Die geschäftsführende ZKM-Vorständin Helga Huskamp im Interview

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 29.03.2022

Seit September ist Helga Huskamp neue geschäftsführende Vorständin am ZKM und übernimmt nach einem Jahr Vakanz die Stelle von Christiane Riedel.

Friedemann Dupelius und Roger Waltz haben sie über die ersten Monate am ZKM sprechen, in eine Glaskugel schauen und die Stromrechnung des Hallenbaus analysieren lassen.

INKA: Wie haben Sie sich im ZKM eingelebt?
Helga Huskamp: Als ich vergangenen September ankam, war meine Position schon ein Jahr lang verwaist. Die Teilaufgaben waren sehr gut von KollegInnen aus dem Haus übernommen worden. Ich bin erst ein halbes Jahr lang da, bin immer noch die Neue, aber ich fühle mich sehr herzlich aufgenommen und konstruktiv eingearbeitet. So langsam vernetzen sich meine Synapsen bezüglich all dessen, was in diesem großen, diversen Haus an Themen herumschwirrt.

INKA: Wer sind Sie und wie kamen Sie ans ZKM?
Huskamp: Mein erster Kontakt mit dem ZKM in den 90ern war, dass man uns Professor Belting weggeschnappt hatte. Ich studierte in München Kunstgeschichte und habe von da an genau beobachtet, was in Karlsruhe passiert. Schon damals lag mein Fokus auf dem Ermöglichen von Kunst und Kultur. Ich bin nie selbst künstlerisch oder kuratorisch aktiv gewesen. Die ersten zwölf Berufsjahre war ich als Kommunikationsmanagerin in der Wirtschaft bzw. Kreativagenturszene, bis ich mit Anfang 40 in die Kultur zurückging, zuerst zum „Internationalen Dokumentarfilmfestival“ in München. Über die Stiftung Bauhaus in Dessau und die Staatsgalerie Stuttgart bin ich dann 2021 ans ZKM gekommen – durch Corona natürlich in einer Zeit, die keine Normalität hat.

INKA: Das Ende der Ära Peter Weibel nähert sich. Was kommt danach?
Huskamp: Da schauen wir in eine Glaskugel. Es ist noch nicht klar, wer kommt und es ist auch nicht an mir, eine Zukunft des ZKMs zu skizzieren, da meine Rolle die der geschäftsführenden, nicht der programmatischen Leitung ist. Aber in meinen Vorstandsbereich fällt die Kommunikation und Vermittlung und hier sehe ich schon die Aufgabe, dass wir das ZKM noch stärker öffnen müssen, um allen aus unserer Gesellschaft Teilhabe zu ermöglichen. Das ZKM arbeitet schon sehr viel mit den Communitys der Stadt, aber natürlich ist da immer noch mehr möglich. Auch in der Kommunikation nach außen liegt noch ungenutztes Potenzial. Momentan sind wir mitten im Prozess, die Erfahrungen mit den digitalen Formaten aus den Schließzeiten der Corona-Pandemie auszuwerten und zugleich den Weg zurück ins Analoge neu zu überdenken. Außerdem haben wir seit einem halben Jahr eine neue Leiterin des ZKM-Shops: Almut Werner kommt aus der Buchhandelszene und hat aus dem Laden eine richtige Kunstbuchhandlung gemacht, die sehr gut läuft.

INKA: Welche neuen Wege möchten Sie in der Kommunikation des ZKM nach außen gehen?
Huskamp: Mir ist es sehr wichtig, das Geschehen in Kunst und Kultur so nach außen zu tragen, dass es auch Menschen verstehen, die nicht Teil der Szene sind. Ich betreibe mit großer Leidenschaft Kommunikation und für das ZKM war für mich ein journalistisches Magazin naheliegend. Ein solches bringen wir Ende April und ab dann im jährlichen Rhythmus heraus. Die erste Ausgabe nennt sich „Innensicht“ und enthält Beiträge über verschiedene Bereiche und Personen des ZKM. Die Leser sollen ein Gefühl dafür bekommen, was diese Institution ausmacht. Das ZKM hat noch sehr viel Potenzial in der Vermarktung. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube in der Kultur, dass Vermarktung bedeutet, das Programm zu banalisieren. Nein, das Programm kann und muss komplex und künstlerisch sein, aber das Einladen dazu darf ruhig lauter und plakativer sein.

