Ministeriums-Briefwechsel zum Tod von Peter Weibel
Stadtleben // Artikel vom 01.05.2023
Der Gedenkabend am 23.3., der Vernissagentag zu „Renaissance 3.0“ am 24.3. und vor allem die Begleitumstände des Todes von Peter Weibel werfen in der Karlsruher Bürgergesellschaft nach wie vor viele Fragen auf.
(1) Das hastige „Weiterweiter“ trägt wenig dazu bei, die Fassungslosigkeit über die Vorgänge zu mildern; die Karlsruher Stadtgesellschaft und das ZKM stehen weiterhin unter Schock. Die Statements der RednerInnen am 23. und 24.3. über die Begleitumstände des Zutodekommens von Weibel waren ja teils sehr unmissverständlich – man konnte den Eindruck erhalten, dass er in den letzten Monaten unmenschlich behandelt wurde, was seinen Tod beförderte. Haben Sie eine Untersuchung der Begleitumstände des Todes von Peter Weibel veranlasst?
(2) Weshalb sollte die „Wer denkt er schläft ist wach“-Feier seiner Freunde und Weggefährten am 23.3. im ZKM untersagt werden?
(3) Peter Weibel hatte neben seinen Bypässen, die offensichtlich eingestellt waren, auch noch eine schmerzhafte Krebserkrankung, mit der er aber sicher noch zehn Jahre hätte weiterleben können. Viele von Weibels Freunden wie z.B. auch Peter Sloterdijk äußerten massive Vorwürfe zum Umgang mit Peter Weibel in seinen letzten Monaten. Der Druck, der 2019 beim Thema seiner Vertragsverlängerung seitens des Stiftungsvorstands aufgebaut wurde, hatte sich in der Zeit vor seinem Tod offenbar nochmals verschärft. Sie hatten ja sowohl 2019 – damals noch als vermittelnde Staatssekretärin – als auch zuletzt bei den Verhandlungen über seinen Nachlass als Ministerin mit Peter Weibel persönlich zu tun. War das Verhalten des Stiftungsvorstands dem sichtlich schwer angezählten Künstler und ZKM-Chef gegenüber angemessen?
(4) Finden Sie, dass Dr. Frank Mentrup nach den gegen ihn erhobenen Vorwürfen weiter ZKM-Stiftungsvorstand bleiben kann oder sollte nicht auch er den Weg freimachen für einen reellen Neustart mit komplett neuen Playern?
(5) Dass Dr. Mentrup, wie er bei der „Renaissance 3.0“-Vernissage ausufernd erläuterte, ein Freund Peter Weibels gewesen sei – wo dieser doch eigentlich nicht für Freundschaften gebaut war, wie Peter Sloterdijk am Vorabend referierte – verwundert doch. Die Freiheit der Kunst ist ein hehres Gut. Wie wollen Sie im ZKM zukünftig vermeiden, dass ein entsprechender Durchgriff der Politik auf die Kunstinstitution erfolgt?
Statement des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Ba-Wü, Dr. Denise Burgert, Pressesprecherin & Leiterin Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit
Der Tod Peter Weibels nach kurzer, schwerer Krankheit hat uns alle tief getroffen. Staatssekretär Arne Braun war bei der Beisetzung in Wien und es war Ministerin Olschowski ein tiefes Bedürfnis, an der Gedenkveranstaltung am 23.3. und der Eröffnung Renaissance 3.0. teilzunehmen. Frau Ministerin Olschowski hat bei Peter Weibel studiert und saß mit ihm über die Jahre in vielen Gremien. Die Ministerin wie auch OB Dr. Mentrup haben in nicht-offizieller Funktion an der Veranstaltung am 23.3. teilgenommen und am Freitag (24.03.) nochmals in offizieller Funktion am Gedenken zur Eröffnung der Ausstellung Renaissance 3.0. Die Trauerredner haben ihre Gedanken und ihre Trauer mit der Öffentlichkeit geteilt und die herausragende Bedeutung Peter Weibels für das ZKM, für die Stadt und das Land herausgestellt.
Im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst war zu keinem Zeitpunkt Thema, die „Wer denkt er schläft ist wach“-Feier der Freunde und Weggefährten zu untersagen – im Gegenteil. Das Land ist Peter Weibel zu größtem Dank verpflichtet (s. auch die Pressemitteilung „Nachruf: Professor Peter Weibel: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg“) Dem Ministerium war ein wertschätzender Umgang mit Peter Weibel stets ein Anliegen. Auch aus diesem Grund sind wir dankbar, dass wir den Nachlass von Peter Weibel kurz vor seinem Tod noch erwerben konnten. Eine Ehrung durch das Bundesverdienstkreuz war von uns auf den Weg gebracht worden und wir waren mit Peter Weibel auch im Gespräch dazu, wie er weiter im Land hätte wirken können. Sein Tod ist für uns ein schmerzhafter Einschnitt.
Das ZKM ist eine Stiftung von Stadt und Land, deshalb sind Vertreter von Stadt und Land auch in den Gremien. Eine politische Einflussnahme auf die künstlerische Programmatik und die Arbeit des ZKM ist damit nicht verbunden. Selbstverständlich ist die Freiheit der Kunst und der künstlerischen Arbeit für uns ein zentrales politisches Anliegen. Sollten Sie nicht anwesend gewesen sein bei der Trauerfeier, lassen wir Ihnen gerne die Rede der Ministerin zukommen.
Antwort Roger Waltz, INKA-Verlagsleitung
Danke für die Stellungnahme des Ministeriums. In Anbetracht der präzisen Fragen hinterlässt sie den Eindruck, das Ministerium wolle sich diskret aus der Mitverantwortung ziehen. Sie können mir aber gerne die komplette Rede der Ministerin vom 24.3. im ZKM zukommen lassen. Zu Ihrer Frage: Ja, ich war als Kulturjournalist, der Peter Weibel rund 25 Jahre vorwiegend journalistisch begleitete, natürlich an beiden Tagen im ZKM vor Ort. Um mir ein vertieftes Bild zu verschaffen, auch die beiden Tage danach mit der Tagung der NobelpreisträgerInnen. Insgesamt habe ich den „Fall“ fünf Wochen recherchiert. Daher ja auch die Frage, ob das Ministerium nicht eine Untersuchung zu den Vorgängen einleitet, die zahlreichen Äußerungen verschiedener RednerInnen wie Peter Sloterdijk zum Thema würden dies ja nahelegen. Ich kann Ihnen eine Abschrift seiner Rede gerne zur Verfügung stellen.
Mir ist natürlich bekannt, dass Ministerin Olschowski (als seinerzeitige Staatssekretärin) mäßigend und ausgleichend in der lang anhaltenden Diskussion um Peter Weibels Vertragsverlängerung wirkte, insbesondere auch in Bezug auf den Stiftungsratsvorsitzenden des ZKM, den Karlsruher OB Mentrup. Die Ankäufe von Peter Weibel wurden quasi exakt zu dem Zeitpunkt kommuniziert, als er ins künstliche Koma versetzt werden musste. Der zeitliche Zusammenhang von allem kann Zufall sein. Aber dass man nach jahrelangem Intensivmobbing zu Tode kommen kann, ist ja bekannt.
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