Städtische Künstlerförderung: Susanne Asche im Interview
Stadtleben // Artikel vom 16.02.2016
Von Preisen, Atelier- und Ausstellungsräumen.
Im Januar gab OB Mentrup den BNN ein ausführliches Interview zur Situation der Künstler, die hinter dem Bahnhof ihre Atelierräume haben. Ein Areal, dessen Räumung in diesem Frühjahr ansteht, was bei vielen für Unverständnis und Unmut sorgt. INKA-Kunstredakteurin Chris Gerbing sprach mit Kulturamtsleiterin Dr. Susanne Asche über das Engagement der Stadt Karlsruhe in Sachen Künstlerförderung.
INKA: Der sehr gute nationale wie internationale Ruf Karlsruhes als „Kunststadt“ stützt sich auf Säulen wie die Kunstakademie, das ZKM und die HfG und nicht zuletzt die „art Karlsruhe“. Wer dauerhaft eine erste Geige im Kunstmarkt spielen will, muss aber auch „Humusförderung“ betreiben und junge Künstler, Produzenten oder Off-Galerien unterstützten. Angesichts der bevorstehenden Räumung der Künstlerateliers am Hauptbahnhof daher die Frage: Wie sieht denn eigentlich aktuell die Kunst- und Künstlerförderung der Stadt aus?
Dr. Susanne Asche: Die Künstlerförderung vor Ort ist eine der zentralen Aufgaben der kommunalen Kulturpolitik. Das Kulturamt widmet sich dieser sehr umfänglich. So ist unsere Städtische Galerie hie in vielfältiger Weise tätig, nicht nur durch Ankäufe aktueller Arbeiten hiesiger Künstler für unsere städtische Sammlung. Seit Dr. Brigitte Baumstark unsere städtische Galerie leitet, bildet darüber hinaus die aktuelle Kunstszene einen Ausstellungsschwerpunkt. Wiederholt wurden dabei auch Positionen von Studenten der Karlsruher Akademie präsentiert. Gerade für den künstlerischen Nachwuchs ist es wichtig, Arbeiten ausstellen zu können, kuratorisch tätig zu sein und erste Schritte in Richtung Etablierung auf dem Kunstmarkt zu unternehmen. Ein aktuelles, gutes Beispiel dafür ist der letzte Galerientag vom 16.1., an dem auch etliche freie Kunsträume beteiligt waren. Die meisten von diesen wurden von uns finanziell unterstützt. Die Künstlerförderung ist ein großer Arbeitsschwerpunkt unseres von Claus Temps geleiteten Kulturbüros. So werden verschiedene Kunsteinrichtungen wie z.B. der Kunstverein oder das Architekturschaufenster institutionell gefördert. Hinzu kommen die Kunstpreise wie der Hanna Nagel Preis oder die Preise der Künstlermesse, die das Kulturbüro und die Städtische Galerie unterstützen oder organisatorisch begleiten. Weitere Förderinstrumente sind die Wettbewerbe bei Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum oder Ausstellungsplattformen wie die Künstlermesse. Die letzte und sehr wichtige Fördermaßnahme ist die Unterstützung von einzelnen Projekten wie Ausstellungen, Veranstaltungsformaten, Katalogen oder Kunsträumen. Diese Maßnahmen richten sich besonders an freischaffende Künstler und werden vor allem von der jungen Kunstszene in hohem Maße in Anspruch genommen. Die Förderung der freien Szene wurde von uns in den letzten Jahren sehr intensiviert, so dass mehr Kunsträume und Kunstinitiativen entstehen konnten, die Anknüpfungspunkte für Absolventinnen und Absolventen schaffen. Zur Unterstützung der freien Szene zählen auch die Beratung bei der Planung und Umsetzung von Projekten, die Vermittlung von Kontakten und Informationen über Fördermöglichkeiten, Ausschreibungen, Wettbewerbe etc. Letztlich dienen auch die städtischen Kulturfestivals der Förderungen von Kunstschaffenden vor Ort, da immer wieder einzelne Künstler oder Künstlerinitiativen sich mit eigenen Projekten daran beteiligen.