INKA: Wie haben Sie sich mit den anderen Kulturplayern in der Stadt vernetzt?
Huskamp: Ich nehme den Zusammenhalt in der Stadt als sehr gut wahr und bin sehr offen begrüßt worden. Hier sind gute Leute tätig. Mit der HfG, der Städtischen Galerie und der Kunsthalle, die ja mit einer Präsentation der Sammlung ins ZKM zieht, werden wir uns gemeinsam als „Hallenbau“ neu branden und Ende Oktober ein viertägiges Hallenbau-Festival veranstalten, bei dem wir auch das 25. Jubiläum des ZKMs an diesem Standort feiern werden.

INKA: Welche Rolle spielt „Green Culture“ in einem Museum, das durch seine Exponate einen hohen Stromverbrauch hat?
Huskamp: Der Energieverbrauch ist ein großes Thema bei uns. Der des Gebäudes – leider werden wir aus dem Hallenbau nicht von heute auf morgen ein Passivhaus machen können – und der Verbrauch, weil wir ein Zentrum für Kunst und Medien sind. Spätestens mit der Ausstellung „Critical Zones“, die auf die Klimakrise einging, gab es da einen Glaubwürdigkeits-Gap. Im November haben wir einen großen Workshop mit allen Mitarbeitern gemacht und Ziele festgelegt. In jedem Bereich gibt es nun eine Person als „Green Culture Manager“, die sich um Optimierungsmöglichkeiten kümmert. Bereits vor meinem Antritt hat sich aus der politisch interessierten Belegschaft des ZKM eine eigene Arbeitsgruppe „Green Culture“ gegründet und auch in den Abteilungen gab es viele Aktivitäten. Wir haben unsere Server optimiert. Wir machen Studien und Fortbildungen zu IT-Sparpotenzial. Wir haben ein E-Auto. Wir nutzen Solarzellen. Gerade tragen wir all das zusammen, legen Prioritäten fest, stellen Geld im Haushalt zurück und nehmen am Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit teil. Die Bereitschaft des Teams im Haus ist extrem hoch.

INKA: Seit Ende Februar herrscht Krieg in der Ukraine. ZKM-Vorstand Peter Weibel ist in Odessa geboren. Wie gehen er und das ZKM mit der Katastrophe um?
Huskamp: Von Beginn an wollte Peter Weibel keine Symbolik, sondern konkretes Handeln. Das war auch schon beim Thema Afghanistan so. Das ZKM ist ein politisches Haus, schon seit Längerem arbeiten wir mit der Initiative „Artists At Risk“ zusammen, die politisch verfolgte Künstler unterstützt. Erst im Februar hatten wir ein gemeinsames Onlinesymposium. Masha Alekhina von Pussy Riot sollte dort sprechen, drei Tage vorher wurde sie verhaftet. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich aus unserem ZKM-Team heraus sofort eine Gruppe gebildet, die sich engagiert hat, geflüchtete Künstler über ein Residenzprogramm ans ZKM einzuladen. Wir bemühen uns um Wohnraum für Geflüchtete, die erste Künstlerin mit Kind ist schon bei uns. Für den 29. und 30.3. hat Peter Weibel unter dem Titel „Tribute To Odessa“ einen „Beitrag zur Anamnese des Ukraine-Krieges“ zusammengestellt mit Filmen, einem Vortrag sowie einem Konzert der ukrainischen Pianistin und Komponistin Kateryna Ziabliuk.

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