INKA-Interview mit Ingo Wellenreuther

Stadtleben // Artikel vom 15.10.2012

Mit dem Oberbürgermeisterkandidaten der CDU, Ingo Wellenreuther, sprach Roger Waltz.

INKA: Sie waren zwar nicht auf expliziter Sommertour in den Stadtteilen unterwegs, haben aber seit Ihrer gewonnenen Stichwahl ja dennoch ungezählte Termine absolviert und sind auch als Mitglied des Bundestages stets Mitglied im Gemeinderat geblieben – also sehr nah dran am Geschehen. Was sind in Ihren Augen diejenigen Karlsruher Themen, die umgehend angepackt werden müssen?
Ingo Wellenreuther: Bereits im Juli habe ich bei meiner Stadtteil-Tour „Karlsruher Ideenschmiede“ alle Bürger eingeladen, mir mitzuteilen, wo der Schuh drückt und welche Ideen sie haben. Die Resonanz war hervorragend, und auch ich selbst konnte noch einiges über meine Heimatstadt lernen. Außerdem wurde deutlich, dass es in den einzelnen Stadtteilen unterschiedliche Problemlagen gibt und durchaus kontroverse Ansichten existieren. Mir wird es ein Anliegen sein, trotzdem einen breitestmöglichen Konsens herzustellen. Die wichtigsten Themen sind aus meiner Sicht der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, mehr Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt, bezahlbarer Wohnraum, besseres Baustellenmanagement, Neubau und Sanierung des Klinikums und die Verbesserung der Verkehrssituation.

INKA: Die OB-Wahl wird vermutlich auch über die Wahlbeteiligung entschieden. Bei der letzten gab es eine Beteiligung von 30 Prozent. Wie und mit welchen Themen wollen Sie die Karlsruher begeistern?
Wellenreuther: Als OB werde ich mich mit Leidenschaft für eine gute Zukunft unserer Stadt einsetzen. Meine emotionale Verbundenheit mit Karlsruhe hilft mir dabei sehr. Neben den gerade angesprochenen Hauptthemen wird aktuell vor allem über die zweite Rheinbrücke und die Stadionfrage diskutiert. Wichtig ist mir hier der Dialog mit den Bürgern. Deswegen werde ich im Rahmen meines Stadtteil-Frühstücks in jedem Stadtteil mein Frühstückszelt aufschlagen und bei Kaffee und Kuchen mit den Menschen darüber sprechen, was sie bewegt. Geplant sind außerdem Unternehmergespräche und Freitagsforen zu unterschiedlichen Themen, zu denen ich Ehrenamtliche und Vereinsvertreter einlade.

INKA: Sind die Narben innerhalb der Karlsruher CDU nach der umstrittenen Stichwahl gegen BM Mergen verheilt?
Wellenreuther: Ich freue mich, dass ich diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten kann. Nicht nur Margret Mergen, sondern auch viele Mitglieder ihres Freundeskreises unterstützen meine Kandidatur. Anmerken möchte ich, dass es sich nicht um eine „umstrittene Stichwahl“, sondern um eine demokratische Entscheidung innerhalb der CDU Karlsruhe gehandelt hat, weil es zwei Bewerbungen um die Unterstützung der Partei bei der OB-Wahl gab.

INKA: Wie planen Sie, die Karlsruher Dauerthemen wie U-Strab und die Folgen oder die zweite Rheinbrücke anzugehen? Das Stadtsäckel scheint zwar momentan gut gefüllt, aber bei der U-Strab räumen selbst Befürworter Kosten von deutlich über eine Milliarde ein. Aktuell rechnet man mit rund 650 Millionen. Offenbar sind die Fördermittel des Landes dazu zum Teil gedeckelt, für den zweiten Teil der „Kombi“-Lösung, den Umbau der Kriegsstraße, fehlen externe Finanzierungszusagen offenbar noch völlig. Zur zweiten Rheinbrücke an der geplanten Stelle steht ein Veto des Gemeinderats.
Wellenreuther: Die Karlsruher Bürger haben im Jahr 2002 per Bürgerentscheid mit 55,6 Prozent Zustimmung die Kombilösung befürwortet. Dazu gehört der Autotunnel unter der Kriegsstraße genauso wie der Umbau der Kaiserstraße. Es ist Aufgabe des OB, der Stadtverwaltung und der KASIG, Kostensteigerungen beim Bau auf das unvermeidliche Maß zu begrenzen und die Finanzierung sicherzustellen. Diese Aufgabe hat der neue OB weiterzuführen. Transparenz ist dabei das entscheidende Stichwort. So wie zur Zeit kann es nicht weitergehen. Die Bevölkerung fühlt sich verständlicherweise belästigt. Ich sehe die dringende Notwendigkeit, das Baustellenmanagement zu verbessern. Dies bedeutet konkret, die Einrichtung der verschiedenen Baustellen besser aufeinander abzustimmen, Sperrungen und Behinderungen frühzeitiger bekannt zu machen sowie Umleitungen deutlich auszuschildern. Schließlich muss der Fortgang der Arbeiten strikt überwacht werden, um weitere Verzögerungen zu vermeiden. Karlsruhe braucht unbedingt eine zweite Rheinbrücke, und im Zuge der bisherigen Planungen sollte auch schnellstmöglich Baurecht für den Abschnitt bis zur B36 geschaffen werden, um die Anwohner der Südtangente nicht noch weiter zu belasten. Unsere Stadt ist Zentrum der wachstumsstarken Technologie-Region und auf eine funktionierende Rheinquerung angewiesen. Bereits heute fahren weit mehr als doppelt so viele Fahrzeuge über die Rheinbrücke als beim Bau zu Grunde gelegt, darunter viel Schwerlastverkehr. Den Argumenten für die zweite Rheinbrücke, die vergangenes Jahr bei dem so genannten Faktencheck im Stephansaal herausgearbeitet wurden, kann sich der Gemeinderat nicht verschließen. In der konkreten Ausgestaltung der zweiten Rheinquerung bin ich jedoch kompromissbereit und gegenüber konstruktiven Vorschlägen immer offen.

