Nachverdichtung: Stadtverwaltung & Immobilieninvestoren vs. Bürgerinteressen
Stadtleben // Artikel vom 12.03.2019
Der fundamentale Dissens zwischen Stadtverwaltung und Bürgerschaft in Sachen ökologisch verträglicher Nachverdichtung nimmt kein Ende und spitzt sich in allen betroffenen Bereichen zu.
Von denen man bisher weiß. Es wird sich noch mehr in der Giftküche aus der Amtszeit von Bau-BM Obert befinden. Bekanntlich wurde diese große Schwachstelle innerhalb der Stadtspitze schon lange erkannt – indes zog sich seine Neubesetzung hin, da die SPD keinen geeigneten Sofortkandidaten fand. Man ließ Obert also nochmals zwei lange Jahre weitermachen und vertraute offenbar darauf, dass er mit den Leiterinnen von Bauordnungsamt und Stadtplanung Fachkompetenz an seiner Seite hätte. Ein riskantes Unterfangen, den größten Umbau der Stadt, die sich als Kapitale in Richtung 400.000 Einwohnern entwickeln soll, mit einem völlig fachfremden Bau-BM zu bestreiten. Obwohl man dessen Mängel kannte, war offenbar aber auch die Kontrolle unzureichend. Die Situation offenbart einen grausamen Mangel an Empathie, was fundamentale Bürgerinteressen wie Wohnen und Ökologie im Stadtraum betrifft.
Gleichzeitig ist Karlsruhe ein Paradies oder besser gesagt Eldorado für Immobilieninvestoren aller Art, die hier in beispielloser Art und Weise hofiert werden, statt endlich Weichen für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu stellen. Sofern es nicht zu spät dafür ist. Bei der Beschau des Schlosses Augustenburg in Grötzingen äußerte der neue Bau-BM Daniel Fluhrer zwar sein fast entsetztes Bedauern, wie man so etwas genehmigen könne. Nur: Lässt sich noch Fundamentales rückgängig machen? Wohl kaum. Dafür wären ja absurderweise diejenigen zuständig, die es genehmigt haben. Eine der letzten Amtshandlungen von Obert war der Vollzug in Sachen Franz-Rohde-Haus: Die 19 großen alten Bäume des kleinen Parks wurden eben gefällt – für Parkplätze der Nobelimmobilien.
Das nächste Vor-Osterei aus der Giftküche von Obert: die Waldstadt, ein tolles Gebiet für Investoren, um sich ganz ohne jeden Bebauungsplan, was für eine gewisse Verwahrlosung im Amt spricht, mal so richtig auszutoben. Hochhäuser neben Einfamilienhäuser: In dem grünen Stadtteil droht in verschiedenen Straßenzügen ein besonders krasser Investorenwildwuchs. Schutz dafür gibt’s von den Bauämtern: Wer als Investor dort anfragt, ob er dies oder jenes bauen, ob er Bäume fällen darf o.ä. genießt fortan Investorenschutz. Vertrauensschutz. Und die betroffenen Bürger? Haben keinerlei Schutz. Investoren können in aller Ruhe hinter den Kulissen planen und wenn sich die Ämter mal erbarmen wie im Fall Sophien-Carrée, sind dies auch nur Lippenbekenntnisse. Selbst die Grünen stimmten der Bebauung des riesigen Areals zu. Hier sind u.a. die Kirchen beteiligt. Die Stadt empfahl ihnen, ihre Planungen öffentlich zu machen. Seitdem ist nichts geschehen, seit fast einem Jahren gibt es keinerlei Antworten zu den zahlreichen Einwendungen.
Nun formiert sich eine Bürgerinitiative: „Für ein grünes Sophien-Carrée“ wehrt sich gegen Grünvernichtung. Hier wurde ein Bebauungsplan, den Lüppo Cramer von der Karlsruher Liste (KAL) im Juli 2018 im Gemeinderat beantragt hatte, um die Situation zugunsten des Stadtgrüns und zum Wohle der Anwohner zu lösen, von allen „großen Parteien“ (ja, auch von den Grünen) abgelehnt. Ein Plan, der das Stadtgrün hätte schützen können! Ein kleiner Stadtwald von ca. 30 hochgewachsenen Bäumen und das Wohlergehen von Mensch und Tier, die hier leben, wurde zugunsten der Investoreninteressen aufgegeben. Das Gelände umfasst die Grundstücke des Audi-Zentrums und der beiden christlichen Kirchen. Auf diesem Areal, eingerahmt von Sophien-, Schiller-, Weinbrenner- und Körnerstraße, sollen zwölf Wohnblocks entstehen. Sogar ein Kompromiss wäre möglich: Das Audi-Gelände ist bereits versiegelt. Hier entstehen sechs Neubau-Wohnblocks.
Während sich im Gemeinderat im Herbst eine Mehrheit für neue Richtlinien zur Nachverdichtung fand, die vom Stadtplanungsamt prompt damit beantwortet wurde, dass man dafür 2019 kein Personal habe, stimmten im Januar lediglich sechs Stadträte gegen die Bebauung des Fasanengartens. Der Kompromiss sei ausverhandelt. Kompromiss heißt, dass 100 Prozent des Investorenvorhandelns durchgesetzt wurden. Denn die ursprüngliche Planung war offensichtlich extrem überdimensioniert. Der Gemeinderat vertritt quer durch alle Parteien bis auf die KAL ganz offenbar die Interessen der eigenen BürgerInnen nicht. Die Macher, ob Wohnungsbaugenossenschaften oder auch Kirchen, kaufen sich derweil PR in der Lokalpresse: Wie toll der Kompromiss doch sei, Firmenporträt inklusive. Das gilt ebenso für kirchliche Investoren, die auch bei der Berckholtz-Stiftung Ecke Weinbrenner-/Sophienstraße mit Nachverdichtungsoptimierung in Kooperation mit dem stadtbildbegradigenden Stadtplanungsamt auffallen. Derweil wird in Rüppurr ein Stadtkloster geplant. Vermutlich, um in Ruhe scheinheilige Immobiliengeschäfte auf Ethik und Moral hin zu bebrüten.
Im C-Areal, wo die Stadt noch eingreifen könnte, ist derzeit das Invest-Geheule groß, da sich der Baubeginn Richtung 2025 verschieben soll. Ob es der Stadt wichtig ist, die eigenen neuen ökosozialen Richtlinien in puncto Nachverdichtung und ökosozialer Stadtentwicklung durchzusetzen, wird sich hier erweisen – denn noch kann die Stadt selbst die Notbremse ziehen und das Areal eventuell doch dazu nutzen, hier exemplarisch Stadtentwicklung vor Investoreninteressen zu stellen. Die Grünen haben offenbar bemerkt, dass ihre investorenfreundliche, leider aber krass antigrüne, ökologiefeindliche Politik in Sachen Nachverdichtung nicht so gut ankommt. „Damit Wohnen für alle bezahlbar bleibt“, wurde beantragt, die Stadt und ihre Gesellschaften sollten grundsätzlich keine für Wohnzwecke geeigneten Grundstücke und Wohngebäude mehr verkaufen. Nur so könne „der Einfluss von Verwaltung und Gemeinderat auf günstige Miethöhen dauerhaft erhalten bleiben“. Aha. -rw
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