Stadtnews Oktober 2022
Stadtleben // Artikel vom 29.09.2022
Handel trotz Wandel.
Vor dieser Krux standen die von den U-Strab-Tunnelbauarbeiten am meisten geplagten Kaiserstraßen-Geschäftsleute über zehn Jahre. Dass mit der im Dezember 2021 fertiggestellten ersten Hälfte der Kombilösung alles besser werden würde, war schon damals Wunschdenken. Auch, wenn der prognostizierte Corona-Nachhall dann doch nicht so donnernd ausfiel, wie befürchtet – gerupft ist die neue Fußgängerzone im Oktober 2022 durchaus. Einige Leerstände sollten nun wieder belebt werden: Das ehemalige Domizil von Schuh Danger (Ecke Kaiser-/Ritterstr.) übernimmt in unbestimmter Zeit die dänische Allerleikette Søstrene Grene. An der Ecke zur Herrenstr. zieht Snipes mit Sneakern und Streetwear ins ebenfalls in Umgestaltung befindliche Schuhhaus Dielmann. Die Präsidentin des Handelsverbands Nordbaden Petra Lorenz ist es derweil überdrüssig, durchzuhalten: Nach 19 Jahren schließt sie das lange als Leder Point bekannte Fachgeschäft Gepäckraum und flieht Richtung Durlach, wo sie ihr Taschenreich zu einer Einzelhandelskaffeebar ausweiten möchte. Denn es drohen schon die nächsten Dauerbaustellen – nicht nur, weil ab Frühjahr die Straßenbahnschienen weichen und mittelfristig die Fußgängerzone neu gepflastert wird. Unweit des Gepäckraums will die städtische Fächer GmbH ihre Gewerbeimmobilie sanieren: Am Technischen Rathaus wird von Januar 2023 bis Anfang ’25 gewerkelt. Während der bereits 2017 sanierte Gebäudeflügel Lammstr. gegenüber Karstadt in Betrieb bleibt, sind nun die Abschnitte Zähringer- und Kaiserstr. sowie Marktplatz dran; einschließlich Büros, Ladenzeilen und der Brücke zum Rathaus. Die TR-MitarbeiterInnen ziehen übergangsweise ins aufgegebene Rathaus West, wo die (ukrainischen) Flüchtlinge vertrieben werden. Betroffen von der Sanierung ist auch die deshalb Ende Oktober schließende Böckeler-Filiale. Anvisierte Fertigstellung ob mit oder ohne Café: 2024. Im Haushaltsplan sind dafür rund 18 Mio. Euro eingestellt. Vis-à-vis von Lorenz ist mit den „Großen Größen“ für Herren seit Juni Schluss, über dem vom Modeausstatter Hirmer zurückgelassenen Gebäude schwebt die imaginäre Abrisskugel. Bereits den altersbedingten Abbruch des Hauses Ecke Lamm-/Kaiserstr. samt bis 2026 fertiggestelltem Neubau angekündigt hat die wiederum gegenüber ansässige Bekleidungskette Peek & Cloppenburg; der Ausverkauf läuft bis Sa, 15.10. Es soll einen P&C-Interimsstandort geben – man munkelt in der Postgalerie. Dort räumt Decathlon seine beiden Etagen und fokussiert sich künftig aufs Durlach Center, wo die Verkaufsfläche dann mehr als verdoppelt wird. Ein Lichtblick: das Ende des Tunnelbaus und die damit einhergehende Komplettierung der Kombilösung. Am Mi, 19.10. soll die nun taubensichere Trasse unterhalb der Kriegsstraße vorläufig für den Verkehr freigegeben werden. -pat
Positives und (fast) Lustiges gibt’s dagegen vom Rheinstrandbad. Dort soll im Herbst das Milchhäusle wiedereröffnet werden, an der Stelle des ehemaligen DLRG-Häuschens. Für viele Spaziergänger am Rhein ist dies auch im Herbst und Winter eine coole Adresse. Das Restaurant aber, das der Bewirtung der Gäste in Rappenwört und damit dem Gemeinwohl dient, soll dann bis zur Fertigstellung 2030 zehn Jahre lang leergestanden sein. Problem: Von elf Mio. Euro wurden nur 5,5 bewilligt. Daher muss die Lüftung nun im Gastraum untergebracht werden. Platz für Gäste ist dann nicht mehr. Keine Satire, das sagt der Bauherr. Gäste müssen weiterhin außerhalb auf der Terrasse „aasen“. Wer nun angesichts der Dauerbaustelle Kaiserstraße gedacht hätte, dass mit engagierten Einzelhändlern, Kultur oder inhabergeführter Gastro die umliegenden Straßen entwickelt werden – was nur mit Freiraum für Ideen klappen kann – sieht sich getäuscht. Der Planungsausschuss will das Regelwerk „Richtlinie für sondernutzungspflichtige Ausstattung im öffentlichen Raum“ ändern. Mit starren Regeln. Loungemöbel, Liegestühle, Sitze aus Holzpaletten, Heizpilze, Werbeaufsteller in der Kaiserstraße – alles verboten. Auch die Schirme sollen vereinheitlicht werden. Grau. Vermutlich wieder eine „Identität der Fläche“. So nannte die stadteigene PR die vorherrschende Farbe „Rostbraun“ am Marktplatz. Und statt dem Aus fürs technisch völlig veraltete Kohlekraftwerk RDK 7 kommt es jetzt zur völligen Kehrtwende: Das Regierungspräsidium Karlsruhe erlaubte der EnBW einen Weiterbetrieb für weitere 16 Jahre! -rowa
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