INKA: Und wie steht es in diesem Zusammenhang mit bezahlbaren Atelierräumen? An wen können sich junge Künstler überhaupt mit Anliegen wie Atelierräumen oder Ausstellungsmöglichkeiten wenden?
Asche: Es gibt städtische Ateliers, Arbeitsräume und Wohnateliers, die von der Stadt auch finanziell mitgefördert werden. Das hat in Karlsruhe eine lange Tradition. Schon in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts schufen die Stadt Karlsruhe und die Volkswohnung Ateliers und Atelierwohnungen im Stadtgebiet, in den 80er Jahren kam der Erwerb von weiteren zentral gelegenen Wohnateliers hinzu. Insgesamt verfügen wir über 48 Künstlerateliers, die Ateliers hinterm Hauptbahnhof nicht mit gerechnet. Die Ateliers werden von der Volkswohnung GmbH verwaltet, die auch die Festsetzung der Mietpreise vornimmt. Die Entscheidung über die Atelierbelegung sowie über eine eventuelle Mietkostenbezuschussung liegt beim Kulturbüro. Künstler, die ihren Lebensmittelpunkt in Karlsruhe haben, können sich hier mit einem Bewerbungsdossier bewerben. Bei frei werdenden Atelierräumen werden die Interessenten zur Raumbesichtigung eingeladen. Die Vergabe von Ateliers an einen Künstler erfolgt über die Auswertung verschiedener Kriterien wie wirtschaftliche Situation, künstlerische Förderungswürdigkeit oder Dringlichkeit. Dabei wird versucht, in einer ausgewogenen Mischung die verschiedenen Künstlergenerationen zu fördern. Zu den 48 Ateliers kommt das vor knapp zwei Jahren bereit gestellte Atelierhaus auf dem Schlachthofgelände. Diese Ateliereinheiten wurde überwiegend an junge Künstler vergeben. Bei der Suche nach Ausstellungsräumen steht das Kulturbüro als Berater für Künstler zur Verfügung. Auch bietet die Stadt selbst mit der Orgelfabrik in Durlach eine Möglichkeit für Präsentationen an. Für eine Ausstellung dort können sich Künstler mit ihrem Konzept beim Kulturbüro bewerben. Eine extern besetzte Jury entscheidet über die Vergabe. Die Ausstellenden erhalten den Raum kostenfrei, mit einem finanziellen Zuschuss können Unkosten im Zusammenhang mit der Ausstellung abgedeckt werden.
INKA: Kunstpreise, wie zuletzt der Stober-Preis oder der Kunstpreis der Sparkasse, sind ja von privater bzw. unternehmerischer Seite ausgelobte Preise. Gibt es diesbezüglich Pläne, gerade jungen Künstlern ein attraktives Angebot über einen Karlsruhe-Preis für (Junge) Kunst, vielleicht ja verbunden mit entsprechenden Ankäufen und Ausstellungsmöglichkeiten zu machen?
