Staatstheater, Sandrock & Kunstdiebe

Stadtleben // Artikel vom 13.07.2017

Wer im Sommer 2015 Bauchschmerzen wegen der prognostizierten 125 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung des Badischen Staatstheaters verspürt hat, wird sich jetzt auch nicht mehr wundern, dass die Kosten mittlerweile bei bis zu 325 Millionen Euro liegen sollen.

Dazu genügt im Grunde ein Blick auf die großen Umbauten (nicht Neubauten wie die Elbphilharmonie) in Stuttgart oder Köln. Karlsruhe dagegen verschleiert erstmal – nicht jeder kann ja wissen, dass erste Kostenangaben angeblich immer nur die puren Baukosten umfassen. Angesichts der Dikussionen um die Kulturkürzungen in der Stadt schien dieses Vorgehen wohl opportun. Wenig transparent ist das. Kosten, etwa um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, Gelder für die Ausstattung, die Gestaltung des Theatervorplatzes oder die Baupreissteigerung von der Wettbewerbsauslobung bis zur Umsetzung wurden einfach ausgeklammert. Wenn man die am Ende doppelt so teuer gekommene Generalüberholung von Oper und Schauspielhaus in Köln als Referenzpunkt nimmt, werden es nach unserer Rechnung gut und gerne 500 Millionen!

Derweil hat KSC-Präsident Ingo Wellenreuther mit dem ehemaligen DFB-Generalsekretär und Turnierdirektor der Fußball-WM 2006, Helmut Sandrock, rechtzeitig vor der Bundestagswahl einen neuen stadionumbauerfahrenen Geschäftsführer präsentiert, der im Nachspiel der Sommermärchen-Affäre zurücktreten musste, von der Fifa aber lediglich die gelbe Karte gezeigt, sprich eine Verwarnung bekommen hat. Wer den Weltfußballverband kennt, weiß dies zu werten. Wohl ungeschoren davonkommen werden auch die Diebe, die im Badischen Landesmuseum neben dem brillantbesetzten Diadem der Großherzogin Hilda im Wert von 1,2 Millionen Euro noch Leonhard Kerns 500.000 Euro kostbare Elfenbeinskulptur aus dem Jahr 1620 mitgehen ließen. Neben allerlei spöttischen Kommentaren im Social Web, wo das BLM als Selbstbedienungsmöbelladen verhohnepipelt wird, fliegt Direktor Eckart Köhne jetzt ausgerechnet sein ja eigentlich stimmiges neues Museumskonzept der Expothek um die Ohren, in dem er befürwortet, die Besucher in direkten Kontakt mit den Sammlungsgegenständen kommen zu lassen.

Apropos Besucher: Die meiden das aufgegrabene Karlsruhe immer mehr. Laut der jüngsten Frequenzzählung zum erst für 2020 erwarteten städtischen City-Gutachten beträgt der Rückgang nicht 30, sondern 50 Prozent – selbst in Eins-a-Lagen! „Auch die ‚Qualität’ der Passanten“ nehme weiter ab, beklagt die von Petra Lorenz und Marc Ephraim vetretene Interessengemeinschaft „Für Karlsruhe“ in einem offenen Brief an Wirtschaftsbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz. Darin bitten sie eindringlich, neben Sofortmaßnahmen „eine ‚Stabstelle Handel/Innenstadt’ im Bereich der Wirtschaftsförderung einzurichten, die sich mit den akuten Problemen befasst und mit Betroffenen/Akteuren Lösungen erarbeitet“.

Was in Karlsruhe aber nicht in die Zuständigkeit der Wirtschaftsförderung fällt, sondern Aufgabe des Citymanagers Sascha Binoth ist, weshalb die IG zurecht feststellt, dass „er alleine diese Aufgabe nicht bewältigen kann, zudem würde es hier auch zu Interessenskonflikten kommen“. Skandalöserweise wird in der Fußgängerzählung der wahre Baubeginn 2010 vom Amt für Stadtentwicklung hier auf Oktober 2011 und dort auf April 2013 verschoben. Schludrigkeit oder Absicht? Wir meinen: Schluss mit dem Verschleiern und endlich alle Zahlen auf den Tisch! -pat/rw

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