Majolika Manufaktur: Eine Chronik der Privatisierung
Stadtleben // Artikel vom 01.06.2024

Die Karlsruher Majolika schreibt seit 120 Jahren mehr als ein Drittel der gesamten Karlsruher Kulturgeschichte mit.
1901 gründete der badische Großherzog Friedrich den Betrieb als Großherzogliche Majolika-Manufaktur, lange war das Land Baden, dann Ba-Wü Eigentümer, bevor 1999 die Landesbank übernahm. Im Zuge der Finanzkrise trennte sich die Bank 2011 von der Manufaktur und gab sie für einen symbolischen Euro in die Hände der Stadt Karlsruhe, die sie ihrerseits in eine Stiftung übertrug. Die Immobilie wurde von der städtischen Gesellschaft KVVH übernommen. Der Betrieb der Majolika wurde bis 2022 von der Stadt bezuschusst und floss zum größten Teil als Miete zurück an die Stadt.
September 2022
Die Majolika-Stiftung gab bekannt, die Majolika-Manufaktur an die Gröner Group um den in Karlsruhe geborenen Immobilienunternehmer Christoph Gröner verkauft zu haben. Kaufpreis: 50.000 Euro. „Die Gröner Group ist ein sehr aktives, äußerst erfolgreiches Unternehmen mit zahlreichen Großprojekten und bedeutenden städtebaulichen Vorhaben in und um Karlsruhe“, sagt der Stiftungsvorstand Klaus Lindemann. Auch der Majolika-Stiftungsrat und Kulturbürgermeister Albert Käuflein gaben an, ein „gutes Gefühl“ zu haben. Er ging davon aus, dass der Investor „die traditionsreiche Manufaktur in eine gute Zukunft führen wird.“
Februar 2023
Knapp sechs Monate nach der Übernahme war die Majolika Manufaktur im freien Fall: eine faktisch eingestellte Produktion, abgebrochene Aufträge, die Auflösung des Bildungs- und Kursprogramms und eine Belegschaft, die vergeblich nach Verantwortlichen suchte. In der Majolika gab der Karlsruher Immobilienunternehmer Thomas Heeger den Ton an. Ein ehemaliger Gröner-Vertrauter, die sich mit ihm nach gemeinsamen Geschäften in den 2000ern schon die Anklagebank teilten. In der Majolika trat er unter dem Namen Thomas Scherer auf. Nachdem ein Medienbericht die Zustände öffentlich machte, wurde die Belegschaft und Käuflein informiert, dass sich der Investor zurückziehen wolle.
März 2023
Anfang März traf sich OB Frank Mentrup mit Gröner in Berlin. „Die Ankündigung einer Abwicklung der Majolika ist vom Tisch“, sagte Mentrup danach. Gröner habe ihm auch versichert, die Majolika-Immobilie weiter erwerben zu wollen. Kurz darauf besuchte Gröner erstmals die Majolika, entschuldigte sich und versprach, sich mit dem Gröner Family Office künftig selbst um den Betrieb und die angestrebte Übernahme der Immobilie zu kümmern. Mit einer Verkleinerung der Manufaktur sowie der Quersubventionierung ihres Betriebs durch die Vermietung ungenutzter Flächen an Start-ups, als Boardinghouses und Kursräume wolle er die Majolika erhalten. Das von der Stadt für die Abgabe der Immobilie verlangte Konzept blieb er aber ebenso schuldig wie Nebenkostenzahlungen in Höhe von 40.000 Euro seit seiner Übernahme.
September 2023
Zur Sitzung des gemeinderätlichen Majolika-Begleitgremiums kommt Gröner wieder nach Karlsruhe. Einen geforderten Wirtschaftsplan hatte er nicht dabei, dafür setzte er der Stadt ein Ultimatum: Binnen 18 Monaten wolle er die Immobilie übernehmen, sonst müsse er die Manufaktur abwickeln, sagte Gröner den Gemeinderäten. Die Majolika-Manufaktur warb derweil wenige Wochen zuvor auf ihrer Website noch mit Osterdekorationen und halbierte ihre Öffnungszeiten.
Februar/März 2024
Nachdem Gröner auch ein Konzept mit Wirtschaftsplan vorlegte, wurden die Verhandlungen zwischen Gröner und der Stadt während des Winters wieder intensiviert. Die Pläne von Gröner stießen jedoch bei Parkplätzen und mit dem angrenzenden Naturschutzgebiet an Grenzen. Das Stadtplanungsamt brachte ein Parkhaus ins Spiel, hierfür gab es jedoch keinen Platz. Zur Fortführung der Verhandlungen wollte sich der OB bei den Gemeinderatsfraktionen versichern, ob sie überhaupt bereit seien, die Majolika-Immobilie noch an Gröner abzugeben. Eine Mehrheit lehnte das ab.
April/Mai 2024
Ende des Monats teilt Gröner der Stadtverwaltung mit, dass er den Geschäftsbetrieb der Majolika einstellen werde. Unter den gegebenen Umständen sei er nicht bereit, weiter Mittel für den Fortbestand der Produktion bereitzustellen, begründete der Investor den Schritt. Pro Monat müsse er 30.000 bis 40.000 Euro für den Betrieb der Majolika zuschießen. Schon Ende Mai solle die Manufaktur daher geschlossen werden. Mentrup suchte daraufhin wieder das Gespräch mit Gröner. Ein Treffen stand bei Redaktionsschluss noch aus. Die ausstehenden Nebenkostenzahlungen blieb Gröner bis dato ebenso schuldig wie die fällige Vergütung an die früheren Majolika-Aufsichtsräte. Die Stadtverwaltung versucht nach eigenen Angaben derzeit mögliche Perspektiven für die Majolika zu entwickeln. -fk
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