Partisan des Friedens, Fassungslosigkeit, Rassismus & Kunst

Stadtleben // Artikel vom 27.08.2021

Offener Brief von Dr. Benno Kotterba (Schrifthof – Werkstatt für experimentelle Kalligraphie).

Fassungslos stehe ich aktuellen Geschehnissen gegenüber. Der militärische Einsatz der Bundeswehr mit neokolonialer Attitüde wurde von Politiker als „die Freiheit am Hindukusch verteidigen“ schöngeredet. Gefragt habe ich mich immer: Wessen Freiheit? Gescheitert das Ziel, durch Gewaltverhinderung Demokratie zu vermitteln. Nur schnell weg, bevor jemand merkt, dass alles ratlos und planlos passiert. Die Landsleute noch im Chaos retten. Rettungsflüge der Bundeswehr eingestellt. Dramatische Bilder, unmenschliche Szenen – und bedauernde Worte der Politiker lassen sich dann leicht nachschieben. Haben wir aus Kolonialismus, Besetzungen und Kriegen, aus Besatzung und Mauern, aus Flüchtlingsströmen und gesellschaftlichen Spaltungen nichts gelernt?

Ich habe mich in den letzten Wochen auf die Suche nach dem Andartis des Friedens – dem Partisan des Friedens gemacht, die damit verbundene Geschichte hat mich, das Nachkriegskind, fassungslos gemacht. Fassungslos lese ich, dass im Artikel 3 unseres Grundgesetzes immer noch das Wort „Rasse“ steht. Es gab den Vorschlag der Bundesregierung, den Begriff „Rasse“ durch ein „Verbot der Diskriminierung aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen. Auch das gescheitert.

Fassungslos hat mich auch in unserem unmittelbaren Umfeld gemacht, dass die bevorstehende Aktion „Durlach-Art“ von einem Hauptakteur organisiert wird, der sich in seinem Facebook-Profil mit eigenen rassistischen und rechten Meinungen öffentlich äußert (sie sind dokumentiert). Viele Durlacher und Karlsruher KünstlerInnen haben ihre Beteiligung zurückgezogen sowie Sponsoren ihre Unterstützung abgesagt und sich distanziert, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.

Fassungslos nehme ich zur Kenntnis, dass die Verbindung von Kunst und Rassismus verharmlost wird oder KünstlerInnen aus opportunistischen Gründen beteiligt bleiben: Kunst, Rassismus und Kommerz. Das darf nicht geschehen: Wehret den Anfängen. Denn Solidarität, Gleichheit, Frieden und Freiheit für alle muss das Ziel sein – nicht weniger.

Das Autismus-Zentrum Bruchsal wollte sich mit seiner Ausstellung „Mein Fenster zur Welt“ an der „Durlach-Art“ beteiligen. Aus o.g. Gründen hat es mit Schreiben an den Hauptakteur sich von der „Durlach-Art“ zurückgezogen. Meine Künstler-KollegInnen und ich haben ohne Zögern dem AZ unser Teilatelier im Alten Schlachthof angeboten. Aus Anlass seines zehnjährigen Bestehens zeigt das AZ dort die Werke seiner KlientInnen (Vernissage: Do, 9.9., 18-21 Uhr, bis 12.9., 11-19 Uhr, Atelier 2 im Atelierhaus, Alter Schlachthof 13 a, Karlsruhe, Eintritt frei).

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