Asche: Die Stadt Karlsruhe vergibt im Kunstbereich mehrere Preise, die sich an unterschiedliche Altersgruppen richten: Explizit für den Nachwuchs wird das Karlsruher Kulturstipendium in Höhe von 20.000 Euro vergeben, das seit 2007 im jährlichen Wechsel an einen Absolventen/eine Absolventin der drei künstlerischen Hochschulen verliehen wird. Alle zwei Jahre wird der Hanna-Nagel-Preis verliehen. Die Ausschreibung hierfür richtet sich an Künstlerinnen ab 40 Jahren, die im Regierungsbezirk Karlsruhe leben und arbeiten. Der Preis trägt den unterschiedlichen Lebensentwürfen von weiblichen und männlichen Kunstschaffenden Rechnung. Die Ausschreibung wird vom Kulturbüro organisiert, die Ausstellung wird in der Städtischen Galerie präsentiert. Bei der zweijährig stattfindenden Künstlermesse werden je ein Kunstpreis und Plakatpreis verliehen. Auch für die Teilnahme an der Künstlermesse wird ein Wettbewerb ausgeschrieben. Unabhängig von der Stadt vergibt das Regierungspräsidium Karlsruhe jährlich einen Kunstpreis mit Wettbewerb. Aus diesen Preisvergaben wie aus der Künstlermesse erfolgen unter anderem Kunstankäufe der Stadt Karlsruhe durch die Städtische Galerie. Die Wettbewerbe der Stadt Karlsruhe für Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum bieten Bildenden Künstlern und Künstlerinnen eine attraktive Möglichkeit, sich um Aufträge zu bewerben und die Stadt künstlerisch mit zu gestalten. Seit letztem Jahr gibt es einen neuen Fördertopf für Projekte an der Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie. Diese neue Förderung möchte insbesondere interdisziplinär arbeitende Kunstschaffende unterstützen. Die erste Ausschreibung in 2015 wurde rege von vor allem jungen Kunstschaffenden und Wissenschaftlern genutzt. Abschließend ist zu bedenken, dass Kunstpreise überwiegend auf die explizite Förderung einer einzelnen Person abzielen. Uns ist es jedoch auch wichtig, Fördermittel für Initiativen, Kunsträume und kollektive Projekte einzusetzen, von denen mehrere Künstler gleichzeitig profitieren können.
INKA: Wie ist die Position bezüglich den Produzentengalerien wie Poly, KV Kunstverein Letschebach, V 8, Geschwisterraum, Zet Zwo (Durlach)? Werden solche von Künstlern für Künstler initiierte Galerien mit einer Sonderförderung bedacht? Welche Rolle spielen sie für die Stadt Karlsruhe im Hinblick darauf, wie junge Künstler nach ihrem Abschluss an der Akademie in der Stadt gehalten werden können?
Asche: Wir stehen in engem Kontakt zu den Kunsträumen und –initiativen bzw. den Initiatoren, der neben finanzieller Zuwendung eine umfassende Beratung in Sachen Veranstaltungsumsetzung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, behördliche Angelegenheiten etc. umfasst. Letztlich dienen alle Fördermaßnahmen auch dem Ziel, Künstler und Künstlerinnen in der Stadt zu halten.
INKA: Nachdem die „UND“ zunächst ausgesetzt und dann von der „art Karlsruhe“ entkoppelt hat – war dies ein Grund, über ihre Förderung seitens der Stadt nachzudenken? Gibt es diesbezüglich eine Förderung?
Asche: Die „UND“ wurde von uns seit ihrem Gründungsjahr in 2006 finanziell und personell großzügig unterstützt. Die Förderung der „UND“ erfolgte stets unabhängig von der „art Karlsruhe“, auch wenn beide Messen zeitweise zusammenfielen, und wird von uns als eine eigene Marke und ein wichtiges Förderinstrument der Nachwuchsszene gesehen.
INKA: OB Frank Mentrup spricht im BNN-Interview über die Möglichkeiten eines selbstverwalteten Künstler-Atelierhauses. In Ergänzung zu dem im Schlachthof? Und gibt es bereits Pläne, wo dieses Atelierhaus sein könnte?
Asche: In dem Interview vom 13.1. teilt Dr. Mentrup mit, dass die Stadt offen ist für eine Diskussion über eine neue Konzeption finanzierbarer Atelierräume oder selbst verwalteter Künstlergemeinschaften. Sollten sich aus der Künstlerschaft heraus belastbare Ideen und Initiativen entwickeln, klinkt sich die Stadt gerne in diesen konstruktiven Prozess ein. Erst vor zwei Jahren ist das Atelierhaus auf dem Alten Schlachthof in Betrieb gegangen. Es hat sich sehr positiv entwickelt und konnte gut in das Kreativgelände eingebunden werden.
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