Armenien-Theaterfestival

Bühne & Klassik // Artikel vom 22.11.2015

Ganz Jerewan war im vergangenen Frühjahr vom Vergissmeinnicht übersät.

„Ich erinnere und fordere“, sollte die Blume in der armenischen Hauptstadt und über ihre Grenzen hinaus sagen. Während die Welt auf die großen Schlachtfelder schaute, erlitt das armenische Volk 1915 ein kaum beachtetes Schicksal – den Völkermord durch die Jungtürken im Osmanischen Reich. Bis heute vielfach verleugnet und von der Weltöffentlichkeit scheinbar vergessen, erfährt das Verbrechen nach 100 Jahren wieder Aufmerksamkeit. Auch ein neuntägiges Festival im Badischen Staatstheater richtet den Blick gen Armenien gestern und heute. Den Auftakt machen ein Lyrik-Abend mit dem armenischen Dichter Vahe Arsen und anschließender Party mit DJ Tigran M im Outer Space (Sa, 21.11., 20 Uhr) sowie die Augenzeugenberichte, die Genozid-Forscher Mihran Dabag sammelt (So, 22.11., 11 Uhr, Studio).

Die deutsch-armenische Gesellschaft hat eine Ausstellung zum Völkermord konzipiert, die mit einem Vortrag von Aleida Assmann eröffnet (22.11., 13 Uhr, Mittleres Foyer). Beiträge aus Tanz und Theater setzen das Festival fort: Die Tanzperformance „You are not a fish after all“ von und mit Mihran Tomasyan rollt den Mord am armenischen Journalisten Hrant Dink 2007 in Istanbul auf (22.11., 18 Uhr). Aida Simons Tanztheaterstück „Pro Shamiram & L’Ultima Cena“ erzählt die Legende von Königin Shamiram und Ara (Do, 26.11., 20 Uhr). Samvel Martirosyan stellt „Die Grenze zwischen deinen Beinen“ in einer szenischen Lesung vor (Fr, 27.11., 20 Uhr, jeweils Studio) und „Die Kinder des Musa Dagh“ nach einem Roman von Franz Werfel berichtet von einer Gemeinschaft Widerständiger (Premiere: Sa, 28.11., 19.30 Uhr, Kleines Haus). Am Mi, 25.11. beginnt in der Kinemathek eine armenische Filmreihe (19 Uhr). Der 91-jährige Krikor Melikyan, Autor, Schauspieler und Sohn eines 1909 vertriebenen Armeniers, erzählt von früher (Sa, 28.11., 17 Uhr, Mittleres Foyer), die junge Performance-Künstlerin Shogakat Mike-Galstyan wiederum vom heutigen Armenien und ihren Projekten mit türkischen Künstlern (So, 22.11., Studio, mit anschließender Diskussion).

Über die deutsche Mitverantwortung am Völkermord klärt der Historiker Aschot Hayruni auf (So, 29.11., 11 Uhr, Studio). Ein Märchennachmittag (22.11., 15 Uhr) und ein armenisches Fest mit Volkstänzen, Musik und Delikatessen nach der „Musa Dagh“-Premiere (Sa, 28.11., 22 Uhr, jeweils Mittleres Foyer) geben weitere Einblicke in die Kultur des Landes ganz im Osten Europas. Das Festival endet mit dem Erebuni-Quartett, Ani Aghabekyan (Violine) und Ruben Meliksetian (Klavier), die beide in Karlsruhe leben, und Ausschnitten aus dem Roman „Das Buch des Flüsterns“ von Varuyan Vosganian
(So, 29.11., 20 Uhr, Kleines Haus). -fd

Sa-So, 22.-29.11., Badisches Staatstheater/Kinemathek, Karlsruhe

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