Nahvernichtung durch Nachverdichtung (II)
Stadtleben // Artikel vom 16.09.2018
Nach unserem Text zu Nachverdichtungen in der Weststadt erreichten uns zahlreiche weitere Infos aus allen möglichen Ecken der Stadt, wo sich engagierte BürgerInnen quer durch die Altersklassen und jenseits von Parteienzugehörigkeiten treffen, zusammenschließen, um zumeist unverhältnismäßige bis krasse ökologische Verwerfungen beim historisch größten „Umbau" der Stadt zu verhindern.
Zum Thema Fasanengarten in der Oststadt erreichten uns diese Infos zu spät. Die meist unabhängig voneinander agierenden BürgerInnen möchten sich nun besser vernetzen. Wir eröffnen den Stadtblog „Zeitlupe" nicht zuletzt, um diese Vernetzung zu fördern. Und einen Gegenpol zur täglichen Stadt-PR in den BNN setzen, die das Presse- und Informationsamt (PIA) als Sprachrohr von Stadtpolitik und Verwaltung so anrührt. Derzeit läuft eine Kampagne wie toll Ikea ist und wie super der Dommermuth-Bau voranschreitet. Das Problem dabei: Meinungsbildung findet in Karlsruhe woanders statt.
Dass Baubürgermeister Obert zu seinem Abschied - er stand bereits vor zwei Jahren zur Disposition, konnte aber wegen mangelnder Alternativen der SPD, die das Vorschlagsrecht besaß, nicht abgelöst werden und somit fröhlich weiteragieren - verbrannte Erde hinterlässt und nochmal eben Fakten schaffen wollte, ist sein gutes Recht. Dem neuen Baubürgermeister hinterlässt er damit aber ein katastrophales Erbe. Soeben bekam offenbar der Investor am Franz-Rohde-Haus die Baugenehmigung. Warum diese im Umgang mit der Bevölkerung herrische, im Umgang mit Immobilien-Investoren derart unterwürfige Herangehensweise der Stadtverwaltung? Die Immoszene ist doch bundesweit und global auf Raubritter-Tour - die wollen doch was und zwar unseren Grund - und die Stadt ist auch selbst ein gewichtiger Player auf dem Markt und könnte hier ganz anders und selbstbewusst mit dem Fokus auf ökologischen Ausgleich und der Berücksichtigung der Interessen BürgerInnen agieren. Viele Investoren verschließen sich zudem ökologischen Interessen gar nicht - und die Hitzewellen in den vergangenen Jahren in Karlsruhe sollten endlich zu einem Paradigmen-Wechsel führen: Ökologie und Bürgerinteressen - sprich das Gemeinwohl - stehen im Vordergrund jeder Entscheidung.
Angeblich will man der „Bürgergesellschaft“, zu der sich auch INKA zählt, den Stadtraum zurückgeben. Aber „stadt" froh zu sein, dass viele viele hier nun gelassener mit dem U-Strab-Bau und dessen Folgen wie aktuell der Kriegsstraße umgehen, wie auch wieder die rund 18.000 Interessierten bei den „Baustellen-Open" am gestrigen Samstag bewiesen, schürt man mit stadtübergreifenden Nachverdichtungsprojekten erneut massiven Unmut. Bezahlbarer Wohnraum muss her - aber nicht um den Preis, dass noch der letzte Winkel zubetoniert wird. In den Neubauten werden dann Münchner Quadratmeter-Preise aufgerufen. Hat man hier aus den katastrophalen Bausündenn der 60er und und 70er Jahre wie etwas der Planierung des Dörfles nix gelernt ? Wie sind hier die Prioritäten? Will man nicht endlich den Neubau der Stadtbibliothek am Kronenplatz forcieren, die die Stadtplanungskatastrophen dort einigermaßen kaschieren könnte und vor allem für eine sinnvolle Belebung der Innenstadt-Ost sorgen würde? Oder hat doch das KSC-Stadion Vorrang, weil das ja in eine städtische GmbH ausgegliedert werden kann?
Viele Initiativen in der Stadt sind auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Stadtbild zusammengefasst: www.arbeitsgemeinschaftkarlsruherstadtbild.com
Ach so: Wo sind eigentlich die Grünen? Wo die einst wichtige Stimme des „kulturkonservativen“ Teils der CDU?
Fragt sich am 16.9. nicht nur
Roger Waltz
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