Fläche zentrale Aufgaben.“
Dagegen bevorzugte der OB an eine Verlegung der Kioske in bestehende Gebäude. Die Mietpreise auf der Kaiserstraße seien im „freien Fall“. Nach den Vorstellungen der Stadtverwaltung sollte Kioske höchstens Leerstände auffangen und Lücken schließen. Bestärkt sah sich die Verwaltung durch das „City-Gutachten 2030“, das ein „mittelfristiges Abnehmen der Gesamtverkaufsfläche und die Konzentration von Handelslagen in der City“ prognostiziert. Sie sei daher der „Auffassung, dass Kioskangebote in der Innenstadt zukünftig in die existierenden baulichen Strukturen integriert werden sollten.“ Statt zur Belebung öffentlicher Plätze zu den Menschen sollten die Kioske also in den unattraktiver werdenden Geschäften versteckt werden. Am Ende stand Mentrup im Gemeinderat alleine. Alle anderen Mitglieder des Gemeinderats stimmten für die Rückkehr der Kioske auf die Plätze.
Die Fraktionen brachten zudem erneut die Entwicklung eines „Karlsruher Kiosktyps als unverwechselbares Element in der Karlsruher Stadtlandschaft“ mithilfe eines Wettbewerbs der Fächer GmbH auf den Weg. Schon 2014 war die Entwicklung eines solchen modular aufgebauten Kiosktyps beschlossen worden, das an verschiedenen Stellen der Stadt zum Einsatz kommen sollte. Doch die Pläne versandeten in der Verwaltung. Mentrup und die Stadtverwaltung gaben sich nach der Gemeinderatsentscheidung zurückhaltend gegenüber der Neuansiedlung von Kiosken „als zusätzlichen Verkaufsflächen in zentraler Lage.“ Der Oberbürgermeister sah höchstens am Europlatz und möglicherweise am Durlacher Tor Chancen für die Wiederansiedlung von Kiosken.
Für Hemmerling ist eine solche Zurückhaltung nicht nachvollziehbar. Wenn das Stadtzentrum die notwendige „größere funktionale und kulturelle Durchmischung“ erfahre, könnten Kioske als „Katalysatoren für lebendige und lebenswerte Innenstädte“ wirken. Der schwellenfreie Zugang mache Kioske für unterschiedliche Milieus attraktiv und sie reagierten sehr anpassungsfähig und schnell auf Veränderungen. Der Wissenschaftler ist daher sicher, dass auch Städte mit einer historisch wenig ausgeprägten Kiosk-Kultur wie Karlsruhe diese Chancen nutzen könnten. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Kioske in unterschiedlichen urbanen Kontexten funktionieren und einen eigenen Charakter ausbilden, der zu der Stadt und den Menschen passt.“ -fk
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