Nachverdichtungs-Irrsinn in Rüppurr: Kunstrasenplatz statt Bio-Anbauflächen?
Stadtleben // Artikel vom 09.02.2021
Rüppurr stehen große Bauprojekte bevor.
Durch die geplante Verlegung von Sportplätzen Rüppurrer Vereine sieht sich ein Bio-Bauernhof in seiner Existenz bedroht. Der Konflikt legt nicht nur unterschiedliche Interessen offen, sondern steht auch sinnbildlich für den wachsenden Kampf um die immer knapperen Flächen in der Stadt. „Erstaunt“, ist Susanne Schleinkofer, „wie viele sich einbringen und Hilfe anbieten“. Nachdem zwei Kundinnen Ende Dezember eine Unterschriftenaktion starteten, zählt die Landwirtin aktuell über 800 Unterschriften zum Erhalt ihrer Bio-Ackerfläche. Das bedrohte, fünf Hektar große Gelände bewirtschaftet Schleinkofer seit 2003 und hat den Betrieb seit sechs Jahren auf Öko-Landbau umgestellt. Nun fürchtet sie, dass der Pachtvertrag zum November aufgekündigt wird. Besonders die kurzen Fristen machen ihr zu schaffen. „Ich habe eine jährliche Kündigungsfrist von nur vier Wochen. In anderen landwirtschaftlichen Pachtverträgen sind zwei Jahr üblich.“
Von Florian Kaufmann
Sie versuchte daher schon früh Klarheit zu bekommen, was die Stadtverwaltung mit ihrem Gelände plane. „Ich war schon seit drei Jahren im Gespräch und habe mich an die Stadt und die Grünen gewandt. Aber es hieß immer, so viel können wir da nicht machen“, sagt Schleinkofer. Bei landwirtschaftlichen Pachtverträgen säße man immer „am kürzeren Hebel“, ist ihr bewusst. Mit der Unterstützung ihrer Kunden und von Umweltverbänden hofft sie trotzdem bleiben zu können oder zumindest eine gleichwertige Ersatzfläche zu bekommen. „Neben dem biologischen ist auch ein regionaler Anbau wichtig“, wünscht sie sich eine Fläche in oder nah an der Stadt. „Ettlingen oder Rheinstetten wäre auch noch unser Einzugsgebiet“, sagt sie.
Für die Sportvereine ist die Lage klar
„Wir warten, dass es endlich los geht“, sagt hingegen Hartmut Jäger, der Vorsitzende der Sportgemeinschaft (SG) Rüppurr. Die Stadt habe Gelände vor drei Jahren gekauft, um es der SG zur Verfügung zu stellen. „Die Ausgangslage ist klar, aber wir sitzen seit drei Jahren auf dem Trockenen“. In den Jahren „hätte doch was passieren können“, ärgert sich Jäger. Als die drei Rüppurrer Sportvereine 2018 zur SG fusionierten, wurde mit der Stadt ein Geländetausch vereinbart. Die Vereine, die sich zusammenschlossen, da „klar war, dass es kleine Vereine in Zukunft sehr schwer haben werden“, gaben der Stadt ihre Sportplätze, die sie in Erbpacht besaßen und die Stadtverwaltung sagte im Gegenzug das Gelände am Brunnenstückweg zu. Dieses Gelände sei nach längerer Prüfung als einziges für die Erweiterung der Sportplätze in Frage gekommen. „Das ist der einzige Platz", betont Jäger.
