„Kunstwerk“ auf dem Teller
Stadtleben // Artikel vom 01.03.2012
INKA-Interview mit Sternekoch Christian Baur vom Hotel Ritter Durbach.
Das Stichwort „Kunst“ ruft in Durbach nicht nur eine erste Assoziation an das das dortige Museum für Aktuelle Kunst – Sammlung Hurrle auf: Im etwas nördlich von Offenburg gelegenen Ort wird die Kunst auch noch ganz anders gepflegt – auf dem Teller nämlich.
Das traditionsreiche Hotel Ritter Durbach serviert in seinem Gourmet-Restaurant „Wilder Ritter“ kunstvolle Menüs in drei Varianten: Küchenchef Christian Baur stellt beim mit „Handwerk“ überschriebenen Menü das Fachliche der Zubereitung in den Mittelpunkt, beim „Stückwerk“ das Produkt als solches, und beim „Kunstwerk“ das Kreative in der Rezeptur. Wo und wie sich bei ihm Kunst und Küche begegnen, darüber spricht er im INKA-Interview mit Roger Waltz.
INKA: Sie haben mit ihrer kreativen Küche im Wilden Ritter in Durbach wieder einen Michelin-Stern erkocht. Ihre Menüs sind mit „Kunstwerk“, „Handwerk“ und „Stückwerk“ überschrieben. Kunstwerk? Lassen Sie sich auch von Künstlern inspirieren?
Christian Baur: Weniger inspirieren mich Maler oder Musiker, viel mehr dagegen die Architektur. Klare Formen, Modernes und Traditionelles in Kombination, Struktur und Form regen mein Kopfkino an. Im Bauhausstil finde ich meinen „Geschmack“ wieder, vielleicht eher unbewusst, aber ich denke, es spiegelt sich in meiner Anrichteweise auf dem Teller wider. Doch eigentlich bin ich mein eigener Künstler, ein Ideenmessie, kann man sagen. Fast alles spielt sich in meinem eigenen Kopf ab. Doch meine Kunst ist mehr die Kochkunst als die Anrichtekunst. Ganz ehrlich – da bin ich sogar etwas grobmotorisch.
INKA: Gibt es für Sie auch Kollegen, die hier eine Art Vorbild-Status haben?
Baur: Josef Bauer vom Landgasthof Adler aus Rosenberg. Er kocht seit über 20 Jahren auf hohem Niveau, hat wahnsinnig viel Spaß am Kochen, ist offen für Neues und liebt das Produkt – wie ich.
INKA: Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die visuelle Wirkung auf den Gaumen?
Baur: Geschmack sollte aufgrund von Optik nie Nebensache werden. Zwar ist das Aussehen ein wichtiger Einflussfaktor, aber der Geschmack liegt bei mir an erster Stelle.
INKA: Können Sie einige Besonderheiten und Finessen der künstlerischen Präsentation Ihrer Speisen erklären?
Baur: Ich bin sehr detailverliebt. Beispielsweise haben wir mal einen Gewürzbeutel selbst gebastelt – man kann ihn sich vorstellen wie einen Teebeutel. Die Finesse und Spezifikation meiner Gerichte liegt im Säurespiel, der Akustik, in Kontrasten, Gewürzkombinationen und unerwarteten Geschmacksnuancen, die zum Nachdenken anregen. In meinem Menü „Kunstwerk“ möchte ich weg vom alten Bekannten und neue Aspekte finden.
INKA: Dazu gehört ja auch das Handwerk. Können Sie ein bisschen über die Herkunft Ihrer Küche referieren?
Baur: Ganz traditionell habe ich das Handwerk des Kochens erlernt, ich bin noch durch die „alte Schule“ gegangen, welche mich geprägt hat. Gelernt habe ich im Kurhotel Residenz in Bad Wörishofen. Wichtige Stationen als Koch waren Deuring Schlössle im österreichischen Bregenz, das Mandarin Oriental in München und das Hotel Restaurant Zum Krug in Hattenheim. Das Menü „Handwerk“ im „Wilder Ritter“ verrät die Herkunft meiner Küche. Ein Spiel mit den Klassikern, mit viel Harmonie in den einzelnen Aromen, feine Ergänzungen, jedoch ohne überzogene Experimente.
INKA: Herkunft II: Das Markgräfler Land und die Region um Offenburg sind ja berühmt für ihre kulinarischen Produkte. Können Sie ein paar Produzenten nennen, von denen Sie Ihre Rohstoffe beziehen? Letztere Frage bezieht sich natürlich auch auf das „Stückwerk“.
Baur: Wenn es geht, freue ich mich immer, Produkte auch aus der direkten Nachbarschaft zu beziehen. Da wäre zum Beispiel die Bäckerei Müller, mit der wir eigene Produkte, die es nur im Ritter gibt, entwickeln, z.B. unser Apfelbrot – demnächst möchten wir auch ein eigenes Nutella herstellen; dazu holen wir noch Oleofactum aus Offenburg mit ins Boot. Mit der Metzgerei Spinner haben wir einen sensationellen Vesperteller zusammengestellt. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber so ein einfacher banaler Vesperteller macht mich richtig an – wenn er so gut ist wie unserer. Erwähnen möchte ich auch noch die Schäferei Stotz, von der wir unser Lammfleisch beziehen, und Thomas Spang mit seinem Virngrund Wagyu.
Hotel Ritter Durbach, An der badischen Weinstraße, Tal 1, 77770 Durbach
www.ritter-durbach.de
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