Rauch frei?
Stadtleben // Artikel vom 27.05.2007
Währen die einen das Ende des Raucher-Terrors herbeisehnen, befürchten andere wohl zu Recht eine deutsch-gründliche Raucherhatz.
Was aber meinen die Gastronomen in Karlsruhe selbst? Franziska Beyer hat sich für INKA unter den Karlsruher Gastronomen umgehört.
In italienischen Restaurants ist der blaue Dunst ebenso verboten wie in spanischen Bussen und irischen Pubs. Auch Baden-Württemberg steht ein Gesetz zum Nichtraucherschutz ins Haus: Ab 1. August soll das Rauchen nur noch in vollständig abgetrennten Nebenräumen, Bierzelten oder unter freiem Himmel erlaubt sein. Kleinere Cafés und Gaststätten werden damit zwangsläufig zum Nichtraucherbetrieb. Und in Clubs und Diskotheken darf sich in Zukunft gleich gar niemand mehr eine Zigarette anzünden.
„Maßlos enttäuscht“ von einer so „stillosen Regelung“ zeigte man sich bei der Dehoga, die Regelung schaffe massive Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der kleinen Betriebe, so der Karlsruher Vorsitzende Waldemar Fretz. Das Gesetz schiebe den Wirten von Eckkneipen und Bars mit jungem Publikum den schwarzen Peter zu. Probleme mit Anwohnern wegen Lärm und weggeworfener Zigaretten seien quasi vorprogrammiert. Man rechne in solchen Lokalen mit Umsatzeinbußen von bis zu 25% und prüfe derzeit mögliche Musterprozesse.
„Freilich sind die neuen Regelungen verwirrend“, findet auch Massimiliano Santi vom Café Zero am Markt. „Ob Raucher- oder Nichtraucherbetrieb sollte besser der Wirt entscheiden“. Dafür hatte sich bis zuletzt auch Dehoga eingesetzt. Ob im „Zero“, das sich gerade durch seine extravagante Innenarchitektur einen Namen machte, nun Umbaumaßnamen fällig werden, will er aber erst nach einer exakten Gesetzesformulierung entscheiden. Die zusätzlichen Kosten dafür müssen die Wirte nämlich selbst tragen.
Das weiß auch Peter Keller, Inhaber des „Kaffeehaus Schmidt“ in der Kaiserallee. Als er das Cafe vor anderthalb Jahren übernahm, war klar: Das „Kaffeehaus“ wird ein Nichtraucherbetrieb. „Wir haben damals eine Menge investiert, mussten sogar einen Kredit aufnehmen, um die Renovierung zu stemmen“, erinnert sich der Betreiber. „Natürlich konnten wir den Zeitpunkt im Gegensatz zu den nun betroffenen Wirten selbst bestimmen“, räumt er ein, „aber unterm Strich war es eine Entscheidung aus Überzeugung, die wir nie bereut haben“. Der viel beschworene Umsatzeinbruch blieb aus, neue Gäste kamen.
Ähnliches weiß auch Alexander Fuchs vom Café „Cielo“ zu berichten. Die Magenschmerzen, die ihm die Umstellung auf den völlig rauchfreien Betrieb anfangs machte, sind verschwunden. „Zu Beginn haben sich schon einige Raucher mokiert“, erinnert er sich. Auch, weil er die gesundheitliche Gefährdung durch den Rauch als „absolute Zumutung“ für seine Angestellten empfand, blieb er dennoch dabei. „Ein glatter Gewinn“, freut er sich. „Mittlerweile ist unser Umsatz sogar gestiegen, da jetzt mehr Gäste zum Essen bleiben“, „Kein Wunder, es schmeckt so gleich viel besser“, findet auch Sven Wessels, Inhaber des „Herrmannshäusle“ in Blankenloch. Auch er berichtet von durchweg positiver Resonanz. „Und außerdem kann ich die Nichtraucher ja schlecht zum Essen vor die Türe schicken“, meint er. Statistisch gesehen ist das nur fair: Laut Datenreport 2006 rauchen fast drei Viertel der Deutschen nicht.
Das „Klenerts“ auf dem Turmberg ist seit dem ersten Februar rauchfrei. „Wir sind sehr froh, diesen Schritt gemacht zu haben“, meint Inhaberin Anita Klenert. „Die Gäste haben die neue Situation gut aufgenommen - mittlerweile kommen sogar viele neue Kunden“. Raucher, die auf ihre Zigarette zwischendurch nicht verzichten möchten, gehen ohne viel Aufhebens vor die Tür. „In unserer Raucherecke wurden schon jede Menge neue Bekanntschaften geschlossen“, schmunzelt sie.
Auch die Mehrheit der Karlsruher Kneipen- und Clubbetreiber mit Abendbetrieb sieht dem Gesetz gelassen entgegen, auch in der „Stadtmitte“ und dem Gotec Kulturhaus sorgt man sich wegen der hauseigenen Innenhöfe nicht mehr als sonst um Lärm- oder Müllprobleme. Und selbst das Radio Oriente, das zuletzt immer wieder Probleme mit Anwohnern auszufechten hatte, begegnet dem Nichtraucherschutzgesetz mit Gleichmut und Zweckoptimismus: „Deutschland passt sich eben den Regelungen der meisten EU-Länder an – mitgehangen, mitgefangen, wir hoffen auf den gesunden Menschenverstand unserer Gäste“.
Das Café Havanna im Kulturzentrum Tempel bietet als erstes Tanzlokal in der Region seit April Nichtraucher-Tanzkurse und Salsa-Parties an. Geschäftsführer Roberto Gulizia glaubt nicht nur an die Vorteile für Gäste und Angestellte, die nun nicht mehr täglich über rote Augen, eine kratzige Stimme und muffige Kleidung klagen. Er hofft auch auf einen neuen Motivationsschub, um sich selbst von den Glimmstängeln zu entwöhnen. -fb
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