Kooperationsmarketing greift mit Steuergeld in die Karlsruher Presselandschaft ein

Stadtleben // Artikel vom 11.12.2014

Monat für Monat kann man die Uhr danach stellen, dass sich nach INKA-Drucklegung etwas tut in der Stadt.

Das beginnt bei mehr oder minder wichtigen Verlautbarungen, die zufällig just dann lanciert werden, wenn unsere Magazine in Druck gegangen sind und wir nur noch online reagieren können, bis hin zum jüngsten Ereignis, das dem Ganzen die Krone aufsetzt: der soeben erschienene (und zumindest vom Konzept her in unmittelbarer Konkurrenz zum jährlichen INKA Cityguide Einzelhelden stehende) Einkaufsführer „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“.

Ein Kommentar

Herausgegeben haben die 21x21-Zentimeter-Hochglanzbroschüre das Karlsruher Stadtmarketing und die mit ihr und der Kasig im Kooperationsmarketing verbandelte City Initiative – mutmaßlich jedenfalls. Denn erfüllt wird bei diesem offensichtlichen Schnellschuss zur Vorweihnachtszeit nicht einmal das an Pressepublikationen gestellt Mindestmaß: die in den Landespressegesetzen verankerte Impressumspflicht. Geschenkt. Ebenso die Texte, die zum Teil in Ich-Form geschrieben sind und nicht selten vor inhaltsleeren „Wir freuen uns auf Sie!“-Floskeln und anderen nichtssagenden Phrasen strotzen. Abgesehen vom auf Schwarzweißfotos setzenden Layout – dessen Schönheit ja immer ein Stück weit auch im Auge des Betrachters liegt – trennt sich allerspätestens beim Text die Spreu vom Weizen; quadratisch von rund, „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“ von Einzelhelden.

Warum also das Ganze nicht sportlich nehmen? Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und verstecken muss sich unser Cityguide optisch wie inhaltlich beileibe nicht – selbst vor ganz anderen Kalibern. Weil das große Übel dieser angeblich in einer Auflage von 25.000 Stück gedruckten (laut Angebot aus dem City-Newsletter des Stadtmarketings vom 30.6.2014), gut gemeinten Hilfestellung für den baustellengebeutelten Karlsruher Einzelhandel der unschlagbare Kampfpreis ist, mit dem fast alle Karlsruher Verlage gnadenlos in Grund und Boden gedumpt werden: 99 Euro die Seite inklusive App-Einspeisung und Weiterverwertungsrecht des von einem Profifotografen erstellten Bildmaterials; an City-Ini-Mitglieder wird dieses Paket zu nicht mal 50 Euro verschleudert. Damit liegt die Hochglanzpublikation noch unter dem Minifolder „Beste Adressen“. Gelassen sehen kann das alleine die aus der Kooperationsmarketings-Schatulle schon üppigst bediente BNN-Monopolpresse samt „Sonntag“ und „Kurier“.

Der Umsatz des zwischen Juni und Anfang Dezember aus dem Boden gestampften Einkaufsführer-Projekts lässt sich an einer Hand abzählen: rund 5.000 Euro. Dabei muss der blanke Druck nach aktueller Marktlage zwischen 20.000 und 30.000 Euro gekostet haben; Layout, „Redaktion“ und Vertrieb nicht eingerechnet. Durch diese wettbewerbsverzerrende Subvention aus Steuergeld entsteht nicht nur dem INKA Verlag ein erheblicher Flurschaden – auch, weil die Akquise für „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“ parallel zu den Einzelhelden gelaufen ist. Sollte sich dieser Dumpingpreis etablieren, können auf Dauer alle INKAs, Klappe auf Specials und Lust auf Guts einpacken.

Was der Residenz des Rechts in Sachen Pressemonopol droht, kommt den gleichgeschalteten ungarischen Medienverhältnissen schon gefährlich nahe. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich trotz des Spottpreises lediglich 44 Unternehmen porträtiert haben. Warum fünfstellige Steuergelder in die Hand genommen werden, um in den Karlsruher Pressemarkt einzugreifen für ein Produkt, das es besser bereits in anderen Publikationen gibt, bleibt rätselhaft. Kuriose Randnotiz: Auf dem zugehörigen Plan sind acht Unternehmen falsch eingezeichnet: So hat unter anderem Papier Fischer mit Rasselfisch den Standort getauscht...

Zudem handelt es sich offenbar um ein selektives Produkt: Nicht alle der knapp 350 als inhabergeführte Innenstadt-Unternehmen im Index gelisteten Geschäfte und Gastronomen, ja nicht einmal alle City-Initiative-Mitglieder wurden angefragt, an dem Schnäppchen-Objekt teilzunehmen, das mit Preisen weit unter Einkauf aufwartet. Einen Schlag ins Kontor bildet das Werk auch für den Projektgeschäftsführer des Stadtmarketings, Martin Wacker, der für das „alte“ Stadtmarketing den „Stadtgeburtstag 2015“ aus dem Feuer holen muss: KA 300 kommt nicht einmal in Form eines Logos vor. –pat/rw

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