Kulturabwicklung im Handumdrehen

Stadtleben // Artikel vom 05.12.2025

Geht’s noch Karlsruhe? (Foto: Patrick Wurster)

Die weiße Stopp-Hand auf schwarzem Grund wurde umso allgegenwärtiger, je näher die für Mitte November auf dem Stephanplatz angesetzte Demo gegen die drohenden Kulturkürzungen im Doppelhaushalt 2026/27 rückte.

Ob auf den vom Kulturring bespielten Litfaßsäulen oder den Insta-Accounts seiner teils ohne jede Dramatisierung um die nackte Existenz bangenden 21 Mitglieder. „Geht’s noch Karlsruhe?! – Die Kultur stirbt!“ legt die Kampagne ihr vehementes Veto gegen die auch kulturell verheerende „Liste des Grauens“ ein, in der sich die freie Szene auf mehreren Streichposten wiederfindet, die ihr u.a. die „(quasi) institutionelle Förderung“ kürzt – bei insgesamt 80 fehlenden Mio. ist das ein Kleckerlesbetrag für den Haushalt, aber Substanzverlust für die Kultur. Denn wenn die Pläne der Stadt im Dezember so durchgewunken werden, sterben de facto Teile von ihr ab.

Ein Kommentar von Patrick Wurster

Der Kulturring macht das an einer öffentlichkeitswirksamen Rechnung anschaulich: 1,6 Mio. Euro aus dem 63,1 Mio. Kulturetat der Stadt gehen derzeit an seine einzelnen Mitglieder; kürzt man das vereinfacht pauschal um zehn Prozent (teils stehen auch „nur“ 8,7 am Mo, 22.12. zur Gemeinderatsdebatte), bedeuten 160.000 Euro weniger das wirtschaftliche Aus für mind. acht seiner Einrichtungen: Neben den beiden Festivals „Pride Pictures“ und „Dokka“ betroffen wären Sandkorn, Tanzareal, Filmboard, Kinemathek, das Kohi und der Sau e.V., sprich faktisch keine Konzerte mehr in der Alten Hackerei. Nicht zu vergessen: Die mit 90 Prozent der Kulturetatfördermittel bedachten Großkopferten wie ZKM und Staatstheater stehen mit Reduzierungen um jeweils 8,7 Prozent gleichfalls auf dem Sparplan, gaben sich aber zumindest nach außen hin ebenso unbeteiligt wie andere stadtbekannte Köpfe, von denen man sich beim Protest zumindest neutrale Anwesenheit gewünscht hätte.

„Statt Kundgebung ein buntes Kulturfest“ sahen die beiden BNN-Berichterstatter. Die Zwischenspiele von u.a. Miri In The Green mögen die bierernste Veranstaltung aufgelockert haben und der ganz große Aufschrei war es zugegeben nun nicht – aber zu feiern gab’s hier ganz und gar nix: Angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, muss man das Kampagnenmotto nämlich auch jedem halbwegs passionierten Kulturgänger entgegenhalten, der an diesem am Samstagnachmittag bei fast durchweg bestem Demowetter nicht auf dem Platz stand – und es waren einige, die mit Abwesenheit glänzten, sonst wäre der Stephanplatz weit über den Brunnen hinaus bis auf die Douglasstraße besetzt gewesen. Rechnet man dann noch die mittel- bis unmittelbar betroffene Entourage der Kulturring-Institutionen heraus, relativiert sich das Aufkommen mehrerer Hundert Leute abermals; allein das Kohi war mit gefühlt 30 hochengagierten grünbewesteten Transpiträgern vertreten.

Immerhin für die auch via www.gehtsnochkarlsruhe.de noch unterschreibbare Petition kamen weitere Stimmen zusammen. Statt Empörung nur Nonchalance. Oder schon Gleichgültigkeit? Ganz schwacher Auftritt, verehrtes Publikum! Und die ohnehin ausgehfaule vielgescholtene Gen Z? Allenfalls der das P8 repräsentierende Verein Panorama kann offenbar noch spürbar U30-Kulturmacher und -interessierte mobilisieren. Ohne jetzt allzu sehr zu moralisieren: Ich möchte auch in meiner INKA-a.D.-Zeit auf Konzerte & Co. gehen, aber wenn’s so lame weitergeht, geht in Karlsruhe bald eh nicht mehr viel – da braucht man die Hand dann auch nicht mehr umzudrehen.

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