INKA: Ein Anliegen ist Ihnen auch ein neues KSC-Stadion, für das das Land zehn Millionen Euro als Unterstützung bereithält. Wir wären auch dafür, wobei ein Umbau derzeit sicher realistischer ist. Die Frage ist für uns nur: Warum sind Karlsruher Stadionentwürfe immer gleich dreimal so teuer wie die der Konkurrenz? Warum nicht die zehn Millionen des Landes aufstocken und den Wildpark gut umbauen?
Wellenreuther: Überall in Deutschland werden neue Stadien gebaut, nur Karlsruhe tut sich schwer. Es ist bekannt, dass ich seit Jahren für einen Stadionneubau in Autobahnnähe eintrete, denn der Standort Wildpark hat zwar eine lange Tradition, aber gravierende Nachteile: die schlechte Erreichbarkeit, die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet, keine ausreichenden Parkmöglichkeiten, die Begrenzung der Zuschauerkapazität, stark eingeschränkte Werbewirksamkeit sowie Sicherheitsprobleme durch die schwierige Trennung der Fangruppen. Diese Probleme wären alle mit einem Stadion an der Autobahn lösbar. In Bezug auf die Kostenfrage gebe ich Ihnen absolut recht: Wir sollten uns hier an anderen Projekten orientieren. Ich setze auf eine Konsenslösung. Diese ist möglich, wenn alle Argumente noch einmal sachlich diskutiert werden. Als OB würde ich konkrete Vorschläge vorlegen und dann die Bürger entscheiden lassen.

INKA: Was sind Ihre persönlichen Kernthemen für Karlsruhe über den aktuellen Wahlkampf hinaus? Wo möchten Sie Karlsruhe – auch in der Region – positioniert sehen?
Wellenreuther: Der Wettbewerb der Städte erfordert nach meiner Überzeugung, dass sich Karlsruhe auf seine Stärken besinnt. Karlsruhe hat als Standort für Wissenschaft, Forschung und Innovation Weltruhm. Die enormen Entwicklungspotenziale in diesem Bereich gilt es weiter auszubauen – durch die Förderung unserer erstklassigen Hochschulen und durch die Unterstützung junger, innovativer Unternehmen. Zur Wirtschaftsentwicklung gehören auch Gewerbeflächen. Wir wissen, dass es in Karlsruhe zu wenige verfügbare Flächen gibt. Hier muss Abhilfe geschaffen werden – zum Beispiel durch die Umwandlung von Industriebrachen. Dies kann nicht alleine durch Anordnungen der Verwaltung erreicht werden, sondern wir müssen dabei das Gespräch mit allen Beteiligten suchen. So stelle ich mir moderne Standortentwicklung vor. Karlsruhe als Stadt wird nur Erfolg haben, wenn wir die Region stärken. Die Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden muss auf Augenhöhe erfolgen, gemeinsame Projekte in Wirtschaft, Sport, Kultur und Gesundheitswesen sind dringend notwendig. Wenn es der Region gut geht, erntet Karlsruhe. Die Stadt erreicht ihre Ziele nur in Kooperation mit der Region. Wenn wir diesen Kerngedanken der Technologie-Region in unserer täglichen Politik leben, festigen wir Karlsruhe weiter als eine der wirtschaftlich dynamischsten Regionen Deutschlands und schaffen damit die Voraussetzungen für die Arbeitsplätze der Zukunft.

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