„Die Stadt muss jetzt entscheiden“, fordert Jäger endlich Klarheit und spürt auch in seinem Verein eine wachsende Ungeduld. „Einige Mitglieder fragen, warum haben wir damals überhaupt fusioniert, warum haben wir das gemacht?“ Auf Dauer sei ein Vereinsleben an zwei Standorten nicht aufrecht zu erhalten. Er wolle keine zwei Lager zwischen Interessen des Sports und der Bio-Landwirtschaft aufbauen. Doch „die Stadt ist dafür da, Ausgleichsfläche zu suchen oder über eine finanzielle Entschädigung zu entscheiden“, sagt er. Keinen Einfluss habe der Neubau einer Bahnbrücke am Brunnenstückweg, bestätigte auch eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Das Projekt befände sich in einer „frühen Planungsphase“, sei aber „grundsätzlich unabhängig“ von einer möglichen Verlegung der Sportplätze. Jäger befürchtet trotzdem, „einige könnten auf den Gedanken kommen, dann gewinnen wir weitere Zeit“.
Stadt lässt sich Zeit
Viel Zeit ließ sich die Stadtverwaltung auch mit der Beantwortung der INKA-Anfrage, was als Zeichen eines hohen Abstimmungsbedarfs gewertet werden dürfte. Mit einer schnellen Lösung ist demnach nicht zu rechnen. Die Verwaltung bestätigte lediglich, dass „Planungen zur Etablierung eines Sportgeländes am Brunnenstückweg verfolgt“ würden. Wann mit einem Abschluss zu rechnen ist, ließ sie offen. Dies würde „in diesem Prozess zeitlich eingetaktet“, hieß es. Trotz ihrer planerischen Verantwortung gab sich die Verwaltung auch beim sich abzeichnenden Konflikt auf dem auf städtischen Grund am Brunnstückweg zurückhaltend über ihre eigene Rolle. Die Stadt werde sich „im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in eine konstruktive Lösungsfindung einbringen“, ließ die Stadtverwaltung wissen. Mögliche Ersatzflächen für den Bio-Hof nannte sie nicht.
Neben dem „persönlichen Interesse“ will Schleinkofer die Aufmerksamkeit auch nutzen, um „die Frage des Flächenverbrauchs zu thematisieren“. Auch mit Blick auf die Nachverdichtung sagt sie: „Die Stadt Karlsruhe muss sich fragen, ob wirklich alles bebaut werden muss“ und beklagt „jetzt wird schon wieder Fläche verbraucht und neu bebaut“. Mit der Kritik der Versiegelung von Flächen teilt sie die Kritik der Umweltverbände. Die Stadtverwaltung konnte den Flächenbedarf der Neubebauung noch nicht beziffern, betonte aber die Zielsetzung „so wenige Flächen wie möglich zu beanspruchen“. Mit vier Tennis- und dreieinhalb Fußballplätzen würde die Sportgemeinschaft ihren Platzbedarf sogar reduzieren, vergleicht auch Jäger den neuen Platzbedarf mit der aktuellen Situation mit noch drei Rüppurrer Sportstätten.
Weitere Bauprojekte folgen
Wie diese künftig genutzt werden sollen, ist offen. Für das Gelände des DJK Rüppurr ist eine Renaturierung im Gespräch, die Friedrich Lemmen von der Bürgergemeinschaft Rüppurr „sehr begrüßen“ würde. „Die Entscheidung ist aber noch nicht abgeschlossen“, sagt die Stadtverwaltung. Das Gelände der Alemania sei „mit direkter Straßenbahnanbindung ein Sahnestück, das von heute auf morgen bebaut werden könnte“, sagt Jäger. Von Seiten der Stadt ist hier tatsächlich die „Schaffung von Wohnraum“ und die Nutzung für „Nahversorgung, Kindertagesstätte und Pflegeangebote“ geplant. Im Juli 2020 stellte das Planungsbüro Mess in einer Bürgerveranstaltung erste Ideen und Entwürfe vor. In „enger Abstimmung“ mit der Stadtverwaltung würden die drei vorgestellten Bebauungsvarianten derzeit zu „einem Entwurf verdichtet“, sagt der Geschäftsführer des Planungsbüros Florian Groß. Egal, wie der Konflikt zwischen Bio-Bauenhof und Sportvereinen gelöst wird, sicher ist, dass ein Ende der Bauprojekte an allen Ecken der Stadt nicht abzusehen ist.
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