Klimagerechter Umbau & Wohnungsknappheit prägen Stadtleben weiter
Stadtleben // Artikel vom 01.02.2024
Die Anpassung an den Klimawandel und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gehören aktuell zu den zentralen Herausforderungen der Kommunen.
Bis zur Jahrhundertwende droht Karlsruhe zur heißesten Region des ganzen Landes mit mehr als 50 Hitzetagen pro Jahr zu werden. Gerade die Stadt wird unter solchen Bedingungen kaum noch bewohnbar. Doch noch zieht sie viele Menschen an: Mehr als 20.000 Wohnungen fehlen nach Angaben der Stadtverwaltung derzeit. Das erste Jahr des neuen Sparhaushalts in Karlsruhe macht es nicht einfacher, Herausforderungen auch zu bewältigen. Doch nicht immer fehlt es allein am Geld.
So wehrte sich die Verwaltung lange gegen alle Pläne, den Marktplatz mit Bäumen und damit schattigen Plätzen zu bestücken. Bäume könnten den Marktplatz als Veranstaltungsfläche beeinträchtigen, sie würden den klassizistischen Stil Weinbrenners stören oder die Leitungen und Bauten der U-Strab unter dem Platz ließen kein Wachstum der Bäume zu. Zuletzt betonte OB Frank Mentrup nur noch das letzte Argument.
Als die Freien Wähler im Dezember in einem Antrag im Gemeinderat erneut fünf Bäume für den Marktplatz bis 2025 forderten, schlug er einen Kompromiss vor: Auf dem Marktplatz sollen vier Bäume in Hochbeeten gepflanzt werden – allerdings erst, wenn die Baumaßnahmen am Technischen Rathaus, dem Modehaus Schöpf und anderswo auf dem Platz abgeschlossen seien. Ein Zeitplan liegt vorsichtshalber noch nicht vor. Als Schattenspender für den nächsten Hitzesommer wären die vier Kübelbäume ohnehin nur bedingt tauglich. Für das Mikroklima auf dem Marktplatz haben die alten Platanen wohl wesentlich mehr beigetragen, aber die sind schon bald Geschichte.
Eine Fortsetzung hat dagegen der Fuß- und Radentscheid. Nachdem die „Initiative Fuß- und Radentscheid Karlsruhe“ Unterschriften von mehr als 23.000 Menschen für einen Bürgerentscheid gesammelt hat, der mehr und sicherere Rad- und Fußwege bringen sollte, stoppte die Stadtverwaltung den fälligen Urnengang im Herbst aus rechtlichen Bedenken. Derzeit ist man mit den Initiatoren des Entscheids im Gespräch. Nach den städtischen Planungen soll der Anteil des Fuß- und Radverkehrs in der Stadt bis 2035 auf 70 Prozent gesteigert werden. 2018 war er mit mehr als 50 Prozent schon deutlich höher als der Anteil des Autos und des ÖPNVs. Die im Fuß- und Radentscheid gewünschte Ausbaugeschwindigkeit der Fuß- und Radwege sei jedoch nicht möglich. Trotzdem würden bis 2035 jährlich etwa fünf Kilometer neue Radwege geschaffen.
Doch beim Umbau der Mobilität innerhalb der Stadt stößt man regelmäßig auf Widerstand: In der Kriegsstraße wird derzeit um über 100 Parkplätze gekämpft, die u.a. für einen durchgehenden Radweg und den barrierefreien Ausbau der Straßenbahnhaltestelle Hübschstraße weichen sollen. Dabei landete Karlsruhe zuletzt in einem bundesweiten Vergleich des Flächenverbrauchs für den fahrenden und stehenden Autoverkehr auf Platz vier aller Städte. Fast elf Prozent des Stadtraums ist für Autos reserviert.
Zum wiederholten Mal um die Fortführung bangt hingegen der Karstadt-Konzern und mit ihr viele Innenstädte. Im Strudel der Signa-Insolvenz ihres einstigen Retters René Benko hat der Kaufhauskonzern bereits zum dritten Mal Insolvenz angemeldet. Wie es in Karlsruhe und anderswo weitergeht, war bei Drucklegung noch offen. Auch über kriselnde Immobilien der Gröner-Group berichteten in den vergangenen Monaten verschiedene Medien. In Bergisch Gladbach, Erfurt, Hamburg und in Karlsfeld bei München seien dessen Bauprojekte ins Stocken geraten. Regelmäßig muss der Immo-Konzern Gerüchten über eine drohende Insolvenz des Unternehmens entgegentreten. Der Eigner und Namensgeber der Immobiliengruppe Christoph Gröner musste beim Karlsruher Amtsgericht 1995 seine damalige Baufirma Gröbau zur Insolvenz anmelden.
In der Stadt richten sich die Blicke daher vor allem auf die Baustelle der Gröner Group auf dem C-Areal, auf dem bisher Stillstand dominierte. Damit soll nun Schluss sein, gab der Konzern Anfang des Jahres bekannt. Nach der erfolgten Teilumlegung könnten die Bauaktivitäten nun wieder aufgenommen werden. Noch vor einigen Monaten hatte der Finanzvorstand Martin Müller gegenüber den BNN den verzögerten Baubeginn mit finanziellen Problemen begründet. Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten müsse man jetzt „jeden Stein umdrehen“, so Müller. Gleichzeitig wolle er sich mit der Karlsruher Stadtverwaltung über öffentliche Förderungen und Zuschüsse unterhalten. Diese wollte sich zu möglichen Gesprächen über eine öffentliche Förderung der Gröner-Bauten auf dem C-Areal „aus Datenschutzgründen“ nicht äußern und verwies allgemein auf die soziale Mietwohnraumförderung.
Ob und wann das C-Areal bezahlbaren Wohnraum bringt, ist völlig offen. Dabei wäre Entlastung am Wohnungsmarkt dringend notwendig. Nach den Zahlen eines Immobilienportals sind die durchschnittlichen Mieten in Karlsruhe in den vergangenen vier Jahren um bis zu 20 Prozent gestiegen. -fk
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